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[InetBib] Öde Google- und Wikipedia-Diskussionen



Liebe Listenteilnehmer,

Ich muss sagen, dass ich Diskussionen zum Thema Wikipedia und Google in
dieser Liste immer reichlich öde finde.

Die Warnungen vor der Gefahr von Google und Wikipedia erinnern mich an
die Wehklagen zur Erfindung der Schrift, dass jetzt wo alles
aufgeschrieben würde, niemand mehr all das schöne Wissen auswendig
lerne. Sicherlich hat die Gedächtnisfähigkeit mit der Schriftkultur
abgenommen - ebenso werden mit dem momentanen Wandel zur Netzkultur
andere Kulturleistungen an Bedeutung verlieren. Aber dafür gewinnen wir
auf der anderen Seite neue Möglichkeiten, die jetzt vielleicht noch gar
nicht abzusehen sind (allein was - zieht man den ganzen Hype mal ab - in
Sachen Semantic Web in den nächsten 10-20 Jahren noch auf uns zukommen
wird, ist nicht zu unterschätzen).

Klagen und Warnungen helfen da nichts - wenn Google und Wikipedia immer
stärker genutzt werden, müssen wir entweder etwas Besseres zur Verfügung
stellen oder wir lassen es eben bleiben (und damit am Besten auch
einfach mal den Mund). Für die sinnvollste Alternative halte ich, sich
an den stattfindenden Veränderungen aktiv zu Beteiligen, anstatt gegen
Windmühlen zu kämpfen.

Viele Wikipedia-Artikel sind übrigens wissenschaftlichen Fachartikeln
ähnlicher als herkömmlichen Lexikonartikeln: sie sind ohne
Kontextverständnis teilweise (leider) unverständlich und enthalten
mitunter eher zweifelhafte Beurteilungen und Lücken. Im Gegensatz zu
Fachartikeln, wo ich mich immer wieder einfach nur ärgern muss, kann ich
jedoch bei Wikipedia-Artikeln selber Hand anlegen und Verbesserungen
vornehmen oder zumindest auf der Diskussionsseite auf Fehler und
Unstimmigkeiten hinweisen (letzteres gilt übrigens auch für Beiträge in
Weblogs).

Ebenso wie Papier gegenüber der mündlichen Überlieferung Vorteile und
Nachteile hat, sind auch Google und Wikipedia zwar sehr praktisch aber
nicht für alle Anwendungen geeignet - deshalb sollte besser aufgezeigt
werden, unter welchen Umständen die Benutzung zu welchem Grad sinnvoll
ist - dazu muss man sich aber erstmal mit den Phänomenen
auseinandersetzen, die kritisiert werden, d.h. in der Lage sein, auch
mal ausschließlich mit Google als Rechercheinstrument zu arbeiten und
auch mal an einem Wikipedia-Artikel mitzuarbeiten.

Also lieber ein paar Wikipedia-Artikel verbessern als an sinnlosen
Studien und Diskussionen mitzuwirken - bei Wikipedia lernt man nämlich
noch selber dazu und hilft anderen Menschen, ein Thema zu verstehen.
Oder geht es am Ende gar nicht um das Verständnis, sondern eher um den
schönen Schein? ;-)

Schöne Grüße,
Jakob Voß

P.S: Für Google und Wikipedia  kann in den meisten Fällen allgemeiner
"umfassende Volltextsuche" und "Gemeinschaftlich im Netz erstellte,
vernetze Inhalte" eingesetzt werden.

P.:P.S: Für wen es interessiert, habe ich noch etwas zur Studie
geschrieben (auf Englisch), bin allerdings zu keinem anderem Ergebnis
gekommen als Mathias:
http://jakoblog.de/2007/12/10/google-wikipedia-connection-and-the-decay-of-academia/

-- 
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