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Hallo Inetbib,

hier noch eine recht ausfuehrliche Meldung zu dem Thema:

Internationales Bibliothekssystem im Aufbau

Seit dem Wochenende befindet sich das in der Library of Congress (LC)
koordinierte Auskunftssystem Collaborative Digital Reference Service (CDRS)
in der dritten Phase des Probebetriebs. Als eine der wenigen Bibliotheken
aus nicht-englisch-sprachigen Ländern ist die Zentral- und Landesbibliothek
Berlin (ZLB) an dem noch jungen Projekt beteiligt, das Ende 1998 ins Leben
gerufen wurde.

Ziel der LC ist der Ausbau des CDRS zu einem weltweit und rund um die Uhr an
sieben Tagen in der Woche operierenden Informationssystem, das Fragen nach
Literatur zu den unterschiedlichsten Themen innerhalb von 48 Stunden
beantwortet. Für die Bibliotheksnutzer sei ein solches System deshalb sehr
attraktiv, weil es die Möglichkeiten moderner Informationstechniken mit der
Zuverlässigkeit und Güte der Bibliotheksauskünfte verbinde, hieß es.

Jede Bibliothek, die bei dem Dienst mitmachen will, muss dazu zuerst eine
standardisierte Selbstbeschreibung abliefern, aus der Spezialisierungen,
besondere Sammelgebiete, Zahl der Mitarbeiter, Kontaktadressen,
Öffnungszeiten und andere für eine Literaturrecherche relevanten
Informationen hervorgehen. Derzeit hat der Bibliotheksverbund rund 60
Mitglieder aus den USA, Kanada, Großbritannien und Australien. Mehr
beobachtend sind die Berliner Zentral- und Landesbibliothek und die
Bibliothek der Universität für Wissenschaft und Technik in Hongkong dabei.

Rechercheanfragen, die von einem Rechner einer Mitgliedsuniversität über das
weltweite Netz abgeschickt werden, gelangen zunächst zum so genannten
Request Manager (RM), einer Software, die auf einem Server der LC in
Washington läuft. Der RM versucht dann anhand der in einer Datenbank
abgelegten Bibliotheksprofile die Bibliothek herauszufinden, die die Anfrage
aufgrund ihrer Spezialisierung und Sammelgebiete vermutlich am besten
beantworten kann und die kürzeste Bearbeitungszeit verspricht. An diese
Bibliothek wird die Anfrage dann weitergeleitet. Ist die Rechercheanfrage
beantwortet, schickt die bearbeitende Bibliothek die Antwort wieder an den
RM zurück, der die Antwort an die Institution weiterleitet, von der die
Anfrage kam. Der RM speichert die Antwort außerdem noch in einer Datenbank
ab. Auf diese Datenbank kann bei späteren vergleichbaren Anfragen wieder
zurückgegriffen werden.

Dass dieses System im Prinzip funktioniert, hatte schon gleich die erste
Anfrage bewiesen: Am 29. Juni, noch in der zweiten Testphase, kam aus einer
lokalen Bibliothek eines assoziierten Bibliotheksverbundes in London eine
Frage nach Literatur zur antiken byzantinischen Küche. Der RM-Server in
Washington leitete die Frage an die kalifornische Santa Monica Public
Library weiter, in der eine Mitarbeiterin eine Liste mit fünf Publikationen
zusammenstellte und wieder zurück an den RM-Server schickte, der diese Liste
wiederum nach London weiterleitete. Die Frage konnte so innerhalb weniger
Stunden beantwortet werden.

Derzeit läuft der normale Testbetrieb nur auf Englisch, langfristig ist aber
die Bearbeitung von Rechercheanfragen in bis zu 20 Sprachen geplant.
Allerdings stellt die Internationalisierung des Verbunds die Organisatoren
vor große Herausforderungen. Die Probleme fangen schon bei dem Erfassen der
Bibliotheksprofile an, wie Paul Ulrich, bei der ZLB für die Entwicklung von
Informationsdiensten zuständig, heise online berichtete. Ulrich, der als
Amerikaner mit dem US-Bibliothekswesen gut vertraut ist, nennt als größtes
Problem für die Einbeziehung deutscher Bibliotheken in den Verbund die
unterschiedliche Organisationsstruktur der Bibliotheken in den USA und
hierzulande. Während das US-Bibliothekswesen stark zentralistisch
organisiert sei und daher auch die einzelnen Bibliotheken eine vergleichbare
Systematik und Ordnung aufweisen würden, gebe es im deutschen
Bibliothekswesen eine große Dezentralisierung. Das bedeute für das Erstellen
eines formalisierten Bibliotheksprofils große Hindernisse. Zudem seien die
verlangten Informationen auf amerikanische Bibliotheken abgestimmt und
könnten die Besonderheiten deutscher Bibliotheken oft nicht erfassen.

Ob das derzeit laufende Pilotprojekt mit einem positiven Resultat
abgeschlossen werden kann, wagt Ulrich noch nicht zu prognostizieren. Auf
jeden Fall sei noch viel Arbeit zu leisten. Genaueres werde man dann in drei
oder vier Monaten sagen können, wenn die dritte Phase des Pilotbetriebs
abgeschlossen sein wird. (chr/c't)

URL dieses Artikels:
  http://www.heise.de/newsticker/data/chr-22.11.00-003/

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  [3] http://www.zlb.de/index.html
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