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DBI-Nachfolge Teil 1



(Diese Mail geht an mehrere Listen und an die angesprochenen 
Vorsitzenden. Mehrfachempfang wolle der Bedeutung und Dringlichkeit 
des Themas wegen freundlichst entschuldigt werden. Der Laenge der 
Mail wegen musste sie fuer INETBIB zweigeteilt werden.)


Sehr geehrte Frau Sprecherin der Bundesvereinigung
Deutscher Bibliotheksverbaende e. V.,

sehr geehrte Frauen und Herren Vorsitzende der Vereine und
Verbaende des Bibliothekswesens im deutschsprachigen Raum,

Werte Kolleginnen und Kollegen!


Puenktlich wie gewohnt zu Beginn der letzten Monatswoche kam auch im 
vergangenen Oktober der "BILIOTHEKSDIENST" mit seinem neusten Heft, 
1999/10. Ganz selbstverstaendlich, so als wuerde sich nie etwas aendern 
koennen -  waere nicht auch fuer alle jene, die nicht via Internet die 
Entwicklung verfolgt oder aus anderer Quelle darueber erfahren hatten, 
auf S. 1737 - 1739 zu lesen, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin einen 
Monat zuvor, am 23. September, die Aufloesung des Deutschen
Bibliotheksinstituts beschlossen hatte, mit Inkrafttreten des Gesetzes 
am 1. Januar 2000. "Wir haben die feste Absicht, den BIBLIOTHEKSDIENST 
mit hoechster Prioritaet so lange weiterzufuehren, wie die personelle 
und technische Infrastruktur es erlaubt, d. h. wenn moeglich bis Ende 
2002", verlautet es aus dem DBI-Teams am Ende der S. 1739, freilich 
ohne eine Garantie geben zu koennen, dass dies bis zum genannten 
Zeitpunkt - dem Ende der vorgesehenen dreijaehrigen Abwicklungsfrist -
auch tatsaechlich wuerde durchfuehrbar sein.

  "Es kommt einem Treppenwitz der Geschichte gleich, dass dieses
   hochleistungsfaehige Serviceunternehmen, um dessen Etablierung
   jahrzehntelang gerungen wurde, zu einer Zeit von der Schliessung 
   bedroht ist, in der es fuer die Entwicklng des deutschen 
   Bibliothekswesens dringend benoetigt wird. Von der Koordinierung im 
   europaeischen und internationalen Rahmen bis zur Bibliotheksarbeit 
   fuer Jugendliche, von der SUBITO-Betreuung bis zur Initiative fuer 
   die Vernetzung Oeffentlicher Bibliotheken -  diese und viele andere 
   Leistungen mehr wurden und werden fuer das deutsch Bibliothekswesen 
   vom DBI zentral erbracht, und man fragt sich, wie dies alles ohne 
   ein DBI geschehen kann" 

schrieb Dr. Georg Ruppelt von der HAB, Wolfenbuettel, als damals noch 
amtierender DBV-Vorsitzender im Vorwort zum DBI-Arbeitsbericht 
1996/1997, der im April 1998 erschienen war.

Eineinhalb Jahre danach, am 1. September 1999, sah sich im benachbarten 
Braunschweig Herr Eversberg veranlasst, in die INETBIB-Liste zu gehen:

   > So traurig und bedauerlich die ganze Angelegenheit auch ist, 
   > und so sehr man es beklagen kann, dass die Bibliothekswelt sich 
   > nicht genuegend ins Zeug legte bzw. alle Bemuehungen
   > nichts fruchteten, so wird es jetzt doch notwendig sein,
   > dass die Betroffenen, also wir alle, nun rechtzeitig ueber
   > die naechsten Schritte informiert werden, sobald sie sich
   > abzeichnen.

   > Aber konkret:
   > Wie ist es z.B. mit dem VK - wie lange wird's den noch
   > geben? Und was wird aus dem "Bibliotheksdienst"? Wann wird
   > was passieren mit der ZDB, und was genau?

"... rechtzeitig ueber die naechsten Schritte informiert werden, 
sobald sie sich abzeichnen ...",  _das_  ist uns bisher vorbehalten
worden, denn ausser Beteuerungen zahlloser" Interventionen haben wir 
so gut wie nichts erfahren, was konkret im Laufe eben dieser 
kritischen eineinhalb Jahre seitens der Verbaende geschehen ist, 
und ueberhaupt nichts, was die Verantwortlichen nun zu tun gedenken, 
also "die naechsten Schritte".

