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[InetBib] Kolumban Schnitzer von Meerau [Re: Fragen zu Text von Schubert-Lied D 826 "Der Tanz"]



Lieber Herr Prof. Rehm, 

unten noch etwas mehr Informationen bzw. Verweise, wo etwas zu finden sein
dürfte (vermutlich viel mehr als Sie je wissen wollten, aber es kann ja zum
Exempel nicht schaden, falls in anderen Zusammenhängen ähnliche Fragen
auftauchen). Es gibt sogar einen Link zu einer Tonaufnahme mit Video aus Graz 
...

Karl Kolumban Schnitzer von Meerau (? - 1854, gest. in Meran, in der Literatur
auch als Freiherr Schnitzer von Meerau, Edler von Meerau, Schnitzer-Meerau,
Barone/Conte Schnitzer Meeran, auch "Schnitzer Meerau (recte per Meeran)" (?),
Vornamen in der Literatur gelegentlich auch als Charles Columbain, Carlo
Colombano, Karl Kolumbus) war österreichischer Gesandter in Florenz, der
Almanach de Gotha (Adelskalender) von 1926 führt ihn als "Autriche - : ...
commandeur Charles Columbain noble de Schnitzer-Meerau, cons. de lég. et agent
pour les affaires ecclésiastiques ; ...". 

Im Online-Adelsmatrikel der Vereinigung der Edelleute in Österreich wird der
Familienname unter den Familien der "Gefürsteten Grafschaft Tyrol"
(einschließlich Land Vorarlberg) als "Schnitzer v. Mehrerau" geführt. Das
Geschlecht stammt also aus Mehrerau bei Bregenz, nicht etwa aus Meran (Abtei
Mehrerau, 1097 von Graf Ulrich X. von Bregenz und den Mönchen des
Benediktinerklosters Petershausen (Konstanz) als St. Peter in der Au gegründet,
1803 aufgehoben, wurde 1854 von den Zisterziensern von Wettingen übernommen, und
beherbergt noch heute eine kostbare Bibliothek, vgl. http://www.mehrerau.at/.
Kolumban ist einer der Ortsheiligen von Bregenz, denn zwischen den Jahren 610
und 612 wirkten im Raum Bregenz die iroschottische Missionare Kolumban und 
Gallus.

Wie ich hier bereits mitteilte, findet sich ein Teil des Nachlaß im Vorarlberger
Landesarchiv,
http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/bildung_schule/bildung/landesarchiv/start.htm

rep. 14-110 Landgericht und Bezirksgericht Bregenz Verlassenschaften 1784-1897
                                
Name: Schnitzer Karl Kolumban, Edler von Meerau, Legationsrat
Sterbedatum: 1854
Signatur: 11 07 110/270
Sterbeort: Meran
Bemerkungen (auch Herkunft/Zuständigkeit):
von Vorkloster, Testamente, ital. Korrespondenz, Reisepaß

(via Google Book Search, Quelle nicht eingesehen) Eintrag in:
Frank-Döfering, Peter (Hg.). Adels-Lexikon des Ö̈sterreichischen Kaisertums,
1804-1918. Wien: Herder. 1989.

(via Google Book Search gefunden) 
Nachweis in musikalisch-literarischem Kontext (als Ehrenmitglied der Accademia
di Santa Cecilia in Rom):

Accademia di Santa Cecilia. Catalogo dei maestri compositori, dei professori di
musica e dei socii di onore della Congregazione ed accademia di Santa Cecilia di
Roma. Roma: Nella tip. di M. Perego-Salvioni. 1845.

"Sigg. Di-Schnitzer-Meerau Nobile Carlo Colombano, di Bregenz, Segretario die
Legazione di S. M. I. e R. A. presso la I. e R. Corte di Toscana ; Commendatore
e Cavaliere di più Ordini , 15 novembre 1840. 3197. dimorante in Firenze. 

Von Schnitzer von Meerau gibt es auch Briefe an Franz von Schober (z.B.
http://www.stadtbibliothek.wien.at/hs5/ISrv?xItem), der zum Freundeskreis
von Schubert gehörte. 

