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[InetBib] Kurze Erläuterung zur BGH- Entscheidung "Elektronische Leseplätze" (Begründung liegt nun vor): BGH "I ZR 69/11" vom "16.04.2015"...



Liebe Liste,

die Begründung ist nicht allzu überraschend, gibt uns aber Anhaltspunkte für 
Vergütung und Sorgfaltspflichten der Bibliotheken bei der Leseplatz-Anzeige:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=72304&pos=4&anz=517

Rn.50: Vergütung der usb-Kopien/ Drucke ausschließlich wohl über §§ 53 / 54
Rn.53: Bibliotheken müssen gewisse Vorkehrungen (Kontroll-, Überwachungs- und 
Hinweispflichten) gegen Überschreitungen des "Kopierrechts" nach § 53 UrhG 
treffen

Weitere Hinweise der DBV-Rechtskommission dazu folgen.

50: (6) Die in § 53 UrhG zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkun-gen nach 
Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b der Richtlinie 2001/29/EG aufgeführten 
Vervielfältigungshandlungen sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der 
Europäischen Union nur gestattet, sofern im Einzelfall die in diesen 
Be-stimmungen der Richtlinie normierten Voraussetzungen, einschließlich die 
ei-nes gerechten Ausgleichs für den Rechtsinhaber, erfüllt sind. Entgegen der 
An-sicht der Klägerin erhalten die Rechtsinhaber für die hier in Rede stehenden 
Vervielfältigungen einen gerechten Ausgleich in Form einer angemessenen 
Vergütung. Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, dass es nach § 53 Abs. 1 
bis 3 UrhG vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes gemäß §§ 54 ff. 
UrhG gegen den Hersteller, den Händler, den Importeur und den Be-treiber von 
Geräten und von Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbin-dung mit 
anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme sol-cher 
Vervielfältigungen benutzt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemesse-nen 
Vergütung. Damit ist auch für Vervielfältigungen von nach § 52b UrhG 
zu-gänglich gemachten Vorlagen eine angemessene Vergütung gewährleistet (aA 
Jani, EuZW 2014, 872, 873).

51: (7) Die in § 53 UrhG zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkun-gen nach 
Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b der Richtlinie 2001/29/EG aufgeführten 
Vervielfältigungshandlungen müssen nach der Rechtsprechung des Gerichts-hofs 
der Europäischen Union im Übrigen den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der 
Richtlinie 2001/29/EG entsprechen; folglich darf der Umfang der 
ver-vielfältigten Texte nicht die berechtigten Interessen des 
Urheberrechtsinhabers ungebührlich verletzen. Es ist nicht ersichtlich, dass 
die hier in Rede stehenden Vervielfältigungen diese Anforderungen nicht 
erfüllen. Die zahlreichen ein-schränkenden Voraussetzungen des § 53 UrhG 
hinsichtlich des Gegenstands, des Umfangs und des Zwecks zulässiger 
Vervielfältigungen gewährleisten grundsätzlich, dass der Umfang der 
vervielfältigten Texte die berechtigten Inte-ressen des Urheberrechtsinhabers 
nicht ungebührlich verletzt.

52: bb) Soweit die Nutzer der elektronischen Leseplätze zu einem 
Vervielfäl-tigen der Werke nicht berechtigt wären und das daran bestehende 
Urheberrecht verletzen würden, käme zwar eine Haftung der Beklagten als 
Teilnehmer oder Störer in Betracht. Da die Beklagte gemäß § 52b Satz 1 und 2 
UrhG berechtigt ist, die Werke in der Weise an den elektronischen Leseplätzen 
zugänglich zu machen, dass diese dort ausgedruckt und abgespeichert werden 
können, wür-de sie allerdings nur haften, wenn sie darüber hinaus in anderer 
Weise etwa durch pflichtwidriges Unterlassen - dazu beitrüge, dass Nutzer an 
den elektroni-schen Leseplätzen zugänglich gemachte Werke unbefugt ausdrucken 
und ab-speichern.

53: Betreiber elektronischer Leseplätze sind verpflichtet, die ihnen möglichen 
und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um unbefugte Vervielfältigungen von 
Werken durch Nutzer der elektronischen Leseplätze zu verhindern (vgl. zur 
Haf-tung der Betreiber von Fotokopiergeräten BGH, Urteil vom 9. Juni 1983 - I 
ZR 70/81, GRUR 1984, 54, 55 - Kopierläden I). Eine Haftung der Beklagten käme 
daher etwa in Frage, wenn sie die Nutzer nicht darauf hinwiese, dass sie die an 
den elektronischen Leseplätzen zugänglich gemachten Werke nur unter den - näher 
zu bezeichnenden - Voraussetzungen des § 53 UrhG vervielfältigen dürfen. Ferner 
käme eine Haftung der Beklagten in Betracht, wenn sie nicht durch ihr mögliche 
und zumutbare Maßnahmen dafür sorgte, dass die Nutzer - den Voraussetzungen des 
§ 53 UrhG entsprechend - nur einzelne Vervielfälti-gungsstücke oder kleine 
Teile eines Werkes und keine graphischen Aufzeich-nungen von Werken der Musik 
oder im wesentlichen vollständigen Bücher oder Zeitschriften vervielfältigen. 
Insoweit treffen die Beklagte, die die Möglichkeit zu Vervielfältigungen an den 
elektronischen Leseplätzen schafft, Kontroll- und Überwachungspflichten, um 
eine unbefugte Vervielfältigung von Werken durch Nutzer möglichst weitgehend 
auszuschließen. Darüber hinaus könnte ein Hin-weis der Beklagten an die Nutzer 
geboten sein, dass die aufgrund der Schran-kenregelung des § 53 UrhG erstellten 
Vervielfältigungsstücke gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 UrhG nicht verbreitet werden 
dürfen.



viele Grüße

Armin Talke

DBV-Rechtskommission
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Armin Talke, LL.M.
Fachreferent für Politikwissenschaft / Referent für Rechtsfragen der Benutzung
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