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AW: AW: Kummer - Dietz



Lieber Herr Dietz,

die rechtliche Lage läßt sich nur darlegen nach Kenntnis dessen, was der
Autor mit dem Verlag abgemacht hat, welche urheberrechtlichen Nutzungsrechte
er an den Verlag abgetreten hat.
Wenn der Autor dem Verlag ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt hat, hat
der Verlag das Recht den Artikel abzudrucken, der Autor kann daneben auch
andere Publikationen jederzeit in die Wege leiten. Das mag der Verlag als
unfair empfinden und künftig sein Verhalten gegenüber diesem Autor ändern,
aber das ist so. Wenn hier der Verlag Nachdruckrechte vor Ablauf der
Jahresfrist vergeben möchte, hat er den Autor zu konsultieren. Dieser hat ja
möglicherweise ein Interesse daran, nur in einem bestimmten fachlichen
Umfeld seinen Beitrag platziert zu sehen und will daher den Nachdrucken in
fachfremden Bereichen widersprechen. Diese Variante ist also allen Autoren
wärmstens zu empfehlen.
Die Verlage lassen sich daher meist ein "umfassendes und ausschließliches"
Nutzungsrecht einräumen. Dann kann der Verlag von sich aus Nachdruckrechte,
auch in fachfremde Bereiche, vergeben, er braucht vor Ablauf der Jahresfrist
den Autor nicht mehr zu befragen. Diese Variante ist weniger zu empfehlen
und wenn ein Autor sich stark genug fühlt, sollte er bei der
Manuskriptzusendung durchaus mitteilen, dass er nur ein einfaches
Nutzungsrecht einzuräumen bereit ist. Es wäre dann Sache des Verlags, aus
diesem Grund eine Annahme/Veröffentlichung abzulehnen. Merke: Allgemeine
Geschäftsbedingungen können durch Einzelvereinbarung teilweise oder ganz
abbedungen werden.

Ich kann im Moment nicht prüfen, ob im Impressum von BuB etwas über die
Rechte an eingereichten Manuskripten steht. Selbst wenn dort etwas über
"umfassendes und ausschließliches" Nutzungsrecht steht, ist uns nicht
bekannt, ob der Autor Änderungen/Abbedingungen etwaiger Formulierungen
vereinbart hat.
Wenn der Autor ein "umfassendes und ausschließliches" Nutzungsrecht
vereinbart hat (weil man als unkompliziert handelnder Autor an nichts
nachteiliges denkt),kommt er um die Einhaltung der Jahresfrist nicht herum.
Andererseits stellt sich die Frage, was passiert, wenn er gleichwohl ein
andere Veröffentlichung herbeiführt. Dann hätte er zumindest die Kosten
einer anwaltlich betreuten Abmahnung zu erstatten, wenn solches erfolgen
sollte. Einen wirtschaftlichen Schaden dürfte er zwar auch zu erstatten
haben, hier befände sich der Verlag aber wohl in Beweisnot, worin und in
welcher Höhe dieser denn bestehen könnte bei einem solchen Beitrag, nachdem
das Heft den grundabsatz gefunden hat. Aber zur Vertragsuntreue raten
sollten man wohl generell nicht, wo käme ich als Jurist da hin (z.B. Sie
brauchen meine Bibliotheksordnung nicht einhalten, die ist nur für mich).

Bleibt die Variante mit dem "ein bisschen" umschreiben oder erweitern.
Leider kommt dieses gelegentlich vor, dass Autoren den gleichen Beitrag mit
kaum verändertem Titel und wenig verändertem Inhalt in eine andere
Zeitschrift/Medium bringen. Solchen Autoren kommen sie rechtlich kaum bei.
Was der Verlag für eine identische Publikation hält, gibt der Autor als eine
für einen besonderen, anderen Leserkreis zugeschnittene und angepasste
Version aus. Wenn die Veränderungen "nur ein bisschen" sind (die
"Umgehungshöhe" offensichtlich und ohne besondere Leistung ist), hätte ich
eher Sympathie mit der Verlagsansicht. Das Problem ist also theoretisch
einfach zu lösen, wo das "bisschen" verlassen und die "erheblich abweichende
Version" erreicht wird, ändert sich die urheberrechtliche Position der
Beteiligten. Wo diese theoretische Grenze überschritten wird, könnten wir
aber nur am praktischen Beispiel heiß diskutieren.
Wie lautet der Spruch: Vor Gericht und auf Hoher See, sind wir alle in
Gottes Hand. Das ist kaum tröstlich, aber unser Beispiel zeigt, dass weder
Juristen noch andere (z.B. "Sachverständige") immer genau sagen können, was
weiß und was schwarz ist. Und das kann sich mit den Jahren auch ändern,
siehe z.B. die Begriffe Kunst und Pornografie vor verschiedenen Gerichten.
Wir können auch einfach (mit) Grönemeyer fragen: wann ist ein Mann ein Mann?

Einen schönen Abend

Dietrich Pannier



> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: owner-inetbib _at__ ub.uni-dortmund.de
> [mailto:owner-inetbib _at__ ub.uni-dortmund.de]Im Auftrag von Karl Dietz
> Gesendet am: Mittwoch, 18. Juni 2003 13:53
> An: Internet in Bibliotheken
> Betreff: Re: AW: Kummer
>
> Lieber Herr Pannier,
>
> ganz herzlichen Dank für ihre weitere Klarstellung der rechtlichen
> Lage.
>
> Konkret nachgefragt: Dem Autor (m/w) kann ja niemand sein
> Urheberrecht wegnehmen, aber wie sieht es mit dem Recht auf
> Veröffentlichung aus? Kann der Autor in diesem spez. Fall, einfach
> seinen Artikel auch hierher senden, oder ins Netz stellen? Oder
> muss er ein Jahr abwarten...
>
> noch: und wie sähe es aus, wenn er den Artikel einfach "ein
> bisschen" umschreibt und eventuell erweitert. Wie sieht die
> rechtliche Lage dann aus? bzw. ab wann ist ein neuer Artikel ein
> neuer Artikel...
>
> --
> MfG, Karl Dietz
> http://www.karldietz.de
>
> ps
> ...vielleicht geh ich ja doch einfach in die Gmünder StadtBibliothek
> und les' den Artikel dort - und mach gleich eine Privatkopie... :))
>
> pss
> herr müller riet frau löw ...:))




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