Für die Textzuordnung des Schubert-Liedes D. 826 "Der Tanz" (ggf. mit
weiterführenden Nachweisen) dürfte die neu textkritische Schubert-Ausgabe im
Bärenreiter-Verlag erschöpfend Auskunft geben, der entsprechende Band ist 1996
erschienen und dürfte in jeder größeren Musikbücherei vorhanden sein:

Franz Schubert. Mehrstimmige Gesange fur gemischte Stimmen, Teil a. Vorgelegt
von Dietrich Berke. Kassel: Barenreiter-Verlag, 1996. (Neue Ausgabe samtlicher
Werke. Ser. III: Mehstimmige Gesange, Bd. 2.) [Zur Edition, p. vii-viii;
Vorwort, p. ix-xxxi; facsims., p. xxxiii-xli; score, 195 p. Cloth. ISMN
M-006-47246-8; BA 5536. [euro]161.] Enthält auch: Der Tanz, D. 826. 
s.a. http://www.schubert-ausgabe.de/

Die Angaben hieraus haben offen Eingang gefunden in die Dokumentation zum
Nachlaß Prokesch (1775-1876, Diplomat und Orientforscher) im Nachlass von Franz
und Friederike Kaltenegger (1793-1835), der an der UB Graz verwaltet wird
(Prokesch von Osten - eine Reise in die Levante. Briefe an seine Freunde. Graz
1998. (CD-ROM), http://www.kfunigraz.ac.at/ub/sosa/nachlass/demo.htm, incl.
Video des für diese CD einstudierten und im Florentinersaal der Universität für
Musik und darstellende Kunst in Graz aufgeführten Quartetts "Der Tanz D 826" mit
Texten und Erläuterungen, online unter
http://www.kfunigraz.ac.at/ub/sosa/nachlass/prokesch/v_irene.htm)
Auszug hieraus:

Zum Stück
Das aufgeführte Stück, ein Gesellschaftsstück Schuberts, zählt zu den
sogenannten Kasualmusiken. Diese nehmen auf besondere Anlässe von Personen oder
bestimmte Ereignisse Bezug. Sie sind daher nicht umstandslos reproduzierbar und
außerhalb eines Kreise von Eingeweihten nicht ohne weiteres verständlich. Die
genannten Punkte stellen bei der Verbreitung solcher Stücke natürlich ein großes
Hindernis dar. (Vgl. Berke, XI.) Die Texte stammen dabei von anonymen Dichtern,
wie im Fall der Kantate (D 936), oder oftmals von dichtenden Dilettanten, wie z.
B. Kolumban Schnitzer von Meerau, einem zum Schubertkreis gehörigen
Amateurmusiker, der sich auch als Dichter versuchte. (Ebd., XIII.)
Die beiden Stücke, die Schubert für Irene Kiesewetter von Wiesenbrunn, der
nachmaligen Gattin von Anton Graf Prokesch von Osten, komponiert hat, Nr. 16 der
NGA, die Kantate Al par del ruscelletto (D936), und Nr. 17 der NGA, Der Tanz (D
826), weisen die oben genannten Merkmale auf.
Das Quartett dürfte Anfang 1828 entstanden sein und, ähnlich wie die Cantate (D
936), die Genesung Irenes von einer schweren Krankheit feiern. Es ist nicht sehr
wahrscheinlich, daß Der Tanz, wie von Heinrich Kreißle von Hellborn, Schuberts
erstem Biographen, verbreitet und von Deutsch übernommen, bereits 1825
entstanden war und als pädagogisches Mittel gegen die Tanzwuth Irenes, die
damals erst 14 Jahre zählte, dienen sollte. (Vgl. Ebd., XXIf.) Das Stück soll
nach Kreißle zu jener Zeit häufig in Privatzirkeln aufgeführt worden sein.
Die oben genannten InterpretInnen haben das Stück freundlicherweise für diese
CD-ROM einstudiert und im September 1998 im Florentinersaal der Universität für
Musik und darstellende Kunst in Graz aufgeführt.

Mareike Rake von der HAB Wolfenbüttel wies bereits auf die gewünschte englische
Textfassung hin:

"... einen englischsprachigen Liedtext zu Schuberts "Tanz"-Lied finden Sie etwa
hier:
The Musical Times, Vol. 133, No. 1792, Choirs and Trends (6/ 1992)! Online
(kostenpflichtig) z.B. einsehbar unter:
http://links.jstor.org/sici?sici=0027-4666(199206)133%3A1792%3C%3ADT(DF'%3E2.0.CO%3B2-J

(Erg. bck) Der Tanz (The Dance) from 'Franz Schubert: Four Partsongs', by 
Kolumban 
Schnitzer; Judith Blezzard, p. U1-U4 (enthält die Noten mit unterlegtem Text,
zweisprachig; habe ich Ihnen separat als GIF und PDF zugeschickt)

Exzellente Informationen bieten i.a. auch die CD-Booklets der
Schubert-Gesamtaufnahme bei hyperion. D 826 (mit Ian Bostridge, Catherine
Denley, Michael George, Graham Johnson und Patricia Rozario) ist enthalten in:

Vol 35 - Schubert 1822-25,. Lynne Dawson, Geraldine McGreevy, Philip Langridge,
Thomas Hampson, Maarten Koningsberger, Christopher Maltman, Neal Davies and
Others !. CDJ33035, Recorded at various times; RM Score 8

