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Re: [InetBib] unicode und Bibliothekskataloge , Bibliothekssoftware



Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Fuer den Bereich der Orientalistik laesst sich ja feststellen, dass bisher die 
Verzeichnung von arabischer, persischer etc. Literatur in "genormter" 
Transliteration (im Gegensatz zur Transkription!) in den Katalogsystemen als 
ausreichend angesehen wurde. Die Problematik mit der Mehr- bzw. 
Originalschriftlichkeit in bibliothekarischen Nachweissystemen ist im Bereich 
der ostasiatischen Medien umso gravierender, als dass hier die alleinige 
Anwendung der "normierten" Transkription nicht die Identifizierung eines Medium 
ermoeglicht. Es ist in der Tat so, dass bisher die Frage nach Verzeichnung der 
Originalschrift in den grossen Systemen eher stiefmuetterlich behandelt wurde. 
Fuer die Katalogisierung von ostasiatischen - und hier besonders chinesischem 
Material - muss, damit der Katalog Auskunft ueber das Medium gibt, mit der 
Originalschrift gearbeitet werden. Dabei ist es aus meiner Sicht weniger eine 
Frage der moeglichen Adressaten als vielmehr die korrekte Verzeichnung des 
Materials ausschlaggebend. In deutschen Katalogen finden sich abertausend 
Titelaufnahmen von CJK-Literatur, die nur in Transkription verzeichnet wurden. 
Wir haben hier als SSG-Bibliothek fuer Ostasien und Suedostasien an der 
Staatsbibliothek zu Berlin bereits seit ueber 10 Jahren der 
originalschriftlichen Katalogisierung den Vorzug gegeben und katalogisieren - 
anders als in RLIN oder OCLC - primaer in der Originalschrift und an zweiter 
Stelle in Transkription. 
Bereits seit 2002 ist ein UTF-8 (Unicode) Katalog online und kann eigentlich 
mit allen Browsern genutzt werden; in der Tat ist hierzu ein UTF-8 (inkl. CJK 
Zeichen) faehiger font die Voraussetzung. Gleichzeitig ist jedem Nutzer zu 
empfehlen, in Originalschrift zu suchen, da eine Transkription fuer CJK eben 
keine eindeutigen Resultate liefern kann. Im Bereich von CJK ist aus meiner 
Sicht die Katalogisierung in Originalschrift unumgaenglich, da eben eine 
"genormte" - leider oft fuer unsere Bibliothekssysteme nicht adaequate - 
Transliteration nur fuer den Bereich der orientalischen Disziplinen vorliegt 
und hier wohl auch bisher genuegte. Eine transkribierte Fassung im Bereich CJK 
ist nicht ausreichend. Wenn wir darueber hinaus von unserem Katalog auf andere 
ostasiatische Datenbanken verweisen wollen (z. B. im Rahmen der 
Nationallizenzen oder anderer Datenbanken und EBooks) kommt man um die 
Originalschrift nicht herum, da die Datenbanken in der Regel nicht mit 
transkribierten Elementen arbeiten.
Fuer den Bereich CJK laesst sich also feststellen, dass wir auf die 
Originalschrift angewiesen sind und diese eben kein feature fuer eine 
Titelanzeige ist, sondern unumgaenglich fuer das Retrieval und Identifizierung 
des Materials.
Unser Katalog ist unter <http://ead.staatsbibliothek-berlin.de/cat/> mit etwa 
200.000 Aufnahmen nutzbar.
In der Tat wuenschenswert ist nicht nur die Integration in die grossen 
Nachweissysteme der Bibliotheken und Verbuende, sondern auch in die internen 
Routinen im Bereich der Erwerbung und Ausleihe. Wir hoffen hier an der 
Staatsbibliothek zu Berlin, dass wir hier in den naechsten Jahren - zumindest 
fuer den Bereich CJK - erhebliche Fortschritte machen werden. Obwohl ich 
bereits seit ueber 10 Jahren u. a. im Bereich UTF-8/Unicode taetig bin, wird 
der Weg noch sehr weit und schwierig sein. Es geht eben um mehr als das 
Hinzufuegen von Originalschrift, naemlich um ein tragfaehiges Konzept und 
Konstrukt zur Verarbeitung dieser Schriften in der alltaeglichen 
Bibliotheksroutinen.