Was jedenfalls _nicht_ hingenommen werden kann, ist ein "Abschmettern"
berechtigter Einwaende aus dem Kreise der Betroffenen  - siehe Abs. 1, 
Zeile 5 des vorstehend zitierten Auszugs aus der Eversberg'schen Mail 
vom 1. September: "... die Betroffenen, also wir alle ..."), 
wie es als Reaktion auf meine Mail vom 15. September "Fuer das DBI ..." 
(Anhang, Link 1) durch die Frau Vorsitzende des VdDB (Link 2 und meine 
Replik dazu Link 3) geschah und wie es aehnlich kuerzlich (am 4. d. M.) 
im Rahmen der Debatte ueber die Auswahlpraxis fuer den Tagungsband zum 
diesjaehrigen Bibliothekartag mit der gemeinsamen Erklaerung der 
"beteiligten Personalverbaende (VdDB und VDB)" der Fall war (Link 4).
Bemerkenswert und nach meinem Dafuerhalten grundsaetzlich abzulehnen 
ist in dieser Erklaerung der Satz
   "Kritik an der Auswahl sollte daher an die Herausgeberin direkt 
    und nicht an eine Diskussionsliste geschickt werden"
aus Punkt 2 der Erklaerung, verbirgt sich dahinter doch ein Bestreben 
nach Reglementierung, das dem Prinzip offener Diskussionslisten 
zutiefst entgegensteht. 

In Frau Prof. Dankerts Statement
    "Bibliotheksmanagement im Dritten Jahrtausend : ein Ausblick 
     auf die Herausforderungen der Zukunft" 
<http://www.bdbverband.de/bibliotheksmanagement/bibliotheksmanagement.html> 
(undatiert und auch ohne Angabe des Anlasses; eine DOBINET-Suche ergibt, 
dass die Seite im Schnelldienst unter dem Aufnahmedatum 19. Mai 1999 
aufscheint, womit zumindest ein Zeitpunkt ante quem gegeben ist)
wird das DBI wie folgt erwaehnt:

>   Nicht übersehen werden darf die Tatsache, daß nicht
>   wenige der vermeintlich fachlichen Probleme in Wirklichkeit
>   politische Konflikte signalisieren. So verbirgt sich hinter
>   dem Desaster des Deutschen Bibliotheksinstituts eine
>   politisch motivierte Verunsicherung der
>   Bund-Länder-Verantwortung und -Finanzierung von
>   zentralen Aufgaben des deutschen Bibliothekswesens.

wobei die Verwendung des Begriffs "Desaster" zum _damaligen_ Zeitpunkt
IMHO doch sehr befremdlich ist, passt es doch kaum dazmit zusammen, 
dass im 

    "Konzept ueber unverzichtbare ueberregionale bibliothekarische 
     Serviceleistungen" vom 5. April 1998

der Ad-hoc-AG "Zukunft des Deutschen Bibliotheksinstituts" der 
Staendigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik 
Deutschland immerhin von  _zwei_  Alternativen zu lesen war, 
deren eine, die von der Arbeitsgruppe favorisierte Alternative A, 
eine "rechtlich selbstaendige eigenstaendige Einrichtung" vorsah 
und es in der abschliessenden Empfehlung hiess:

>   Die Arbeitsgruppe empfiehlt somit, künftig eine zentrale,
>   spartenübergreifende und gesonderte Einrichtung mit dem Profil 
>   einer Informations- und Serviceagentur für das deutsche 
>   Bibliothekswesen zu schaffen und zu diesem Zweck die 
>   Alternative A, also die Errichtung einer rechtlich selbständigen 
>   Institution, zu betreiben.
<http://www.berlin.de/new/Land/Senat/SenWFK/kult/kreise/dbi/Konzept_Endfassung.html>

Am 22. September setzte ich hiezu in die Listen (Link 3):

> Im April ds. Js. wurde bekannt, dass die KMK-Amtschefkonferenz 
> ihre Entscheidung fuer das Konzept der Ad-hoc-Arbeitsgruppe vertagt 
> hatte, was unter der URL
> <http://www.dbi-berlin.de/dbi_inf/presse/dbifutur.htm>
> zu lesen steht. Alle fuehrenden Funktionaere unserer Verbaende muesaen
> sich fragen lassen, was der Grund dafuer war, dass nicht spaetestens 
> bei dieser sich direkt aufdraengenden Gelegenheit mit allem Nachdruck
> offensiv an die Oeffentlichkeit gegangen worden ist, mit der BDB an 
> der Spitze und unter Heranziehung professioneller PR-Fachleute?

