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Re: [InetBib] 52a



Ein Kommentar zum Urteil im Streit Kröner vs. Fernuni Hagen:
http://www.inf.uni-konstanz.de/netethicsblog/?p=447
ist schon kompliziert
RK

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Prof. em. Dr. Rainer Kuhlen

Im Prinzip müsste es im Urheberrecht um Gerechtigkeit gehen und da ist es
eine einfache Tatsache, dass die Auflagenzahl einer Publikation keine
gerechte Bezahlung für einen Verlag oder Autor ist. Früher hat ein Verlag
um so mehr Geld vorlegen müssen, je höher sein Risiko war, und je höher er
die Auflagenzahl eingeschätzt hat. Dieses Risiko existiert in dem Moment
nicht, wo eine Publikation ins Netz gestellt wird und millionenfach
kopiert oder über publishing on demand ausgedruckt werden kann. Die
Auflage einer Publikation hat nichts mehr mit leistungsgerecht,
qualitätsgerecht, risikogerecht, sachgerecht oder bildungsgerecht zu tun.

Dass eine jede Publikation nicht nur produziert, sondern damit auch
bezahlt werden muss, steht außer Frage. Das tun aber Verlage  (zumindest
in der Wissenschaft) selten. Wer Publikationen dagegen finanziert ist
höchst problematisch. Da gibt es die Finanzierung
1. durch den Autor, der ein persönliches Anliegen veräußern will.
2. durch einen Geldgeber, der einen oder mehrere Autoren dafür bezahlt,
das zu verfassen, was der Geldgeber publik gemacht haben möchte.
3. durch einen Geldgeber, der eine attraktive Publikation produzieren
lässt, um darüber versteckt oder auch offen Reklame für andere Produkte
oder Ideen zu transportieren.
4. durch einen Geldgeber, der aus dem Verkauf der Publikation Gewinn
ziehen möchte (der klassische Verleger).
5. durch einen Geldgeber, der den Verkauf der Publikation im Prinzip nur
vortäuscht, damit die Leser nicht merken, dass er damit lediglich seine
Reklame transportiert.

Wenn die Juristen nicht bald den Unterschied zwischen Information,
Redundanz und Rauschen zur Kenntnis nehmen, gehen wir in ein immer
größeres rechtliches Desaster hinein. Copyright ist wissenschaftlich
gesprochen eindeutig ein Redundanzrecht. Auch wenn ich befürchte, dass sie
dies trotz der Pirat4en mit Sicherheit nicht bis 2015 schaffen werden ;-)

MfG

W. Umstätter


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