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[InetBib] Sprachenlernen und Internet-Lernressourcen






Liebe Frau Kubota,
Sicherlich ist manchmal schade, dass Diskussionen auf der Strecke bleiben und 
ich schreib hier auch schon mal was, wenn ein Fachthema mich berührt oder ich 
ein bestimmten Informationsbedarf habe, manchmal einfach um dem "Tunnel" der 
alltäglichen Anforderungen auch etwas Kommunikation entgegenzusetzen.
 Dieser hier betrifft wenigstens nur ein Thema, wobei ich Ihnen schon erklärte, 
dass ich nicht ueber Sprachdidaktik informiert werden wollte, sondern nach 
eingesetzten E-Learning Plattformen gefragt habe. Danach haben Sie mit diesem 
Text noch eins drauf gesetzt, sozusagen damit ich die Mahlzeit nun auch endlich 
vertilge. Das ist nicht sehr freiheitlich gedacht.

Andere Texte durchmischen alle möglichen Themen, mit denen die von Ihnen 
angesprochenen nun ewig im Internet verbunden sind.
Mangels jeglicher Differenzierung ist man noch dazu kaum in der Lage, seine 
eigene Ansicht auch nur zu einem dieser Punkte zu platzieren. Das ist auch 
nicht sehr freiheitlich gedacht.

Da auch einige wichtige Meldungen kommen, kann man sich nicht aus dieser Liste 
ausschreiben.
Aber man kann Filter setzen. Ich moechte keine hässlichen Abrisse ueber Sie 
ergießen, habe auch Verstaendnis, bitte Sie nun aber, diese Langtexte so hier 
nicht weiter zu lancieren.
Freundliche Gruesse
A. Kustos


Am 04.08.2013 um 09:07 schrieb "Naomi Kubota" 
<naomi.anne.kubota@xxxxxxxxxxxxxx<mailto:naomi.anne.kubota@xxxxxxxxxxxxxx>>:

Sehr geehrte Frau Kustos,


ein Addendum zum Thema Sprachenlernen:


Ab einer ausreichenden Stufe der Fähigkeiten - ca. ab A2/B1 -, empfehle ich 
auch die Verwendung von Zeitungen/Zeitschriften, Radio und Fernsehen per 
Internet. Das spart Anschaffungskosten.

Für Deutsch empfehle ich in der Regel u.a. die Mailinglisten der Deutschen 
Welle und der Bundeszentrale für politische Bildung und die Mediatheken von ARD 
und ZDF, die seit der juristischen Auseinandersetzung ja leider starker 
zeitlicher Begrenzung unterliegen. Die Wochenendausgabe der Neuen Zürcher 
Zeitung, die sich vielleicht auch arme StudentInnen manchmal leisten können, 
hat übrigens im deutschsprachigen Raum mehr oder weniger die beste 
Berichterstattung im Bereich internationale Politik. Alle Internet-Angebote auf 
der Webseite der taz (tageszeitung) in Berlin sind kostenfrei, die Abozahlen 
steigen (es muß bei der Lektüre von Artikeln ein Fenster weggeklickt werden, 
das darauf hinweist, daß Journalismus auch Geld kostet). Die Sendungen des 
Deutschlandfunks können auch als schriftliches Transkript kostenlos vom 
HörerInnen-Service angefordert werden, was beim Unterrichten von Umganssprache 
ganz nützlich sein kann (z.B. über die Menschenrechtsverletzungen an 
Verbringkindern in der Schweiz). Natürlich hat auch ARTE ein exzellentes 
Angebot.

Für Englisch empfehle ich den Guardian, BBC und National Public Radio (USA). 
Die US-amerikanischen Fernsehstationen meide ich normalerweise - da sie zu 
80-90% genau zwei Firmen gehören, die beide vor allem in der globalen 
Rüstungsindustrie tätig sind, braucht sich niemand zu wundern, wenn 
Massendemonstrationen in Washington D.C. damals gegen den Irakkrieg in den 
nationalen Medien gar nicht erwähnt werden (das ist wie die massiven täglichen 
Demonstrationen in China, die totgeschwiegen werden, obwohl es alle wissen). 
Die Informationen auf der Webseite des Weißen Hauses sind auch eine Lektion in 
Sachen Medienpolitik und Demokratie. Der Guardian finanziert sich übrigens 
(inzwischen) komplett durch eine hauseigene Stiftung und ist insofern 
ökonomisch unabhängig.

