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Re: [InetBib] Ausschreibung dbv-Kommission Kundenorientierte Services und Vision für deutsche Bibl.



Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

        möglicherweise formuliere ich mein Anliegen noch etwas deutlicher
bzw. verschärft, denn z.T. gingen die Reaktionen doch an meinem
ersten Text vorbei: 

        1. Der Kundenbegriff ist im bibliotekarischen Raum ein unbekanntes
Wesen, denn die Bibliothekswissenschaft verweigert sich sehr
konsequent der Auseinandersetzung. Gleichwohl publiziert sie in
großer Menge Texte, die den Kundenbegriff beinhalten. Es wäre nicht
vermessen die Frage zu stellen, wie solide wiss. Texte sind, die auf
einem für sie unbekannten Begriff beruhen - bspw. Texte zur
Kundenorientierung. Ich kann diese Texte kaum ernst nehmen, wenn ihre
Autorinnen und Autoren den grundlegenden Begriff nicht zu definieren
vermögen. 

        2. Wenn ein Berufsstand gegenüber der Öffentlichkeit die eigene
Notwendigkeit nicht außerhalb solch fachlich höchst zweifelhafter
Instrumente wie dem BIX zu belegen vermag, dann steht es schlecht um
diesen Berufsstand. Hierbei - und da sind die Visionen der HAW das, in
negativem Sinne, beste Beispiel - muss man konstatieren, dass die
bibliothekarische Lehre offensichtlich kaum willens ist diese Lücke
zu füllen. 

        Die Ethik bzw. die Diskussion der Ethik unserer Arbeit ist ein
randständiges Thema. Nach meinem Verständnis hingegen definiert erst
der grundlegende Bezug auf eine Ethik (z.B. Menschenrechte), die Form
und vor allem die Notwendigkeit der eigenen Arbeit. Dabei ist mir wohl
bewußt, dass selbstverständlich jede Bibliothek gewissen
Rechfertigungszwängen unterliegt, nur sind viele Zahlen mit denen im
bibl. Raum argumentiert wird auch erst die Grundlage für daraus
folgende Zwänge. Wer der Lokalpolitik einredet, die Qualität der
bibl. Arbeit könne an Ausleihzahlen festgemacht werden, der
provoziert erst weitere Fragen wie: was kostet eine Ausleihe usw. 

        Resümee: 

        - der Kundenbegriff ist systemunabhängig - Bsp.: folgt man dieser
Logik, kann - abgesehen von einem einzelnen Satz - der
bibliothekarische "Code of ethics" des dbv in jedem autoritären Staat
in der selben Form für bibliothekarische Arbeit gelten - und dieser
"Code of ethics" steht stellvertretend für uns alle in der
Öffentlichkeit. 

        - der Kundenbegriff vermittelt eine soziale Erwartungshaltung an die
Bibliotheksbesucherinnen und -besucher und die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter von Bibliotheken, er ist also keineswegs neutral 

        - ich würde mir wünschen, die Ethikkommission des dbv würde den
Kundenbegriff und den "Code of ethics" einer eingehenden Prüfung
unterziehen, der zumindest bei letzterem zu einer sofortigen
Streichung desselben führen müsste 

        Viele Grüße zum Wochenstart 

        Peter Jobmann
-- 
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