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[InetBib] Google Book Search und das Urheberrecht



Liebe Liste, 

zur Digitalisierung von Büchern im Rahmen der Buchsuche von Google finden sich 
in einem Aufsatz von Sebastian Kubis fundierte Informationen.

Nach einer Vorstellung der beiden Digitalisierungsprogramme von Google, nämlich 
?publisher program? und ?library program?, wendet sich Kubis einer vertieften 
Analyse des urheberrechtlich problematischen ?library program? zu.

Dies geschieht in drei Schritten. Zuerst wird die Lage nach US-amerikanischem 
Recht beurteilt, dann nach deutschen Urheberrecht und schließlich nach 
Kollisionsrecht mit Blick auf gerichtliche Streitigkeiten in Deutschland.

Nach amerikanischem Recht kann eine Digitalisierung ganzer Bücher nach dem 
Grundsatz des ?fair use? durchaus zulässig sein. (S. 372-374)

Bei der Analyse der deutschen Rechtslage differenziert Kubis genauer, indem er 
die einzelnen Vervielfältigungshandlungen untersucht.

Abgelehnt wird zunächst eine Anwendung von § 14 UrhG durch Fehler in der 
OCR-Erfassung. Auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch 
die weltweite Sichtbarkeit von entlegen und zeitlich zurückliegend publizierten 
Äußerungen wird verneint: ?Wer sich mit seinem Werk an das Licht der 
Öffentlichkeit begibt, muß sich vielmehr der Diskussion stellen und kann sich 
dem nicht unter Berufung auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht entziehen.? 
(S. 374 f.)

Eine vollständige Digitalisierung ist nach deutschen Recht aber nicht durch die 
urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen in §§ 44a ff. UrhG gedeckt. (S. 375 f.)

Ob durch die kleinen Ausschnitte, die Google als Suchergebnisse anzeigt, 
tatsächliche eine öffentliche Zugänglichmachung geschieht, bezweifelt Kubis, da 
der gezeigte Textausschnitt als solcher kaum urheberrechtlich geschützt sein 
wird. Sollte dies doch der Fall sein, könnte sich Google auf das Zitatrecht 
nach § 51 UrhG berufen. Allerdings setzt dies die Aufnahme in ein selbständiges 
Sprachwerk voraus. Das ist bei Google nicht gegeben. Eine Analogie lehnt Kubis 
ab, da es an einer produktiven Verbindung zu eigenen Gedanken als 
Vergleichspunkt für eine Analogie fehlt. (S. 376)

Den Abruf der Suchergebnisse durch die Nutzer ordnet Kubis allerdings den 
Schranken des § 53 UrhG zu. Der Abruf ist in der Regel zulässig. (S. 376 f.)

Nach deutschen Urheberecht wäre also lediglich das Scannen der Bücher eindeutig 
urheberrechtswidrig.

Soweit das Scannen aber in den USA passiert, verneint Kubis eine erfolgreiche 
Klagemöglichkeit vor deutschen Gerichten. Lediglich die öffentliche 
Zugänglichmachung sowie das Abrufen durch die Nutzer kann nach deutschen 
Urheberrecht beurteilt werden.

Fazit: ?Insgesamt sind die Erfolgsausschichten einer Klage von Urhebern und 
Verlegern in Deutschland also ? aus Sicher der Betroffenen: enttäuschend 
gering.? (S. 378)

Neben der sehr übersichtlichen Analyse der Rechtsprobleme und einer gut 
verständlichen Einführung in das Recht des ?fair use? bietet der Aufsatz auch 
einige beachtliche Bemerkungen, die auch für diverse Digitalisierungsprojekten 
in Deutschland einschlägig sind:

?Vor allem Wissenschaftler haben sich in den vergangenen zehn Jahren gefallen 
lassen müssen, daß ihre Werke von den Verlagen in weitgehendem Umfang online 
zugänglich gemacht werden.? Wegen § 31 Abs. 4 UrhG sieht Kubis hier ein Problem 
bei vor 1995 abgeschlossenen Verlagsverträgen: ?Insoweit hat der Verleger in 
der Regel kein Nutzungsrecht erworben ...? Das bedeutet auch, daß Verlage für 
diese Werke keine Erlaubnis zum Digitalisieren erteilen können, ohne das 
Urheberrecht zu verletzen. (S. 371)

Am Rande erwähnt sei, daß Kubis auf S. 371 in Fn. 5 Nicholson Baker zitiert und 
einen Sinn der Digitalisierung auch in dem Ersatz der Bücher durch Digitalisate 
aus Gründen der Platzersparnis sieht. 

Insgesamt ein sehr gut verständlicher und fundierter Aufsatz zu einem aktuellen 
Thema.

Quelle: Sebastian Kubis, Digitalisierung von Druckwerken zur Volltextsuche im 
Internet ? die Buchsuche von Google (?Goolge Book Search?) im Konflikt mit dem 
Urheberrecht, in: ZUM 2006, H. 5, S. 370-379.

Grüße aus Thüringen
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de



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