The Economist gilt übrigens unter den Berlusconi-ApologetInnen als 
kommunistisches Blatt (Herr Berlusconi spricht auch von "The ECommunist") und 
angeblich sind die Hälfte der JournalistInnen des Wall Street Journal 
MarxistInnen. Ich vermute, daß beide Publikationen diese Frage nicht öffentlich 
kommentieren. Die New York Times ist ein zuverlässiges Presseorgan des Weißen 
Hauses, im Prinzip könnte mensch genausogut einfach die Presseerklärungen von 
Präsident Barack Obama lesen, aber das kann ich verzeihen.

Für Französisch empfehle ich Le Monde (allerdings setzt das 
verstandesorientierte Lesen dieser Zeitung gute Kenntnisse nicht nur der 
französischen Sprache, sondern auch einiges an kulturellen, literarischen und 
historischen Kenntnissen voraus) und Radio France Culture, dessen Podcasts auch 
einen ganz guten Ruf haben, z.B. im Bereich der "Vulgarisation" von Geschichte 
und Philosophie. Nebenbei bemerkt hat Le Monde eine exzellente 
Berichterstattung auch für ehemalige französische 
Kolonien/Protektorate/Départements u.a. in Nordafrika, zum Beispiel, wenn bei 
der algerischen Staatskrise darauf verwiesen wird, daß algerische 
PolitikerInnen nach Paris reisen, um bei den Franzosen mal nachzufragen, wer 
denn der nächste algerische Präsident werden soll.

Für Spanisch empfehle ich El Pais, das auch sehr gut über Lateinamerika 
unterrichtet ist. Radio Nacional de Espana liefert nicht nur den spanischen 
Akzent, den manche LateinamerikanerInnen imitieren wollen und andere als 
strukturellen Rassismus begreifen, sondern hat auch das beste kostenlose 
Angebot im Bereich klassische Musik, das ich bisher bei Radiostationen gefunden 
habe (Radio Clásica) - auch wenn ich bei Wagner meistens ausschalte und nicht 
in jeder Lebenslage Zwölftonmusik hören will.

Für Italienisch würde ich eine Mischung aus La Repubblica, Corriere della Sera 
und Il Sole 24 Ore empfehlen. Über den strammen Anti-Berlusconi-Kurs von La 
Repubblica erzählen selbst die ItalienerInnen Witze:

Papst Johannes Paul II. und Silvio Berlusconi spazieren am Castel Gandolfo. Ein 
Wind bläst die Kopfbedeckung des Papstes auf den See. Herr Berlusconi, immer 
diensteifrig, sagt dem Papst, er werde sich kümmern. Trockenen Fußes läuft er 
auf der Wasseroberfläche bis zur Kopfbedeckung, hebt sie auf und trägt sie zum 
Papst ans Ufer. La Repubblica titelt: "Berlusconi kann nicht schwimmen!"

Il Sole 24 Ore hat oft die beste Berichterstattung im Bereich der politischen 
Ökonomie. Corriere della Sera gilt als sehr seriös.

Das allgemeine Problem in der Kultur des italienischen Journalismus hat vor 
allem damit zu tun, daß gute Kenntnisse der Debatten und innenpolitischen 
Veränderungen im Italien der letzten drei Jahre notwendig sind, um die Artikel 
überhaupt angemessen zu verstehen. Z.B. beschwerten sich die italienischen 
Zeitungen während des Weltjugendtages in Köln im Jahre 2005 darüber, daß die 
Busfahrer in Köln ihre Ansagen nur auf Deutsch machen würden. Neben dem 
italienischen Seitenhieb gegen deutsche Fähigkeit zum Organisieren war dies 
wohl auch als Kommentar über den Papst zu verstehen, so meine Vermutung. 
Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck, daß die italienischen JournalistInnen 
der Stadt Köln nahelegen wollten, ihren BusfahrerInnen Fremdsprachenkurse als 
qualifizierende Maßnahme anzubieten.