Schoenen Gruss
Matthias Kaun

Staatsbibliothek zu Berlin
Ostasienabteilung
http://ead.staatsbibliothek-berlin.de
http://crossasia.org



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx 
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Andreas Drechsler
Gesendet: Freitag, 22. September 2006 10:48
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] unicode und Bibliothekskataloge , Bibliothekssoftware

Grüsse an die Liste

zu dem von Herrn Scheithauer angesprochenen Problem läss sich auch 
Sichtg eines betroffenen und handelnden Bibliothekars einiges sagen.
Ich selber bin an der UB Bamberg u.a. Fachreferent für Orientalistik 
(gleichzeitig auch mein Studiengebiet, genauer gesagt Iranistik) und 
katalogisiere persische, arabische und osmanische Medien (türkisch in 
arabischer Schrift; sehr selten auch Paschtu und Kurdica in arab. 
Schrift). Die Gruppe der betroffenen Bibliothekare und Institutionen ist 
klein: es handelt sich um die UB's und SB's (von Süden nach Norden) 
München (SB u. UB), Freiburg, Tübingen, Erlangen, Bamberg, Halle, 
Göttingen, Berlin (SB, gelegentliche Treffer finden sich auch bei der FU 
BErlin), Hamburg (sollte ich Institutionen vergessen haben, bitte ich um 
Entschuldigung). Dauernd in diesem Feld arbeiten nach meinen 
Beobachtungen (die sich aus den Recherchen in ALEPH-K für Übernahmen der 
Katalogisate aus anderen Verbünden speisen) nur München (SB), Freiburg, 
Erlangen, Bamberg, Halle; in diesen Bibl. wird permanent neues 
Schrifttum aus den Ländern des islamischen Kulturkreises in den 
jeweiligen Landessprachen erworben, wobei die BSB und Halle als 
SSG-Bibl. hier eindeutig an der Spitze stehen.
Frage: Wie viele Bibliothekare gibt es denn im deutschen Sprachraum, 
die >zumindest die arabische Schrift entziffern können ?
Diese Frage kann also mit ungefähr 20 - 25 Personen beantwortet werden, 
wobeie s heir nicht um "entziffern", sondern um kompetentes VErarbeiten 
nach bibliothekarischen Kriterien geht.
Das angesprochene Problem mit der Trefferdarstellung muss differenziert 
betrachtet werden: eine Suche im KVK nach Sirin Ibadi ergibt Treffer, 
die aus meiner Sicht hinsichtlich der Transliterationszeichen korrekt 
und unverstümmelt über meinen Browser (Mozilla) korrekt dargestellt 
werden. Die separate Suche in einzelnen VErbünden (z.B.im Gateway 
Bayern) führt ebenfalls zu korrekter Darstellung . Hier liegt vielleicht 
eher ein Problem in der Browserdarstellung.

