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Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d UrhG)



Guten Morgen Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Röpke,

besten Dank für den Hinweis auf diesen Artikel, in dem detaillierter TDM, dessen urheberrechtlichen Einzelheiten und eher politische Einordnungen vorgestellt werden. Über den angesprochenen Ausweg, Datencorpora eher segmentiert bzw. sequentiell zu nutzen, und damit eventuelle vereinzelte Urheberrechtsbarrieren technologisch zu umgehen, haben wir auch schon nachgedacht; generell erscheint es natürlich nicht wünschenswert, einzelne Methoden oder Tools in einem Innovationsfeld wie TDM speziell bzw. "nur" vorauseilend wegen eventueller Urheberrechtsunklarheiten zu empfehlen.

Ich möchte dazu aufrufen, sich zuerst nur zwei Grundprinzipien des Urheber- und Immaterialgüterrechts zu vergegenwärtigen:

1.) Daten sind urheberrechtsfrei (!)

2.) "Das TDM selbst ist in der Regel keine urheberrechtsrelevante Handlung" (!), Quelle: Artikel

Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass die dem TDM zugrunde liegenden Daten- und Textcorpora von unseren öffentlichen Einrichtungen regelmäßig umfassend eingekauft werden, sollten wir nicht unreflektiert urheberrechtlich schmale Argumente v.a. der Rechteinhaber annehmen, die ihren Ursprung vor vielen Jahrzehnten haben. Die in dem Artikel näher besprochenen Bestimmungen bringen Komplexität und Unsicherheit für die Anwender/innen mit sich, welche die Nutzung von TDM behindern kann (denken Sie nur an andere "Vorbilder" wie Zweitveröffentlichungsrechte, elektronische Leseplätze).

Das ist keine Kritik speziell an dem Artikel, in dem die Autoren/innen immerhin stellenweise - wenn auch vorsichtig - konstatieren, dass die Sache "schief" liege. Grundlegender positioniert sich (generell zum Urheberrecht) das vor wenigen Tagen von einer interdisziplinären Forschergruppe veröffentlichte "Urheberrecht 2030– Memorandum zur Zukunft des kreativen Ökosystems in Europa", siehe https://eu2020-bmjv-intellectual-property.de/storage/documents/Copyright_2030_de.pdf

Viele Grüße, Thomas Hartmann (FIZ Karlsruhe)


Am 09.11.2020 um 21:58 schrieb Röpke, Jörg via InetBib:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hiermit möchte ich Sie auf den Artikel "Abgeleitete Textformate: Text und Data Mining mit urheberrechtlich 
geschützten Textbeständen", erschienen in der "Zeitschrift für digitale 
Geisteswissenschaften" (ZfdG), aufmerksam machen.

http://dx.doi.org/10.17175/2020_006

Das "Text und Data Mining" (TDM) mit urheberrechtlich geschützten Texten unterliegt trotz der TDM-Schranke (§ 60d UrhG) weiterhin 
Einschränkungen, die u. a. die Speicherung, Veröffentlichung und Nachnutzung der entstehenden Korpora betreffen und das volle Potenzial des TDM in den 
Digital Humanities ungenutzt lassen. Als Lösung werden "abgeleitete Textformate" vorgeschlagen: Hier werden urheberrechtlich geschützte 
Textbestände so transformiert, dass alle wesentlichen urheberrechtlich relevanten Merkmale entfernt werden, verschiedene einschlägige Methoden des TDM 
aber weiterhin zum Einsatz kommen können. Bibliotheken und Archiven kommt hierbei eine zentrale Rolle bei der Etablierung abgeleiteter Textformate zu, weil sie 
rechtmäßigen Zugang zu umfangreichen urheberrechtlich geschützten Textbeständen haben.

Grüße

Jörg Röpke
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