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Re: Just-in-time-Mentalität bei Studenten



Liebe Frau MacKenzie, liebe Liste,

> sicher sind wir nicht alleine mit dem Problem "Wie vermittle ich
> Informationskompetenz an Hochschulstudenten?". Oder seien wir
> ehrlicher: "Wie kann ich die Studierenden  dazu bringen, sich
> zumindest minimal über die einfache Suche nach Büchern und
> Zeitschriften im OPAC zu informieren, damit unser Thekenpersonal nicht
> 3.000 Einzeleinführungen machen muss?"
Das Problem ist meiner Beobachtung nach sehr verbreitet und ich sehe
nur eine Loesung: die staerkere Einbindung in das jeweilige
Curriculum. Durch mehr oder weniger verbindliche Veranstaltungen
erreichen wir nur die Studierenden, die im Zweifelsfall auch ohne uns
zurechtgekommen waeren, und auch die erreichen wir nicht mit der
hoechstmoeglichen Intensitaet.

> Auch wir sind die diversen steinigen Wege von reinen
> Bibliotheksveranstaltungen über integrierte Module in den Grundkursen
> mit möglichst aktiver Mitarbeit der SeminarleiterInnen gegangen.
> Letzteres ist allerdings selten gelungen; die Seminarleiter lassen uns
> meistens reden, haken nicht ein, stellen keine animierenden Fragen und
> wollen nur wissen, wie lang das Ganze dauern wird (Antwort: 45 Minuten
> incl. Führung durch die Bibliothek).
Das sieht fuer mich so aus, als gaeben die Lehrenden von ihrer
Lehrzeit ab, vielleicht bereitwillig, vielleicht zaehneknirschend,
aber jedenfalls nicht mit der noetigen Einsicht in die Notwendigkeit
und damit auch nicht mit dem noetigen Nachdruck.

Der Sinn einer Bibliotheksveranstaltung erschliesst sich Studierenden
nun einmal leichter, wenn der Professor sagt: *Um bei mir einen
Schein zu bekommen, muessen Sie ein Referat schreiben. Um dieses
Referat schreiben zu koennen, muessen Sie die
Bibliotheksveranstaltung erfolgreich absolvieren.* Versuchen Sie doch
zunaechst einmal, einzelne Lehrende zu solchen Aeusserungen und
Handlungen zu bewegen.

Danach befragen Sie die Lehrenden nach dem Erfolg und ihrer
Zufriedenheit: *Sind die Referate besser geworden in Hinsicht auf die
Bibliothekskompetenz?*.

Die naechste Stufe ist ein halber Schein: Prof.: *Sie bekommen den
Schein fuer diese Veranstaltung, wenn Sie ein Referat schreiben und
eine Rechercheuebung in der Bibliothek absolvieren.* Wenn Sie diese
Uebung selbst konzipieren, durchfuehren und bewerten, ist Ihre
Bibliothek eine teaching library - und die Studierenden sind hoch
motiviert.

Das Ziel kann ein ganzer Bibliotheksschein sein, der in der
Pruefungsordnung vorgeschrieben ist, oder entsprechende credit
points.

Das Ganze ist ein langwieriger und muehseliger Prozess, denn nicht
alle Lehrende werden den Sinn dieses Eingriffs in ihre Lehrfreiheit
einsehen und ihn zulassen. Freuen Sie sich, dass Sie schon breit in
den Einfuehrungsveranstaltungen verankert sind, das ist auch noch
nicht vielen Bibliotheken gelungen.

> Genug gejammert: Sind die von vielen Bibliotheken eingesetzten
> Online-Tutorials die Antwort und wenn ja, müssen diese medientechnisch
> anspruchsvoll sein oder haben Sie mit statischen Screenshot-Modulen
> auch Erfolg?
Eine schlichte serioese Gestaltung erreicht das Ziel mE eher als der
Versuch Videospielen Konkurrenz zu machen. Die Interaktivitaet und
insbesondere eine Datenbankanbindung erfordern einen erhoehten
Betreuungsaufwand.

Das Problem der mangelnden Einbindung ins Curriculum haben Sie
allerdings ungeachtet des Aufwands mit einem Tutorial nur verschoben:
Die Studierenden, die nicht zu Ihrer Veranstaltung kommen, werden
auch nicht das Tutorial bearbeiten. Die, die jetzt bei den
Veranstaltungen nicht aktiv mitmachen, werden das Tutorial vielleicht
beginnen, aber dann abbrechen. Wenn es einen Schein gibt, werden alle
Studierenden das Tutorial absolvieren und es liegt in Ihrer
Verantwortung als Bibliothekslehrende Ihre Lehre so zu gestalten,
dass den Lernenden das Lernen leicht gemacht wird.

> Wir sind dabei, viel Zeit in die Produktion eines solchen
> Tutorials zu investieren und hätten gern von anderen gehört,
wenn ich Sie dabei unterstuetzen kann, nehmen Sie doch mit mir direkt
Kontakt auf.

> ob wir
> unsere Abende und Wochenenden vielleicht doch lieber im Biergarten
> verbringen sollen!
Ein Tutorial und auch eine guided tour sind auf jeden Fach ein gutes
Mittel zur Oeffentlichkeitsarbeit. Ansonsten sehe ich die
Alternative: Biergarten oder credit points.

Herzliche Gruesse
Detlev Dannenberg

LIK-Spruch des Tages:
Die Liebe zum Lernen ist der Weisheit verwandt.
                Konfuzius


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Detlev Dannenberg -
Tel.: 040 42875 3673

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