Das ganz andere Problem aus meiner Sicht ergibt sich mit den OPAC's, in 
denen das von Herrn Scheithauer angesprochene Problem sehr krass zu Tage 
tritt. Hier wird den Nutzern der jeweiligen Bibliotheken das Resultat 
von genauer bibliothekarischer Arbeit in völlig unbrauchbarer Form 
präsentiert. Dies ist im Übrigen ein bekanntes und seit vielen Jahren 
bekannt ärgerliches Problem, dass aber mangels Interesse seitens der in 
den Verbünden handelnden massgeblichen Personen (Leitung und EDVlern) 
seit ebenso vielen Jahren ignoriert wird. Im Fall des BVB hat es mit der 
"Unverträglichkeit" der SISIS-OPAC's mit Aleph zu tun, was natürlich 
blöde ausgedrückt ist: die SISIS-OPAC's sind NICHT Unicode-fähig. Das 
soll zwar mit der übernächsten Version EVTL. besser werden, ist aber 
keinesfalls garantiert. Bei Einführungsveranstaltungen für Studenten der 
Orientalistik muss ich bei der Schilderung unserer Möglichkeiten und 
Defizite immer z.T. reichlich absurde Umgehungsstrategien zur 
Auffindbarkeit der vorhandenen Medien aufzeigen, um zum Ziel zu kommen 
[denn die SISIS-OPAC's haben zusätzlich noch eine seit vielen Jahren 
bekanntes, aber nie behobenes Defizit in der Sortierung bestimmter 
Sonderzeichen: H mit Unterstrich, ain, türkisches stumpfes i,w as es im 
OPAC z.T. unmöglich macht, Titel mit diesen Tarnsliterationszeichen zu 
finden. Zum "Trost" lässt sich sagen: Es betrifft nicht nur die 
orientalist. Sonderzeichen, sondern auch das e mit zwei Punkten oben 
drauf!]. Die ganze intensive Arbeit bei der Einbringung der 
Sonderzeichen ist also für die lokalen Nutzer umsonst, wenn diese nicht 
gleich auf den Verbund-OPAC umsteigen, um dann von dort aus lokale 
BEstände zu bestellen. Weitere Fragen nach dem Sinn der geleisteten 
Arbeit brauchen Sie mir bitte nicht zu stellen ...

Schönen Gruss
Andreas Drechsler



ich möchte auf ein Problem hinweisen, das viele vielleicht als 
drittrangig bezeichnen würden: einige maßgebliche online-Kataloge 
scheinen nicht Unicode-fähig zu sein bzw. die Katalogisate erscheinen 
in >einem ziemlichen Zeichensalat. Das trifft vor allem auf die 
Transkription >arabischer Schrift zu. Ich habe mir den Spass gemacht, im 
KVK >nachzusehen, welche Bibliotheken die Autobiographie der iranischen 
Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi (die korrekte Ansetzung und 
Transkription, ʿIbādī, Šīrīn 
<http://bvba2.bib-bvb.de:80/V/IVUIV9N5L5PRD9R25LS4DU5S8EJD1BVVVN4CCQAQ5S6MJJEA5A-35961?func=full-service&doc_number=002366008&line_number=0007&service_type=TAG
 
<http://bvba2.bib-bvb.de:80/V/IVUIV9N5L5PRD9R25LS4DU5S8EJD1BVVVN4CCQAQ5S6MJJEA5A-35961?func=full-service&doc_number=002366008&line_number=0007&service_type=TAG>>
 
kann man zum Beispiel im BVB Bayern nachlesen); teilweise kam ein 
Zeichensalat heraus, der zwar einen Sinn ergibt, aber doch recht 
mühsam >ist. Dann habe ich nach einigen Türkischen Werken gesucht, die 
selben >Kataloge waren nicht in der Lage, die türkischen Werke korrekt 
wiederzugeben. ist dieses Problem wirklich so vernachlässigbar ? 
besonders gravierend ist es imho bei der ZDB. Während eines Praktikums 
auf der UB Wien habe ich erlebt, dass Katalogisierer den 
"Zeichensalat" >womöglich noch angereichert durch fehlerhafte Anzeigen 
im Browser) eins >zu eins ins Aleph-Katalogisat übernommen haben,,, 
teilweise blieb mir >nichts anderes übrig, als auf die Website der 
Zeitschrift zu gehen und im >arabisch geschriebenen Original zu schauen, 
wie sie wirklich heisst. >wahrscheinlich ist dieses Problem den 
maßgeblichen Personen längst >bekannt, ich kann mir aber auch denken, 
dass es einige Leser hier gibt, >die sich noch keine Gedanken darüber 
gemacht haben... Gut, eine andere

-- 
Dr. Andreas Drechsler
Bibl.-Rat
Universitätsbibliothek Bamberg
PF 2705
96018 Bamberg
Tel.: 0951/863-1530
Fax: 0951/863-4530
andreas.drechsler@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
"Time flies like an arrow, fruit flies like a banana"
- Groucho Marx





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