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Re: [InetBib] Was halten Sie davon? Nachtrag



Liebe Liste,

vielen Dank für die Antworten und Hinweise.

Es gibt noch einen zweiten Punkt, bei dem mir der Hut hochgeht. Und nach den 
Hinweis auf die "entgeltliche Leistung" im E-Commerce gleich noch mehr. Ich 
habe ihn nur noch nicht angesprochen, weil ich zuerst einmal wissen wollte, was 
Sie zu den Bildrechten meinen.

Ich verstehe nicht, warum auch Rechte an meinen Produktdaten eingeholt werden 
sollen. Wofür? Ich sehe darin keinen Sinn. Ich meine, jeder macht mal Fehler. 
Und wenn solche Fehler im Ebay-Produktkatalog auftauchen, soll ich dann dafür 
geradestehen? Das wäre ja wohl der Gipfel. Der Katalog gehört zum Kerngeschäft 
von Ebay. Das Unternehmen stellt die Plattform und die Struktur zur Verfügung, 
damit ich besser verkaufen kann. Dafür bezahle ich ja auch eine 
Verkaufsprovision. Und dann darf ich auch noch kostenlos den Produktkatalog 
vervollständigen?? Das gehört doch wohl zur Kundenbindung und ist damit Teil 
des Marketings. Wie haben die den Katalog denn bis jetzt zusammengebastelt? Und 
wer macht die Qualitätskontrolle? Das ist die Aufgabe eines 
Informationsspezialisten, also z.B. eines Bibliothekars oder Dokumentars. Und 
der gehört in das Unternehmen. Dafür kann ich die Verkäufer nicht rekrutieren, 
wie preiswert es auf den ersten Blick auch erscheinen mag. Wenn ich korrekte 
Daten haben will, sehe ich ins Datenblatt des Herstellers. Selbst wenn man nur 
die professionellen Verkäufer zur Katalogvervollständigung heranzieht: Woher 
weiß ich denn, daß z.B. Gebrauchtwarenhändler das Datenblatt konsultiert haben, 
wenn es überhaupt nicht möglich ist, ein solches anzuhängen? Mir als Verkäufer 
ist es schnurz piep egal, woher Ebay seine Daten bezieht, aber ich erwarte von 
dem Katalog (zumal wenn er verpflichtend zu nutzen ist) Qualität.

Und da ich gerade so schön in Fahrt bin, hier noch ein Beispiel, das mir heute 
bei der Katalogisierung eingefallen ist: Ich erstelle ein Angebot, zu dem es 
noch kein Produkt im Produktkatalog gibt. Meine Produktdaten und mein Bild 
werden in den Produktkatalog übernommen. Damit wird mein Bild, für das ich Ebay 
die Nutzungsrechte eingeräumt habe, zum Standardbild. Dummerweise ist mein 
Artikel aber nicht neu, sondern gebraucht. Und für diesen gebrauchten Artikel 
darf ich (zumindest derzeit) laut Ebay-Richtlinie das Standardbild aus dem 
Produktkatalog nicht verwenden. Ich darf also mein eigenes Bild nicht 
verwenden. Die Bildrechte werden aber mit dem Argument eingefordert, daß sie 
danach *allen* Ebay-Nutzern zur Verfügung stehen. Und ich bin doch ein 
Ebay-Nutzer, oder sehe ich das falsch?

Ich kann verstehen, daß Ebay sich absichern möchte gegen Urheberrechtsverstöße. 
Aber wenn das Unternehmen, wie es fair wäre, sich seine Produktdaten und Bilder 
selber zusammensuchen und sich von allen anderen Bildern und Daten auf der 
Plattform distanzieren würde, wäre meiner Meinung nach der selbe Effekt 
erreicht. Es gibt ja schließlich auch noch das Prinzip der stillschweigenden 
Duldung. Z.B. wenn ein Hersteller einen Händler nicht verklagt oder abmahnt, 
weil dieser Händler Produktbilder vom Hersteller verwendet und damit 
Zielgruppen anspricht, die dem Hersteller sonst evtl. durch die Lappen gehen 
würden. Aber dann kommt Ebay, verlangt die Bildrechte, und dann geht der 
Hersteller auf die Barrikaden. Was man ihm ja auch nicht verdenken kann.
Und genau aus diesem Grund frage ich mich, ob da einer bloß nicht nachgedacht 
hat, was er da verzapft, oder ob da vielleicht doch was anderes dahintersteckt.