Für Israel-Berichterstattung finde ich es sehr ärgerlich, daß die englische 
Ausgabe von Haaretz großen Teils bezahlt werden muß, da die wenigsten Menschen 
ausreichend flüssig modernes Hebräisch im Internet lesen können, um sich auch 
mal über die Meinung von IsraelInnen zu informieren oder deren Regierung, die 
oft wirklich nicht dasselbe sagen. Zuverlässiges Bashing jeder kleinsten 
Problemlage findet sich auf den entsprechenden pro-palästinensischen Webseiten 
und E-Mail-Listen (z.B. wenn jordanische Grenzbeamte zwei LKWs mit Kartoffeln 
wegen bürokratischer Probleme nicht ins Land lassen, die vorher von den 
israelischen Grenzbehörden problemlos durchgelassen wurden - dann ist 
wahrscheinlich mal wieder Herr Netanyahu persönlich schuld oder wer auch immer).

Für arabische Lektüre empfehle ich vor allem eine genaue medienkritische 
Analyse der gängigen Karikaturen in den meisten arabischsprachigen Zeitungen, 
und zwar immer dann, wenn Judentum oder Israel zur Debatte stehen. Da fange ich 
noch mal ganz neu an, über dänische Zeitungen und Mohammed nachzudenken. (Die 
islamischen Regelungen zur Ethik und Macht der gesprochenen und geschriebenen 
Sprache scheinen jedenfalls nicht immer hinreichend angewendet zu werden.)

Für Russisch wird meistens Kommersant empfohlen. Auch die Prawda existiert 
noch, ein Relikt des Kalten Krieges, die natürlich immer die Wahrheit sagt. 
Wenn die Prawda schreibt, daß ein Hubschrauber abgestürzt ist und das halbe 
Politbüro ausgetauscht werden mußte, dann ist es vermutlich völlig richtig und 
kann empirisch belegt werden, daß ein Hubschrauber abgestürzt ist und das halbe 
Politbüro ausgetauscht werden mußte.

Für Chinesisch ist vermutlich der beste Rat: Immer die 
Regierungsverlautbarungen hören und lesen, weil mensch dann nicht nur die 
offizielle aktuelle Lage kennt, sondern auch genau die Mandarin-Begriffe 
gelernt hat, die im Umgang mit chinesischen BeamtInnen den notwendigen 
Schlüsselreiz auslösen können. Da die US-amerikanischen Behörden natürlich 
keinerlei Industriespionage per Internet betreiben (und geplatzte Deals für 
Airbus auch gar nichts damit zu tun haben, daß Boing deren interne 
Kommunikation genau mitgelesen hatte, nebenbei ein wirtschaftlicher Schaden in 
Milliardenhöhe) und kapitalistische Prinzipien dort sehr wichtig sind, nehme 
ich an, daß die AmerikanerInnen gerade zu Marktbedingungen Solarzellen aus 
China einkaufen. Die massiven Subventionen von Atomkraft und Öl in den USA 
werden langsam einfach etwas teuer.

Als Wörterbücher würde ich vor allem leo.dict 
(dict.leo.org<http://dict.leo.org>) und PONS empfehlen, die beide auch von 
professionellen ÜbersetzerInnen mit entsprechender Ausbildung verwendet werden 
und das Mitschleppen von Wörterbüchern unnötig machen. PONS hat manchmal 
bessere Übersetzungsvarianten, allerdings bietet leo dict auch ein Forum an, wo 
eifrige Freiwillige mehr oder weniger alle Fragen beantworten. Beide Webseiten 
haben Grammatik-Informationen, wenn jemand mal das Verb seoir nicht in allen 
unregelmäßigen Formen erkennen kann, und leo dict hat auch eine Funktion für 
die Aussprache, was gerade bei Sprachen wie Englisch, Russisch und Chinesisch 
weiterhelfen kann. Ich persönlich bervorzuge beim Mich-Vertiefen in komplexere 
Texte in gedruckten Büchern allerdings oft das Wörterbuch aus Papier, ich würde 
auch nicht empfehlen, bei der Beschäftigung mit Gedichten des klassischen 
Chinesisch vor allem im Internet zu arbeiten. Beim Lesen von Texten im 
Internet, z.B. Zeitungsartikeln, ist es allerdings meist bequemer, mal schnell 
auf die Webseite des Online-Wörterbuchs weiterzuklicken.

Natürlich eignen sich zum Sprachunterricht auch die Wikipedia-Artikel der 
entsprechenden Zielsprache, die allerdings manchmal etwas ediert werden müssen, 
weil sie sonst im Unterricht zu schwer zu lesen sind. Über den Slang von 
SoldatInnen der israelischen Armee gibt es zahlreiche Einträge, um nur ein 
Beispiel zu nennen.

