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Re: [InetBib] Wikipedia als Goldesel?



Die größten Probleme, die VDM, Grin u.ä Verlage den Bibliotheken bereiten, 
liegen m.E. weniger bei der Erwerbung oder den Pflichtexemplaren als vielmehr 
in der Fernleihe.
Ein Fachreferent kann erkennen, dass das Buch von diesem und jenem Verlag 
publiziert wurde und es entsprechend nicht kaufen. Bereits der Name dieser 
Verlage ist für mich ein starkes Ausschlussargument.
Von Studenten wird man Differenzierungen dieser Art aber nicht erwarten können, 
weshalb die Fernleihabteilungen mit Titeln dieser Verlage bisweilen regelrecht 
bombadiert werden. Die Titelfassungen scheinen ihnen ja oft die Lösung all 
ihrer Probleme bei der Literatursuche zu versprechen. Heutiges Bsp.: 
"Schwangerschaft im Jugendalter" aus dem Jahr 2007. Die Arbeit ist aber wie 
(bisher) fast alles bei VDM eine akad. Fingerübung, umfasst 58 Textseiten (bei 
Schrifttype Arial) und dürfte im Informationsgehalt gegen Null tendieren.
Dank des Umstandes, dass der Wert der Erzeugnisse dieser Verlage offenbar in 
allen Bibliotheken ähnlich eingeschätzt wird, findet sich oftmals keine gebende 
Bibliothek. Aber auch ohne dies fragen wir mittlerweile bei den Bestellern 
zurück, ob sie eine Bestellung trotz des vorauszusehenden geringen Nutzens 
tatsächlich wünschen. Auch in Einführungsveranstaltungen weisen wir darauf hin, 
dass es sich dabei meistens um Mogelpackungen handelt. Jedoch: ob die 
Bestellung aufgegeben wird oder nicht - der Arbeitsaufwand, den das Ganze 
verursacht, ist in jedem Fall erheblich.
Deswegen bin ich Ihnen, Herr Gebauer, sehr dankbar dafür, hier die neue 
Geschäftsidee des Herrn Dr. Müller bekannt gemacht zu haben.
Beste Grüße, Philipp Gahn

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx 
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Pannier, Dietrich
Gesendet: Donnerstag, 18. Februar 2010 17:47
An: 'Internet in Bibliotheken'
Betreff: Re: [InetBib] Wikipedia als Goldesel?


Sehr geehrter Herr Hilf,

wie Herr Graf gelegentlich betont ist er gerade kein Jurist, was ihn nicht 
davon abhält, mit brauchbaren und unbrauchbaren juristischen Argumenten 
aufzutreten. Die ebenso gelegentlich erfolgenden Verbalinjurien würden 
erfreulichen Inhalt für juristische Prüfungsaufgaben bieten ... wie ist die 
Rechtslage), aber die sind ja in bestimmten Berufsfeldern sozialadäquat 
hinzunehmen. Ich seh das inzwischen eher so, Orchideen brauchen einen Sumpf, 
auf dem sie gedeihen.

Was sollte man tun?
Die Bibliotheken sollten m.E. verstärkt solche Verdachtsfälle in Inetbib 
kommunizieren, so bekommen alle diese Dinge mit und es kann sich eine Allianz 
der Nichtkäufer aus gutem Grund bilden. Die Pflichtexemplarbibliotheken sollten 
sich solche Fälle vornehmen und eine Entschädigung ablehnen, da von den 
"Verlagen" mit der Pflichtabgabe in diesen Fällen kein unverhältnismäßiges 
Sonderopfer abverlangt wird. Man lese dazu auch diesen Beitrag, der nachgehend 
an eine Entscheidung des BVerfG gesehen werden muss von Evelyn Haas-Traeger: 
Pflichtexemplare, Die Ablieferung von Pflichtexemplaren im Lichte der 
Eigentumsgarantie, in: DÖV 1980, S. 16 - 21 . Dort kommt der Verleger (und 
darunter verstand man noch solche kulturbeflissenen Personen) bereits schlecht 
weg. Zur Person siehe man hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Evelyn_Haas
Dieses Vorgehen erfordert einige Zeit Mehrarbeit, sollte dann aber wirken, wenn 
sich diese Bibliotheken auf eine einheitliche Linie einigen und diese 
durchhalten.

