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[InetBib] Bibliotheksdienst und BID



Liebe Liste,

eine Mail an diese Liste, die zu einer Webseite führt, die wiederum 
einen Link auf ein pdf enthält, dessen Text im Umfang die beiden, seiner 
Ankündigung dienenden Informationen nicht wesentlich übersteigt, das ist 
die Stellungnahme von BID zum Wechsel des Bibliotheksdienstes zu 
DeGruyter. Dieser umständliche Weg illustriert die Kommunikationskultur 
in dieser Frage treffend.

Um uns herum ändert sich die Art und Weise des Kommunizierens und 
Informierens. Bei BID liest man indes:

"Die Stellung des BIBLIOTHEKSDIENSTES als Organ von BID besteht darin, 
dass er die Berichte, Stellungnahmen und Nachrichten von BID 
veröffentlicht."

Hier sei die schlichte Frage erlaubt: Wer braucht das? Sieht man von 
Bibliothekshistorikern ab, denen es in dreißig Jahren bequem erscheinen 
wird, wesentliche Aktivitäten von BID in einer Zeitschrift 
zusammengefasst zu finden, so entspricht dies doch in gar keiner Weise 
heutigen Standards der Kommunikation und Information über verbandliche 
Aktivitäten. Hier reicht eine Webseite und deren aktive Pflege und 
Unterstützung durch sinnvolle Social-Media-Aktivitäten vollkommen aus.

An der Stellungnahme von BID wird kritisiert, dass die Frage von Open 
Access nicht thematisiert wird. Tatsächlich ist aus Sicht von BID dies 
eigentlich kein Thema, denn : "Veröffentlichungen von BID sind immer 
auch über die Homepage www.bideutschland.de zugänglich."

Das ist bei Licht besehen doch bemerkenswert, denn offenbar glaubt BID 
sich von dem 1-Jahres-Embargo dispensiert zu sehen und das, obwohl 
zwischen dem BIbliotheksdienst und BID keine(!!) rechtlichen 
Verbindungen bestehen, wie die Stellungnahme betont. Wenn es aber keine 
rechtlichen Verbindungen gibt und die Stellungnahmen von BID auch nicht 
unter einer freien Lizenz publiziert werden, was übrigens durchaus eine 
rechtliche Verbindung begründet, dann ist die Sicht von BID auf das 
Problem doch etwas unvollständig, denn auch BID muss mit Blick auf 
Nutzungsrechte an seinen Stellungnahmen eine Übereinkunft mit dem 
Bibliotheksdienst und künftig eben mit DeGruyter treffen.

Und damit wären wir wieder beim Thema Open Access, das BID offenbar für 
sich als gegeben abhakt. Warum, so kann man fragen, sollte eine 
großzüzige Zweitpublikation nicht auch für die Autoren gelten? Gibt es 
beim Bibliotheksdienst content erster und zweiter Klasse? Die 
Fachautoren sind offenbar zweite Klasse.

Aber diese Fragen sind gar nicht im Blick der Stellungnahme von BID. 
Hier geht es nur darum, dass man es in Ordnung findet, dass die 
Zeitschrift in einem Verlag erscheint. Ja, aber DAS ist doch gar nicht 
das Problem bei der Kritik der Embargo-Verlängerung. Wir sind doch schon 
lange über diese falsche Alternative Open Access oder Verlag hinaus. Und 
das gilt gerade auch für DeGruyter. Die Frage ist doch allein, warum die 
Embargo-Bedingungen einfach verschärft wurden und warum man den Wechsel 
bei der Herausgabe des Bibliotheksdienstes nicht für eine breitere 
Diskussion über eine angemessene Form des Bibliotheksdienstes genutzt hat.

Hierzu zwei kurze Gedanken:

Es gibt kaum eine Zeitschrift, bei der ein Verlag risikoloser kurze 
Embargofristen testen kann, als den Bibliotheksdienst, der über eine 
stabile Basis institutioneller Abonnements verfügt. Warum ist man hier 
so wenig experimentierfreudig?

Wir erleben im Wissenschaftsurheberrecht zur Zeit heftige Debatten über 
die angemessene Ausgestaltung der urheberrechtlichen Rahmenbedingungen 
für Forschung und Lehre. Der dbv hat in einer Stellungnahme vom 2.2.2010 
einen vorbehaltlosen (!!) Einsatz für Open Access gefordert: 
http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/positionen/Open_Access_Stellungnahme_dbv_endg.pdf.
 


Der dbv ist auch Mitglied von BID. Also wäre ich jetzt ein Vertreter 
restriktiver Urheberrechtspositionen, dann würde ich den Umstand, dass 
der Bibliotheksdienst sein 3-Monats-Embargo auf ein 1-Jahres-Embargo 
umstellt und damit deutlich von dem 6-Monats-Embargo abweicht, das die 
Allianz der Wissenschaftsorganisationen für Zweitpublikationen fordert 
und dem sich der dbv vor einiger Zeit ebenfalls vollinhaltlich 
angeschlossen hat, erfreut zur Kenntnis nehmen. Auch ich finde dieses 
"friendly fire" sehr erfrischend! :)

So kommt Bewegung in die Frage des angemessenen Publizierens in der 
deutschsprachigen Bibliothekswelt. Das jedefalls ist ein gutes Ergebnis. 
Mal sehen, wohin es führt ...

Viele Grüße
Eric Steinhauer

-- 
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