_Keine_ der fuehrenden Funktionaerinnen und Funktionaere unserer 
Vereine und Verbaende hatte sich veranlasst gesehen, sich zu dieser 
fuer das gesamte deutschsprachige Bibliothekswesen so entcheidenden 
Frage zu aeussern, so auch nicht die leitenden oesterreichischen
Funktionaere aus dem WB- und OeB-Bereich (wobei in diesem Zusammenhang
erwaehnt werden muss, dass die so vordringliche Frage der DBI-Nachfolge
bei den Kontakttreffen zwischen VDB und VOEB, deren letztes in eben
jenem Monat April 1999 stattfand, kein Thema gewesen zu sein schien;
zumindest war den Berichten nichts zu entnehmen).

Vor allem haben die Verantwortlichen aber auch ganz offensichtlich
_hinter den Kulissen_
       vor allem auch _nichts_ oder nichts Wirkungsvolles, 
unternommen, zu diesem sensiblen Zeitpunkt mit aller Entschiedenheit 
fuer die im Konzept der Ad-hoc-AG erwaehnte Alternative A einzutreten,
also fuer die Errichtung der vorgeschlagenen rechtlich selbstaendigen
"Informations- und Serviceagentur fuer das deutsche Bibliothekswesen",
fuer die die Ad-hoc-Arbeitsguppe 40 - 60 Stellen vorgesehen hatte. 
Dabei ist gerade das aber eine Voraussetzung dafuer, dass eine solche
"IuS" erfuellen kann, was im Konzept vom 6. April 1998 unter Punkt 
"2.2.2 Infomationsagentur"  als Aufgabe vom Nachfolge-Institut 
verlangt worden ist:

>   Die Arbeitsgruppe teilt die Auffassung der Experten, dass der 
>   aktuelle und umfassende Informationsfluss nicht nur fuer Kontakte 
>   und Kooperationen des deutschen Bibliothekswesens mit dem Ausland 
>   eine unverzichtbare Basis ist, sondern gerade auch fuer 
>   Bibliotheken aller Sparten auf der nationalen Ebene.

Dem kann von uns aus gesehen nur uneingeschraenkt zugestimmt werden,
denn  _was_  in der Bundesrepublik Deutschland benoetigt wird und was
auch fuer uns uebrige deutschsprachige Laender von der allergroessten
Bedeutung ist, ist nicht das Prestigeprojekt eines "An-Instituts" mit
dem vorrangigen Ziel der Pflege internationaler Kontakte -
  denn viel anderes koennte ein Mini-Instituetchen mit 12 Stellen
  und eingen zusaetzlichen Werkvertraeglern (wie fuer die Alternative
  "An-Institute" vorgesehen) verstaendlicherweise ja unmoeglich 
bewerkstelligen -,
sondern eine leistungsfaehige Nachfolgeinstitution, die zwar die so 
wichtigen internationalen Kontakte nicht nur nicht ausser Acht laesst, 
sondern moeglichst effizient pflegt und erweitert, die aber vor allem 
als ein
       _nationales_ Zentrum der vielfaeltigsten Hilfestellung 
       fuer _alle_  Sparten des Bibliothekswesens 
agiert, wie es ja in der vorzitierten Einleitung zu Punkt 2.2.2 des
Konzepts vom 6. April 1998 ausdruecklich verlangt wird.


Vordringlichst erscheint nach dem obenstehend Gesagten, dass der
Staendigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik
Deutschland eine  
                        Gegendarstellung

zur "Schlussbericht"-Fassung vom 3. August 1999 des Konzepts der 
Ad-hoc-AG "Zukunft des Deutschen Bibliotheksinstituts" (Link 6)
vorgelegt wird, verbunden mit der Aufforderung an die KMK, ihren 
Beschluss vom 16./17.09.99 zu revidieren.  Es ist mithin das von 
Frau Prof. Dankert geforderte "politische Handeln" nun also
dringlichst und professionell von ihr und den uebrigen 
Funktionaerinnen und Funktionaeren unserer Vereine und Verbaende 
zu leisten, getreu dem Schlusswort in ihrem schon frueher erwaehnten 
Statement "Bibliotheksmanagement im Dritten Jahrtausend":