Die Bibliotheksleiter müssen mehr Augenmerk darauf legen, was inhaltlich 
erworben werden soll und welche Erwerbungen dem wirklich entsprechen. So 
genannte Approval-Plans oder thematische Kontingente bei der Erwerbung sind 
dafür nur bedingt geeignet. Die Direktoren werden sagen, die Personalkosten für 
einen eingesparten Fachreferenten sind höher als die Kosten für wenig sinnvolle 
Käufe durch blind nach Apptoval-Plan gelieferte Werke. Wenn wir nur noch nach 
"Geiz ist geil"-Mentalität arbeiten, bleibt die Qualität auf der Strecke. Wer 
nicht die Einkäufe prüft, hält solche Geschäftspraktiken wie VDM am Leben, denn 
sie kommen mit geringen Kosten doch "auf ihre Kosten". Einen privaten Markt für 
diese Publikationen gibt es meist nicht, es geht also nur um öffentliches Geld, 
da sollten wir wachsam und abwehrbereit sein dürfen.
Pflichtexemplar- und andere Bibliotheken müssen nicht zu Gelddruckmaschinen für 
"Unverleger" werden. Das von Archivaren so hoch gehaltene kulturelle Erbe kann 
der Verleger in seinem eigenen Verlagsarchiv bewahren, das er dann geeigneten 
Personen zur Sichtung freigibt, ich kenne da echte "open access"-Fans.


Mit freundlichen Grüßen
i.A.

Dietrich Pannier

Bundesgerichtshof
Informationsdienste - Bibliothek-
Herrenstrasse 45a, D-76133 Karlsruhe
Tel. +49(0)721 1595248, Fax +49(0)721 1595612
Mail: pannier.dietrich@xxxxxxxxxxx
Homepage: http://www.bundesgerichtshof.de


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Eberhard R. 
Hilf
Gesendet: Donnerstag, 18. Februar 2010 15:58
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Wikipedia als Goldesel?


Lieber Herr Graf,

den Vorschlag der 'Zensur durch Bibliothekare', selbst sogar, wenn sie
'IuD-Spezialisten' sind, habe ich eigentlich nur so
verstanden, dass sie
keine inhaltliche Filterung vornehmen, dafuer gibt es ja in
jeder Uni die
jeweiligen Fachbereichs-Kommittees, die sagen, was wie bestellt haben
wollen, sondern: was sollte man/kann man tun, um der neuen
Geschaeftsidee,
OA-Texte aus dem Netz zu drucken und mit
fake-Autoren/Editorennamen zu
versehen, und als PoD zu vermarkten. Dies sehe ich als mindestens
Missbrauch. Dass Wikipedia-Autoren klagen, scheint mir eher
irreal, meist
werden sie nicht einmal davon wissen.

Sie hatten in Ihrer Antwort ausgeklammert, ob es sinnvoll waere, falls
solche Faelle bekannt und belegt werden, dass sich Bibliotheken
entschliessen, diese Werke nicht aufzunehmen bzw. den
entsprechenden FB
darauf hinzuweisen.

Eine konstruktive Handlungsanweisung (bzw. Abraten) von Ihnen als 
IuD-Spezialist und einschlaegig taetigem Juristen und (dann direkt
betroffen: einschlaegigem Wikipedia-Autor) waere hier hochwillkommen.

Zu Recht wiesen Sie mich ja darauf hin, dass meine spontane 
'Laien-'-Meinung jedenfalls auf Wikipedia-Artikel so nicht anwendbar 
ist. Eberhard Hilf

.................................................
Eberhard R. Hilf, Dr. Prof.
Geschaeftsfuehrer (CEO)
Institute for Science Networking Oldenburg GmbH
an der Carl von Ossietzky Universitaet
Ammerlaender Heerstr.121, D-26129 Oldenburg
ISN-Home: http://www.isn-oldenburg.de/
Homepage: http://isn-oldenburg.de/~hilf
E-Mail  : hilf@xxxxxxxxxxxxxxxx
Tel     : +49-441-798-2884
Fax     : +49-441-798-5851
ISN ist unter HRB5017 im Handelsregister beim
Amtsgericht Oldenburg (Oldb.) eingetragen.
USt-ID  : DE220045733
.........................
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