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Re: [InetBib] Paragraph 137 l UrhG ist angesichts von Paragraph 38 UrhG bei Zeitschriftenartikeln in der Regel nicht anwendbar



Lieber Herr Müller,

noch nicht ganz!

Verzeihen Sie dass ich Sie hier für ein Kolleg im Urheberrecht in 
Anspruch nehme, da ich die einschlägigen Kommentare leider heute nicht 
in Reichweite habe ...

Wie ist denn dann der gleich anschließende Satz in dem von ihnen 
zitierten $38 zu verstehen?

Jedoch darf der Urheber das Werk nach Ablauf eines Jahres seit 
Erscheinen anderweit vervielfältigen und verbreiten, wenn nichts anderes 
vereinbart ist.

Bezieht sich vielleicht das "ausschließliche Nutzungsrecht" auf die 
wirtschaftliche Verwertung, während "anderweitige Vervielfältigung und 
Verbreitung" zulässig ist?

Und dann gibt es da noch die Position von Dr. Klaus Graf, wonach 
Online-Veröffentlichungen ohnehin nicht unter die Norm von $38 UrhG fallen.

Fuer die Online-Publikation ist das Recht der oeffentlichen
Zugaenglichmachung relevant, das der oeffentlichen
Wiedergabe zugewiesen ist.

Seit Herbst 2003 hat sich eine gravierende Änderung der Rechtslqage 
ergeben, da § 38 UrhG unverändert blieb, also dem Verlag nach wie vor 
nur ein für ein Jahr bestehendes ausschließliches Nutzungsrecht an dem 
Aufsatz für Vervielfältigung und Verbreitung zusichert. Von 
Vervielfältigung und Verbreitung strikt zu trennen ist das Recht der 
öffentlichen Wiedergabe, zu dem das Recht der öffentlichen 
Zugänglichmachung gehört. Dieses Recht der öffentlichen 
Zugänglichmachung wird aber für Online-Nutzungen benötigt.

Vgl. hierzu

http://archiv.twoday.net/stories/2962609/#3146270

Mit besten Grüßen,
B.-C. Kämper

Müller, Harald schrieb:
Lieber Herr Kämper!

Leider, leider, doch, doch!

Zitat § 38 Abs. 1 UrhG:
"§ 38 Beiträge zu Sammlungen
(1) Gestattet der Urheber die Aufnahme des Werkes in eine periodisch
erscheinende
Sammlung, so erwirbt der Verleger oder Herausgeber im Zweifel ein
ausschließliches
Nutzungsrecht zur Vervielfältigung und Verbreitung."


ERWIRBT IM ZWEIFEL EIN AUSSCHLIEßLICHES NUTZUNGSRECHT.

Da oft keine schriftlichen Verträge abgeschlossen werden, die ja "Zweifel"
ausräumen können, muß ein Urheber aktiv werden. Dazu rät Herr Dr. Kreutzer.

Kann Sie dies überzeugen?

Beste Grüße
 
--
Dr. Harald Müller
 
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht /
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law
and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx

-----Original Message-----
From: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] On Behalf Of Bernd-Christoph 
Kaemper
Sent: Thursday, May 20, 2010 11:51 AM
To: Internet in Bibliotheken
Subject: Re: [InetBib] Paragraph 137 l UrhG ist angesichts von Paragraph 38 
UrhG
bei Zeitschriftenartikeln in der Regel nicht anwendbar

Lieber Herr Müller,

aber ist nicht in diesem Falle davon auszugehen, dass im Zweifelsfalle 
(ohne schriftlichen Vertrag) eben nicht "alle wesentlichen 
Nutzungsrechte ausschließlich sowie räumlich und zeitlich unbegrenzt 
eingeräumt" wurden, da diese doch für die Publikation in einer 
Zeitschrift oder Sammelband gar nicht unbedingt notwendig sind.

Genau darum gibt es doch auch den § 38 UrhG, um dieser Unschärfe mit 
einer vernünftigen Regelung zu begegnen.

Im übrigen hat der Börsenverein auch die Verlage aus gutem Grund 
angehalten, sich lieber aktiv von den Urhebern die Rechte nachträglich 
übertragen zu lassen ...

Mit besten Grüßen,
B.-C. Kämper, UB Stuttgart

Müller, Harald schrieb:
Liebe LeserInnen!

In Ihrem eigenen Interesse sollten Sie die Mail von Herrn Graf sofort löschen
bzw. ignorieren. Seine juristischen Überlegungen und Schlußfolgerungen würden
ihm in einem juristischen Examen die niedrigst mögliche Punktzahl einbringen,
nämlich NULL Punkte.

Zitat Graf: "Wenigstens in den Geisteswissenschaften kann davon ausgegangen
werden, dass früher keine Verträge abgeschlossen wurden, also die Befristung
auf
ein Jahr nach § 38 UrhG gilt."

Selbstverständlich wird jedesmal ein Vertrag abgeschlossen (durch Angebot und
Annahme), wenn eine Person ein Manuskript zwecks Veröffentlichung an einen
Verlag gibt. Sofern der Vertrag nicht schriftlich vorliegt, richten sich die
Vertragsbedingungen nach der urheberrechtlichen Zwecksübertragungslehre.

Zitat WIKIPEDIA:
"Die Zweckübertragungslehre besagt, dass ein Urheber im Zweifel 
Nutzungsrechte
nur in dem Umfang einräumt, wie es der Vertragzweck unbedingt erfordert. Dies
folgt aus § 31 UrhG. Der entsprechende Absatz lautet:

"1Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht
ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden 
Partnern
zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.
2Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob
es
sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit
Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das
Nutzungsrecht unterliegt."

- § 31 Abs. 5 UrhG"

Wenn schon das Gesetz davon ausgeht, daß bei der Übertragung von
Nutzungsrechten
nicht immer alle Details zweifelsfrei dokumentiert werden, sollte man als
Urheber im eigenen Interesse alle Vorsichtsmaßnahmen einsetzen. Deshalb
sollten
die Empfehlungen von Herrn Dr. Kreutzer DRINGENST befolgt werden.

Mit freundlichen Grüßen

--
Dr. Harald Müller
 
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht /
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law
and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx

-----Original Message-----
From: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] On Behalf Of Klaus Graf
Sent: Wednesday, May 19, 2010 11:40 PM
To: Internet in Bibliotheken
Subject: [InetBib] Paragraph 137 l UrhG ist angesichts von Paragraph 38 UrhG
bei
Zeitschriftenartikeln in der Regel nicht anwendbar

Die gegenteilige Empfehlung im neuen Leitfaden sollte
ignoriert werden:

http://archiv.twoday.net/stories/6344762/

Klaus Graf





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