Liebe Liste,
ich hatte meinen Wutanfall letzte Woche, als ich so richtig darüber nachgedacht 
habe, was die Mitteilung im Newsletter bedeutet. Ist der Wutanfall 
gerechtfertigt? Was meinen Sie?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten.


Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Dürlich

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Thomas Hartmann via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx> schrieb am So, 11.6.2017:

 Betreff: Re: [InetBib] Was halten Sie davon? Nachtrag
 An: inetbib@xxxxxxxxxx
 Datum: Sonntag, 11. Juni, 2017 14:31 Uhr
 
 Sehr geehrte KollegInnen,
 
 die Aufregung darüber wäre bei mir nicht so groß. Weshalb?
 
 Zunächst: Dass an fremden Bildern (fast) keine Nutzungsrechte eingeräumt  und 
diese damit nicht bzw. nur sehr begrenzt verwendet werden können,  ist seit 
langem bekannt. Man kann sich daher über den anhaltenden,  massenhaften 
Bilderklau auf Plattformen wie der bezeichneten nur  wundern, dessen 
Rechtsverfolgung insbes. durch
 Abmahnungen darf gerade  wie die hier versammelten KollegInnen nicht 
überraschen.
 
 Weiter: Ebenfalls an sich nicht sehr überraschend kommt die  Nutzungsvorgabe, 
dass nun auch dieser Plattform Nutzungsrechte an  eigenen Materialien 
eingeräumt werden sollen. Bei Ihrer grundsätzlichen  Frage nach der 
Zulässigkeit "solch einer Praxis" beschäftigen mich neben  den Nutzungsrechten 
an urheberrechtlich geschütztem Material wesentlich  auch der Datenschutz (vgl. 
 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1369_en.htm) - da geht es  neben 
wirtschaftlichen Gütern schließlich zumindest auch um  Perönlichkeitsrechte! 
Prinzipiell sind Sie, Frau Dürlich, frei darin,  sich einen anderen 
Vertragspartner zu suchen, der Ihnen andere  Nutzungsbedingungen anbietet. Das 
ist Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG)  in einer freiheitlichen, als sozialen 
Marktwirtschaft organisierten  Gesellschaft. Ich wundere mich deshalb mitunter 
über entsprechende  Klagen von NutzerInnen bzw. gar deren Schwarzsehen. 
Problematisch kann  es (nur) dann werden, wenn individuell Ihre 
Vertragsfreiheit faktisch 
 bzw. die Nachfrageseite systematisch erheblich eingeschränkt wäre, weil  es 
nur einen bzw. einige wenige Anbieter gibt _und_ für Anbieter mit  anderen 
Konditionen zwar eine ausreichende Nachfrage (bitte jedeR  selbstkritisch 
überprüfen!) bestehen würde, NachfragerInnen wie Sie aber z.Bsp. wegen 
internettypischer Netzwerkeffekte von einem Wechsel  abgehalten werden. Dann 
drohen u.U., um es etwas juristischer zu  formulieren, missbräuchliche 
Verhaltensweisen des/der dominierenden  Anbieter, die regulierungsseitig nicht 
mehr tolerierbar sein können.  Unser in die Jahre gekommenes Kartellrecht wurde 
vor kurzem novelliert, erstmals wurden nun solche Aspekte
 berücksichtigt. Siehe dazu die  BMWI-Themenseite unter  
http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/gwb-novelle.html Wie  weit 
diese Neuregelungen tragen und
 auch konkret durchgesetzt werden  können (z.Bsp. durch eine diskutierte 
Stärkung des Bundeskartellamts),  wird sich zeigen; wir untersuchen u.a. dies 
in diesem Semester z.B. in  einem Forschungsseminar am K.I.T.  
(http://www.zar.kit.edu/490.php?ID=1313). Grundlegender und fachlich  tragender 
angelegt ist insoweit das Weißbuch "Digitale Plattformen"  
(http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2017/20170320-zypries-werte-der-analogen-welt-muessen-auch-in-digitaler-gelten.html).
 