            "Nur politisch agierende Bibliothekarinnen 
             und Bibliothekare werden ihre Antworten 
             mitgestalten"

das kein _leeres_ Wort und blosse rhetorische Phrase bleiben darf:
<http://www.bdbverband.de/bibliotheksmanagement/bibliotheksmanagement.html>

Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden, dafuer aber umso
eindringlicher dazu aufgerufen werden, sich engagiert an einer Debatte
ueber das anstehende Problem "DBI-Nachfolge" zu beteiligen. Von vielen
anstehenden Fragen ist eine etwa die, inwieweit es bei  _nuechterner_
und objektiver Betrachtung sinnvoll und berechtigt ist, die Bedeutung 
einer  _engeren_  "Vernetzung von Museums-, Bibliotheks- und 
Archivbereich" dermassen gegenueber den so zahlreichen uebrigen 
aktuellen Themen der Bibliotheksentwicklung ueberzubetonen,
wie es der Praesident der Stiftung Preussischer Kulturbesitz im
neuen "Schlussbericht" vom 3. August d. J. tut (siehe Link 6).  Bei 
aller Konvergenz zum Museums-, schon weniger zum Archivbereich, setzt 
eine Vernetzung gerade im Zeitalter der virtuellen Raeume keineswegs 
zwingend auch eine raeumliche oder verwaltungsmaessige Zusammenfuehrung 
der Einrichtungen voraus. Die allzu einseitige Gewichtung des Faktors 
"Vernetzung" scheint vielmehr im Zusammenhang mit dem Bestreben 
zu stehen, entgegen der seinerzeitigen Empfehlung der Ad-hoc-AG fuer 
die Alternative A  - also eines den vielfaeltigen Beduerfnissen im 
_Bibliotheksbereich_ (WB und OeB) mit einem Stab von 40 bis 60 Stellen 
wirklich gerecht werden koennenden eigenstaendigen Instituts -, 
ein "An-Institut" mit den schon erwaehnten 12 festen Stellen an sich 
zu ziehen. Man lese hiezu sehr kritisch die Formulierungen der
voellig veraenderten Fassung des Konzept in seinem "Schlussbericht"
vom 3. August 1999 ,  in der aufgrund "erbetener zusaetzlicher 
Abstimmungsgespraeche"   - die, soweit das von aussen beurteilt 
werden kann, wohl an allen bibliothekarischen Gremien vorbeigegangen 
zu sein scheinen; wer hat im uebrigen diese Gespraeche gefuehrt? - 
eine  "Konzeption fuer eine neue bibliothekarische Serviceeinrichtung 
bei der Stiftung Preussischer Kulturbesitz ab dem Jahre 2002" 
empfohlen wird.

Abschliessend ist im uebrigen nicht ohne Verwunderung zu vermerken, 
dass aus den einschlaegigen  _Fachhochschulen_  unseres BID-Bereichs 
zur Frage der DBI-Nachfolge jedenfalls in den Listen nichts zu hoeren 
war. Ein im Gegenteil _starkes_  Engagement waere da sehr angezeigt 
und ist, da jetzt wirklich energisch und in konzertierter Aktiom
professionell gehandelt werden muss, auch lebhaftest zu erhoffen. 
Die einzige zumindest mir bekannte Wortmeldung kam von Professor 
Umstaetter, ich bringe den Text als Anhang. Was sein Plaedoyer fuer 
eine Forschungseinrichtung betrifft, moechte ich als Diskussions-
einlage den Hinweis auf die Verhaeltnisse in den USA einbringen, wo 
die _eigentliche_ Forschungsarbeit am OCLC geschieht, also an einer 
eigenstaendigen Non-profit-organization mit allein etwa hundert
_wissenschaftlichen_ Mitabeitern.


Mit verbindlichen kollegialen Gruessen

Hans Wagner
Wien - Bremen - Wien

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Dr. Hans Wagner
Hoher Markt 5/28
A-1010 Wien
FON: +431 533 05 38
FAX: +431 533 38 85
e-mail: hans.wagner _at__ teleweb.at
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Der Anhang mit den Links etc. folgt als "DBI-Nachfolge Teil 2"


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.