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Re: [InetBib] Wissenschaftsverlage, peer review und open access



Herr Hohmann hat dankenswerterweise auch soeben die URL des ZEIT-Artikels von Christoph Drösser geliefert:
http://www.zeit.de/2009/03/N-El-Naschie

Danke für den Hinweis.

Köstlich. Und dank Nationallizenz haben wir auch alle mindestens die
ersten 11 Jahre der Zeitschrift elektronisch, die meisten wohl noch
mehr. Der Fall zeigt klar, dass die Rolle des Verlags bei der
Publikation der Zeitschrift in diesem Fall nicht in der Garantie der
wissenschaftlichen Qualität durch Peer reviewing zu suchen ist, sondern
im professionellen Vertrieb! Das ist übrigens der Unterschied zu Sokals Jux (1996), als der Physiker der Zeitschrift "Social Text" einen mit Modewörtern gespickten sinnfreien Text unterjubelte. Sokal zielte damals auf den Nachweis, dass das Peer review bei manchen geisteswissenschaftlichen Zeitschriften nicht funktioniert.

Zu schade, dass der Fall bis auf die Entlassung von El Naschie aus dem
Herausgeberkreis
<http://www.elsevier.com/wps/find/journaldescription.cws_home/967/description#description>

oder vielleicht dem Einstampfen der Zeitschrift wegen Imageverlust wohl
weiter keine Folgen haben wird. Denkbar wäre doch, dass der Verlag sagt: oh ja, soviel tun wir ja gar nicht im Peer review, da müssen wir auch im Preis etwas nachlassen...

Wie schreibt Elsevier in seinen Principles and policies:

" Elsevier Principles

Elsevier plays a leading role in establishing standards and policies
that improve scientific communications, promote business ethics, and
encourage continued, sustainable growth in the field of scholarly
publishing."
<http://www.elsevier.com/wps/find/intro.cws_home/principles>

Der Impact-Factor der Zeitschrift ist 3.025 -- und dürfte, meinen die
damit beschäftigten Blogger und auch Drösser, nicht unwesentlich dem
hohen Anteil an Selbstzitaten in den ca. 300 El Naschie-Publikationen in
seiner eigenen Zeitschrift zu verdanken sein. Mit diesem IF ist die
Zeitschrift höher bewertet als jede mathematische Zeitschrift, so Baez
in seinem Blog (Kästners erster Nachweis). Elsevier ist an die
Zeitschrift durch den Kauf des ursprünglichen Verlags gekommen. Interessant wäre, eine Rechtfertigung des Verlages zu lesen, wie so etwas passieren konnte.

J. Eberhardt (UB Erlangen-Nürnberg)



J.Kaestner@xxxxxxxxxxxxx schrieb, Am 09.01.2009 08:28:
In der ZEIT Nr. 3 vom 8.1.  S. 30 ist ein Artikel von Christoph Drösser erschienen: "Der 
Felix Krull der Mathematik. Über Jahre hinweg hat ein dubioser Wissenschaftler die Fachwelt 
mit gelehrt klingendem Unsinn genarrt. Nun sind Gutachter, Verlage und Kollegen blamiert". Es 
handelt sich dabei um Mohamed El Naschie und die von ihm herausgegebene Chaos, Solitons and 
Fractals im Elsevier-Verlag.
"Dass dies der herausgebende Verlag nicht sah oder nicht sehen wollte, ist die eine 
Hälfte des Skandals. Dass Elsevier das dubiose Heft weiterfür gutes Geld verkaufte - ein 
Abonnement von Chaos, Solitons and Fractals kostet pro Jahr 4042 Euro - ist die andere Hälfte.
Denn die Wissenschaftsverlage, von denen Elsevier der größte ist, halten sich stets zugute, die Spreu vom Weizen zu 
trennen. Die Qualitätssicherung der Forschung ist ihre Dienstleistung, damit begründen sie die teils horrenden Preise 
ihrer Periodika. Dabei müssen die Fachverlage nichts für den Inhalts zahlen, auch der Begutachtungsprozess, die 
sogenannte peer review, wird von Wissenschaftlern ehrenhalber geleistet. Trotzdem können die Verlage die Preise fast nach 
Belieben festsetzen. Denn Forscher müssen publizieren, um wissenschaftlich zu überleben, publishor perish lautet die 
Devise. Und keine Bibliothek kann es sich leisten, die Flaggschiffe unter den Zeitschriften nicht zu führen. Seit den 
neunziger Jahren drehten die Verlage die Preisspirale drastisch nach oben. ImJahr 2005 fuhr Elsevier eine Umsatzrendite von 31 
Prozent ein.
Nun dürfte wohl kaum jemand ausdrücklich Chaos, Solitons and Fractals bestellen (genaue 
Auflagenzahlen verrät Elsevier nicht). Doch die meisten Institutionen müssen dem Verlag seine 
Zeitschriften paketweise abnehmen; sie müssen also zu den wenigen begehrten Top-Journalen auch 
diemediokre Masse dazu kaufen."


http://golem.ph.utexas.edu/category/2008/11/the_case_of_m_s_el_naschie.html
http://sbseminar.wordpress.com/2008/11/30/laffaire-el-naschie/

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jürgen Kaestner
Bereichsleiter

Bereich Archiv, Bibliothek,
Dokumentation

Schlossplatz 1-3
65183 Wiesbaden
Tel.: 0611 - 350380 Fax: 0611 - 350379 eMail: J.Kaestner@xxxxxxxxxxxxx URL: www.hessischer-landtag.de







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