(The Complete Songs, Hyperion Records, 40 disc set, enthält ebenfalls ein
Begleitbuch)

Weitere Informationen evtl. in:

Andrus, John Clarke.
Schubert and His Public: The Songs from 1817 to 1828.
Ph.D., Musicology, University of California at Santa Barbara, 1974. 224 p.
DDM Code: 61voAndJ; DA no.: 42/10:4193; RILM no.: UM no.: 82-06224 

West, Ewan D.
Schubert's Lieder in Context: Song in Vienna 1778-1828.
Ph.D., Musicology, Oxford University, University of Exeter.
DDM Code: 61voWesE*; DA no.: RILM no.: UM no.: 

Peter Clive: 
Schubert and His World: A Biographical Dictionary 
344 p. Oxford University Press, USA (April 24, 1997)

Das definitive Referenzwerk im Liedbereich ist:

John Reed: The Schubert Song Companion
Manchester University Press, Manchester, 1985. 510pp.
The definitive reference book on Schubert Lieder, with 
translations and a short review of every song, and brief 
biographies of the poets and other appendices. 

Ein frühes:
Richard Capell, Schubert's Songs
Benn, London; 1928. 258pp plus appendices, index. Frontispiece.
... a fascinating rambling discourse about the songs, pretty 
much in chronological order, with brief biographical details. ...

Auf deutsch ist einschlägig
Fischer-Dieskau: Franz Schubert und seine Lieder, 1996 
(auch Insel-Tb 1999)
Auf den Spuren der Schubert-Lieder, 1971 
(auch Bärenreiter, 1985)

Weitere Literatur zu den Liedern auf den Seiten des brit. Schubert Instituts 
http://www.franzschubert.org.uk/bib/songs.html

Noch nicht geprüft, aber sehr wahrscheinlich einen Eintrag enthaltend:
Schubert-Enzyklopädie / hrsg. von Ernst Hilmar...
Bd 1: A-K ; Bd 2: L-Z. XXX, 953 S., zahlr. Ill.
Tutzing : Schneider, 2004
(Veröffentlichungen des Internationalen Franz-Schubert-Instituts ; 14)
ISBN: 3-7952-1155-7

Ultimus Musiklexikon (9. Aufl. 2006) auf CD-ROM
enthält Eintrag zu Schnitzer von Meerau, Kolumban (lt. Index im Netz)
MGG neu habe ich noch nicht geprüft, MGG alt und Grove Fehlanzeige.

Nachweise / Dokumente zu seiner Gesandtentätigkeit (via Google Book Search) 
u.a. in:

Le relazioni diplomatiche fra la Francia, il granducato di Toscana e il ducato
di Lucca. / 
Armando Saitta;  France. Ministère des affaires étrangères. 
Documenti per la storia delle relazioni diplomatiche fra le grandi potenze
europee e gli stati italiani, 1814-1860. Pt. 2: Documenti esteri. 2. serie:
1830-1848. Roma: Istituto storico italiano per l'età moderna e contemporanea. 
1960. 

"Questi due volumi ... pubblicano il carteggio ufficiale scambiato tra il
Ministero degli esteri francese, la Legazione di Francia a Firenze e il
Consolato generale de Francia a Livorno ... Si tratta di materiale esistente,
tutto, nelle Archives du Ministère des affaires étrangères di Parigi."

Indexeintrag:
Schnitzer Meerau Karl Kolumbus, segretario della Legazione d'Austria a Firenze e
incaricato di affari: 13, 14, 37, 101, 107, 189, 212, 239, 204, 277

Le relazioni diplomatiche fra l'Austria e il Regno di Sardegna e la Guerra del
1848-49. 
Angelo Filipuzzi;  Franco Valsecchi;  Austria. Ministerium des Äussern.
Documenti per la storia delle relazioni diplomatiche fra le grandi potenze
europee e gli stati italiani, 1814-1860. Pt. 2. Documenti esteri. 3. serie:
1848-1860. Roma: Istituto storico italiano per l'età moderna e contemporanea,
1961. [S. 161, 162, 179 und mind. 15 weitere Fundstellen.]

Zu Schnitzer-Meerau Rolle als österreichischer Botschafter in der Toskana,
Herzog Franz V. von Modena und den Corviniana in der Biblioteca Estense in
Modena siehe Ernesto Milano, I Codici Corviniani conservati nelle biblioteche
italiane, im Ausstellungskatalog von 2002, Nel segno del Corvo : Libri e
miniature della biblioteca di Mattia Corvino,
http://www.corvina.oszk.hu/studies/corvo_it.pdf, S. 70

Herzliche Grüße,
B.-C. Kämper, UB Stuttgart



Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.