 Praktisch für die NutzerInnen bedeutsam ist auch, dass viele  
verbraucherschützende Vorschriften des E-Commerce (z.Bsp.  Widerrufsrechte für 
VerbraucherInnen) nur für Verträge gelten, die eine  "entgeltliche Leistung" 
zum Gegenstand haben (§ 312 BGB). Ähnlich gelten  auch nutzerschützende 
Vorgaben für den Betrieb von Websites nur für  entgeltliche Angebote (vgl. 
TMG). Entrichten Sie ein Entgelt an Ebay für die Inanspruchnahme dessen 
Dienste, Frau Dürlich? Auf deutscher und auf  EU-Ebene
 wird momentan das (jur. bislang traditionell geprägte)  Verständnis von 
Entgelt auf den Prüfstand gestellt, bzgl. gesetzlicher  Gewährleistung bei Apps 
etc. siehe diese Woche heise online unter  https://heise.de/-3739273; 
vertiefend zur Fragestellung, inwieweit Daten  als Gegenleistung in Verträgen 
über die Bereitstellung digitaler Inhalte 
 zu betrachten sind, kann das BMJV-Auftragsgutachten von Schmidt-Kessel  aus 
2016 empfohlen werden, siehe http://hbfm.link/564 
 Sorry, der Beitrag ist etwas länger geworden, was auch mit der  Komplexität 
von (Internet-)Kartellrecht zu tun haben kann.
  
 ps. Ist der in Bezug genommene Newsletter online abrufbar?
 
 In der Hoffnung, damit das (Selbst-)Bewusstsein der NutzerInnen zu  stärken,
 Thomas Hartmann
 
 
 
 
 Am
 11.06.2017 um 14:08 schrieb K. D. via InetBib:
Liebe Liste,

da mir die Formatierung verlorengegangen
 ist, erlauben Sie mir bitte, meine Frage erneut zu
 stellen.

Wenn man
 das ganze Blabla wegläßt, mit dem mir die Idee im unten
 zitierten Artikel schmackhaft gemacht wird, sind darin nur
 zwei Informationen wichtig:

1. wann wir damit starten, uns die Rechte
 zur Nutzung Ihrer Bilder und Produktinformationen
 einzuholen
2. Verkäufer, die in ihren
 Angeboten Bilder verwenden, die sie weder eBay noch anderen
 eBay-Verkäufern zur Verfügung stellen möchten oder
 können, sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu
 einstellen.

Es
 stellt sich mir die Frage, warum das Unternehmen plötzlich
 meine Bildrechte verlangt. Vorher ging es doch auch ohne.
 Zumal die Ankündigung nach flächendeckender
 Rechteeinholung klingt. Was wollen die mit so vielen
 Bildern, wenn eh nur ein einziges im Produktkatalog
 erscheint?

Spielen
 wir die Möglichkeiten doch mal durch:

