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[InetBib] FW: Lutz Hachmeister und andere wollen ihren Doktortitel ruhen lassen, solange Guttenberg...



Liebe Inetbibler,

das lief gerade über Archivalia. Ich kann nur sagen, da schmeiße ich meinen 
läppischen M.A. mit in den Ring.

Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus

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Feed: Archivalia
Posted on: Thursday, February 24, 2011 7:17 PM
Author: KlausGraf
Subject: Lutz Hachmeister und andere wollen ihren Doktortitel ruhen lassen, 
solange Guttenberg...

Lutz Hachmeister, Medienhistoriker und Filmemacher, hat eine Stellungnahme zum 
Guttenberg-Plagiat verfasst, die wir hier mit der Bitte um weitere 
Unterstützung veröffentlichen. Hachmeister, ehemals Leiter des 
Grimme-Instituts, promovierte 1986 an der Universität Münster und wurde 1999 
von der Universität Dortmund habilitiert.
22.02.2011 |

Wir halten nicht allzu viel von akademischen Ritualen. Die Lage an den 
deutschen Hochschulen mit ihren Bologna-Prozessen, Exzellenz-Clustern und 
Modulpunkten ist beklagenswert.

Gerade deshalb sollte es wissenschaftliche Mindeststandards geben, die für alle 
gelten. Die Idee einer universellen scientific community, mit ihren Regeln der 
Überprüfbarkeit und Originalität, Kritik und Präzision, ist ein hohes Gut. 
Diese Regeln mussten lange Zeit gegen religiösen Wahn und staatliche Pressionen 
durchgesetzt werden. Sie sind in vielen Ländern der Erde noch immer nicht 
selbstverständlich. Bei den Plagiaten des derzeitigen 
Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich gezeigt, dass 
ein gewichtiger Teil der politischen Klasse in Deutschland die Bedeutung 
intellektueller Leistung gering schätzt.

Karl-Theodor zu Guttenberg hat wissentlich eine akademische 
Qualifikationsarbeit vorgelegt, die sich in erheblichem Umfang auf fremdes 
geistiges Eigentum stützt, ohne dieses kenntlich zu machen. Daran besteht nach 
Faktenlage kein Zweifel mehr. Die wesentliche Leistung des Promovenden bestand 
in einer bunten Textkompilation, deren Methodik den Betreuern der Arbeit 
offenbar seinerzeit nicht aufgefallen ist. Eine solche Ansammlung von Plagiaten 
war tolldreist, ihre Ableugnung war bizarr. Der Verteidigungsminister ist nur 
durch die im Internet und von der Presse versammelten Beweise dazu gebracht 
worden, nach längerem Leugnen und Abstreiten seinen Doktortitel ?auf Dauer 
nicht mehr zu führen?. Noch interessanter ist, wie sehr sich der Minister beim 
Ableugnen der Fakten und beim Werfen von Nebelkerzen auf die unbedingte 
Solidarität seiner politischen Freunde verlassen konnte, bis hin zur 
Bundeskanzlerin. Wie will eine Bundesregierung überhaupt noch bildungspolitisch 
verantwortlich handeln, wenn sie vorsätzliche akademische Täuschung zum 
Kavaliersdelikt erklärt? Wie wollen Universitäten ihre Studenten zur 
?Exzellenz? motivieren, wenn ein plagiiertes Traktat ohne Konsequenzen mit 
?summa cum laude? bewertet werden kann?

Angesichts dieser Faktenlage ist die Unterstützung des Plagiators durch Teile 
von Politik und Journalismus nur macht- und medienpsychologisch zu erklären. 
Wer sich aber wirklich um Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt, der entbietet ihm 
keine politische Nibelungentreue, sondern kümmert sich in dieser schwierigen 
Situation um persönlichen und psychologischen Rat.

Wir klagen niemanden an. Wir kennen die biblischen Bezüge von Splittern und 
Balken im Auge, von Heuchlern und selbstgerechten Richtern. Aber um für die 
Wissenschaft und die intellektuelle Würde zu retten, was zu retten ist, werden 
wir unseren Doktortitel solange nicht führen, solange Freiherr zu Guttenberg 
noch als Minister dieses Land vertritt.

Lutz Hachmeister

Mitunterzeichner:

Hanna Leitgeb, Robin Meyer-Lucht, Leonard Novy, Markus Oetting

Quelle:

http://carta.info/38447/ein-akademischer-faelscher-kann-kein-minister-bleiben-ein-aufruf/
 

http://www.klaus-baum.info/2011/02/22/ein-akademischer-falscher-kann-kein-minister-bleiben-ein-aufruf-von-lutz-hachmeister/

Interview mit Hachmeister (Audio)

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2011/02/24/drk_20110224_1608_e6d09a76.mp3

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http://archiv.twoday.net/stories/14651102/


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