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Re: Anfrage: Co-Autorenschaft bei wiss. Publikationen



Sehr geehrter Herr Dr. Graf,

wie Sie sich erinnern hatten wir diese Problematik schon einmal in
ähnlicher Form.

Klaus Graf wrote:

> Joachim.Lerchenmueller <Joachim.Lerchenmueller _at__ ul.ie> fragt nach
> kontinentaleuropaeischen Parallelen zu Bestrebungen in Irland:
>
> "An den nicht-naturwissenschaftlichen Fakultaeten irischer
> Universitaeten
> wird die Tendenz offensichtlich staerker, die Publikationspraxis
> naturwissenschaftlicher Forschungsgruppen und -labors zu kopieren, d.h.
> von Magistranden und Doktoranden wird verlangt, den/die Supervisor(s)
> als Mit-Autor(en) zu nennen, auch wenn kein (nennenswerter)
> intellektueller Input dieser Person(en) vorliegt."
>
> Solche Bemuehungen im geisteswissenschaftlichen Bereich sind mir aus
> Deutschland nicht bekannt. Vor allem bei den Dissertationen ist mir
> dergleichen noch nicht begegnet.

Bei Dissertationen scheint mir die Sachlage noch eindeutiger zu sein als
bei Magister- oder Diplomarbeiten. Man kann doch nicht behaupten, dass ein
Doktorvater keinen Anteil an einer Arbeit hat, wenn er sie über
durchschnittlich drei Jahre betreut. Dass diese Betreuung sehr
unterschiedlich sein kann ist eine Frage für sich. So ist es kein
Geheimnis, dass Nobelpreisträger nicht selten Nobelpreisträger
hervorbringen. Diesen Vorgang zu kriminalisierne wäre keine gute Idee.

> Hilfreich sind aber vielleicht einige Saetze zur Frage, ob dem Betreuer
> einer universitaeren Abschluss- oder Pruefungsarbeit
> (Magister/Magistra-, Diplomarbeiten usw.) Rechte an dieser zustehen.
>
> Ein online zugaengliches Merkblatt der Univ. Karlsruhe zu "externen"
> Diplomarbeiten (von 1998) stellt dazu zutreffend fest:
>
> "Die von allen einschlägigen Prüfungsordnungen geforderte selbständige
> Bearbeitung des Themas einer Diplomarbeit schließt das Entstehen eines
>      Miturheberrechtes des betreuenden Professors selbst dann aus, wenn
> von diesem (wesentliche) Anregungen für die Arbeit gegeben wurden. Eine
>      Betreuungsleistung, die einen urheberrechtlich relevanten Beitrag
> darstellte, wäre mit dem Wesen einer Diplomarbeit als Prüfungsleistung
> nicht vereinbar."
>
> http://www.verwaltung.uni-karlsruhe.de/abt/h1/extdipl.htm#D
>
> Siehe auch das Muenchner Merkblatt:
> http://www.e-technik.fh-muenchen.de/studium/diplomarbeit/
>

Hinsichtlich der Magister- bzw. Diplomarbeiten ist es richtig, dass die
Betreuung während der zeitlich begrenzten Arbeit sicher nicht so intensiv
ist (bzw. sein sollte) wie bei einer Dissertation. Trotzdem gibt es
natürlich auch hier Hilfen, die keinesfalls gegen den Grundsatz der
selbständigen Arbeit verstoßen, der sich ja auf fremnde Hilfe bezieht. Der
Betreuer weiß ja welche Hilfen (Arbeitsbedingungen, Bibliothek, Labor,
Seminare, Diskussionen etc.) er direkt oder indirekt zur Verfügung stellt,
und muss dies bei der Notengebung auch berücksichtigen. Schon die
Vorbereitung im Studium ist doch nichts anderes als eine Hilfe, von der wir
doch hoffen wollen, dass sie sich in der Qualität der abschlussarbeit
niederschlägt.

> Zur gedruckten Literatur sei verwiesen auf:
> Winfried Veelken: Schutzrechtsfragen im Hochschulbereich - Studien- und
> Diplomarbeiten, in: Wissenschaftsrecht 26 (1993), S. 93-134
> Peter W. Heermann: Der Schutzumfang von Sprachwerken der Wissenschaft
> und die urheberrechtliche Stellung von Hochschulangehörigen, in: GRUR
> 1999, S. 468-476
>
> Natuerlich steht der Kandidat (die Kandidatin) in einem schwierigen
> Abhaengigkeitsverhaeltnis, das ihn fuer solche unberechtigten
> Forderungen gefuege machen kann. Aber von der deutschen Rechtslage
> (Hoschschul- und Urheberrecht) her sind solche Zumutungen klar
> abzuweisen. Abschlussarbeiten sollen selbstaendig erstellt werden, und
> jeder Kandidat muss das Recht haben, ein Thema zu erhalten, bei dem er
> ueber seine eigene Leistung uneingeschraenkt verfuegen kann. Er darf in
> keinem Fall gezwungen werden, eine privatrechtliche Vereinbarung ueber
> die Abtretung von Nutzungsrechten an den Lehrstuhl (diskutiert bei
> Veelken aaO) unterzeichnen zu muessen.

Das eigentliche Problem liegt darin, dass Magister- und Diplomarbeiten
eigentlich nicht das Niveau haben, publiziert zu werden. Damit würde sich
auch die Frage der Co-autorschaft erübrigen. Da aber so manche Magister-
bzw. Diplomarbeit so mancher Dissertation kaum nachsteht, ergibt sich hier
ein Problem. Aber gerade bei diesen Arbeiten ist die Frage, ob der oder die
Betreuer/in hier nicht erheblichen Anteil hatte. So könnte eine
publikationswerte Arbeit durchaus nur zu einem Gut führen. Ich habe
andererseits auch schon Bücher gesehen, die aus Diplomarbeiten
hervorgegangen sind, die besser nicht erschienen wären - dort hatten die
Betreuer auch keine Co-Auteroschaft.

> Dr. Klaus Graf, Universitaet Freiburg
> http://www.uni-koblenz.de/~graf

Der Trend scheint mir klar und eindeutig - auch für Deutlschland. Die
Publikationen aus Ausbildungseinrichtungen haben schon heute zunehmend
mehrere Autoren.

MfG

Umstätter


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