 Nehme ich ein fremdes Bild, habe ich in absehbarer Zeit eine
 Klage am Hals. Dann muß ich Ebay natürlich mitteilen, daß
 ich nicht berechtigt war, das Bild einzustellen. Und dann
 verklagt mich Ebay ebenfalls, weil ich falsche Angaben
 gemacht habe.
Ich werde mich also
 schwer hüten, fremde Bilder einzustellen. Soweit so gut.
 Stelle ich aber meine eigenen Bilder ein, habe ich genauso
 die A...karte gezogen. Wenn ich Ebay wäre, würde ich
 folgendermaßen vorgehen:
Ich lasse mir
 unbefristet das ausschließliche Nutzungsrecht an den
 hochgeladenen Bildern einräumen. Mit dem Argument, daß ich
 meinen Katalog ausbauen will und die Bilder allen
 Ebay-Nutzern zur Verfügung stehen, bekomme ich sie sogar
 noch kostenlos.
Nach einer angemessenen
 Frist (sprich wenn schon viele Bilder hochgeladen wurden)
 suche ich nach ähnlichen Bildern. Und da ich das
 ausschließliche Nutzungsrecht habe, geht es um alle Bilder,
 die meinem optisch (!) ähnlich sind. Preisfrage: Wo finde
 ich solche Bilder? Genau! Auf den Webseiten des Online-Shops
 eines gewerblichen Händlers bzw. auf Konkurrenz-Plattformen
 von Ebay.
Und dann fange ich an,
 Mahnungen zu schreiben. "Bitte entfernen Sie Bild xy,
 sonst..."
Da ein Anbieter aber
 weiterhin auch woanders verkaufen möchte, ändert er das
 Bild – und stellt fest, daß ihm ziemlich schnell die
 Ideen ausgehen. Ich kann einen Artikel, den ich verkaufen
 möchte, nunmal nur so darstellen, wie er ist. Da bleibt
 nicht viel gestalterischer Spielraum. Um Ärger aus dem Weg
 zu gehen, werden viele dann wahrscheinlich wirklich nur noch
 bei Ebay verkaufen. Und damit ist doch das Ziel erreicht.
 Oder sehe ich hier zu schwarz? Gibt es eine Regelung, die so
 eine Praxis unterbindet?

Vielen Dank für Ihre Antworten.

Mit freundlichen
 Grüßen,
Katrin Dürlich



 --------------------------------------------
K. D. via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
 schrieb am Fr, 9.6.2017:

   Betreff: [InetBib] Was halten Sie
 davon?
   An: "inetbib@xxxxxxxxxx"
 <inetbib@xxxxxxxxxx>
   Datum: Freitag, 9. Juni, 2017 12:52
 Uhr
   
   Liebe
 Liste,
   
   es
 interessiert mich brennend, was Sie davon halten. Im
 Ebay-Newsletter heißt es zur Nutzung von Bildern:
   
   "Der
 eBay-Katalog ist eine Datenbank von Millionen von Produkten,
 die über die eBay-Websites verkauft werden. Wir verbessern
 diesen Katalog kontinuierlich, um das Verkaufen bei eBay
 immer einfacher und erfolgreicher zu machen.

Viele unserer neuen
 Maßnahmen zum Bewerben von Angeboten wie die kuratierten
 Kategorieseiten oder unsere Produktbewertungen und
 Rezensionen wären ohne den eBay-Katalog nicht möglich.

Diesen Herbst geben
 wir Ihnen detaillierte Informationen, wann wir damit
 starten, uns die Rechte zur Nutzung Ihrer Bilder und
 Produktinformationen einzuholen. eBay lädt die
 Artikelbilder und Informationen im eBay-Katalog hoch. Damit
 kann jeder Verkäufer für seine Angebote auf qualitativ
 hochwertige Bilder und aussagekräftige Produktinformationen
 zugreifen und sie für Käufer attraktiver machen.

Umgang mit Bildern,
 deren Nutzungsrechte nicht an eBay weitergegeben werden
 können
Verkäufer, die in ihren
 Angeboten Bilder verwenden, die sie weder eBay noch anderen
 eBay-Verkäufern zur Verfügung stellen möchten oder
 können, sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu
 einstellen.
Wenn Verkäufer in ihren
 Angeboten Bilder verwenden, die restriktiven Nutzungsrechten
 unterliegen, müssen Sie sie die Nutzungsbedingungen mit dem
 Inhaber der Rechte neu verhandeln, bevor sie diese Bilder in
 ihren Angeboten hochladen."
   
   Warum verlangt das Unternehmen
 plötzlich meine Bildrechte? Vorher ging es doch auch
 ohne.
   
  
 "... sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu
 einstellen." -> Wann wird aus dem
 "sollten" ein "müssen"? Das brisante
 daran ist aus meiner Sicht, daß es in bestimmten Bereichen
 Pflicht ist, den Ebay-Katalog zu verwenden, daß aber für
 gebrauchte Artikel das Bild aus dem Ebay-Katalog nicht
 verwendet werden darf.
   
   Wie beurteilen Sie die Situation? Ist
 das angedachte Vorgehen legitim oder eher dreist?

 
 


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.