Das Gründen von Fernsehstationen zwecks Massenkommunikation ist gerade sehr in 
Mode, der erste spanischsprachige Fernsehsender in den USA ist auf Sendung 
gegangen und Israel möchte eine eigene Version von Al-Jazeera ins Leben rufen. 
Angesichts der Dauerprobleme im Bereich Migration/USA und Politik im Nahen 
Osten eigentlich verwunderlich, daß da noch niemand früher drauf gekommen ist. 
Ich habe hier in Kreuzberg angeregt, türkischsprachige Medien ins Leben zu 
rufen, die ihre Chefredaktion in Berlin haben und nicht in der Türkei.

Ich denke, ich habe die wesentlichen Sprachen abgedeckt, bei Nachfragen über 
weitere Sprachen bitte privat an mich, vielleicht schicke ich die Antwort dann 
für die Information aller Mitlesenden über die Liste.


Mit konstruktivem Blick nach unten noch ein Hinweis auf ein 
Internet-Bildungsangebot für andere Disziplinen. Vermutlich wird da gerade an 
Übersetzungen in andere Sprachen gearbeitet, die dann natürlich auch für den 
Spracherwerb genutzt werden können.

Der Adressat, der als Anti-Apartheids-Held nach vielen Jahren im 
US-amerikanischen Exil nach Südafrika zurückkehrte und dort weiter als 
Professor für Ökonomie an der Universität lehrte, beschäftigt sich inzwischen 
viel mit ehrenamtlichem Consulting für kleinere politische Projekte und 
Unternehmen, die die Menschen in Lohn und Brot bringen und für Bildung und 
Menschenrechte sorgen. Er hat übrigens so gut wie keine Rentenansprüche - seine 
geringe US-Rente geht an den kranken Sohn dort. Bleibt zu hoffen, daß die 
SüdafrikanerInnen ihn dann im hohen Alter bei Krankheit nicht vergessen werden.

Mit freundlichen Grüßen



Naomi Anne Kubota

---------- Forwarded message ----------
From: Naomi Kubota 
<naomi.anne.kubota@xxxxxxxxxxxxxx<mailto:naomi.anne.kubota@xxxxxxxxxxxxxx>>
Date: 2013/3/31
Subject: free online learning
To: Mojalefa Ralekhetho <monahani@xxxxxxxxxx<mailto:monahani@xxxxxxxxxx>>


Dear Mojalefa,


In a recent newspaper article of Die Zeit, I read something on free online 
courses in the internet - which are sometimes designed and taught by professors 
of leading US universities, such as Harvard and MIT.

Here is a list of the relevant websites:

ww.udacity.com<http://ww.udacity.com>

www.coursera.org<http://www.coursera.org>

www.edx.org<http://www.edx.org>

Apparently usually, when you have completed the course, they email you a 
certificate which you can print out and add to your files. Apparently in some 
cases there is a more "certified" exam and certificate which costs 100 Euros, 
but you don't have to take it (and could acquire the knowledge without taking 
this exam and certificate). While most classes are in math, sciences and 
engineering, there are also classes on the history of rock music, Beethoven, 
and Egyptology. Most notably, there is also at least one class on how to set up 
a company.


There is also a German website, some of the classes are in English:

openhpi.de<http://openhpi.de>


I have already mentioned to you the Salman Khan Academy, which seems to be more 
on secondary education (the history classes are disputed):


www.khanacademy.org<http://www.khanacademy.org>


You know, it may be worthwhile setting up a website providing free online 
teaching in Zulu and other South African languages - for instance on the 
history of South Africa, South African law etc. By placing advertisements on 
such a website, you might actually be able to make a lot of money - google is 
completely for free and through advertisements they make loads of money. (I 
happen to think of this as a more worthwhile economic activity than foreign 
currency trading, because you would be helping your country!) There could also 
be English classes for Zulu speakers, or maybe it even makes sense to do films 
teaching reading and writing which can be seen either if someone has access to 
an internet cafe or with an advanced portable phone... (although I figure this 
poses obstacles for many poor South Africans). As investments you only need 
access to a digital camera and someone who writes a website.


Please feel free to forward this message to anyone desiring to improve his or 
her education, especially in Africa.


Best



Naomi


-- 
http://www.inetbib.de


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.