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Nutzungsordnung 19. Jhdt.



Sehr geehrter Herr Haber,

hier die von Franz Michael Felder (1839-1869)  verfaßte

Ordnung der vom schoppernauer Handwerkerverein errichteten Leihbibliothek,
1867
Der in Schoppernau entstandene Verein der Handwerker hat überhaupt den Zweck,
gemeinsam nach den höchsten Zielen zu streben und so mit vervielfältigter
Kraft zu erreichen, was dem Einzelnen unmöglich wäre. Da anerkanntermaßen
Bildung die Quelle alles Wohlbefindens ist, so will der Verein wenigstens
alles mögliche thun, sich doch einen Theil von den Schätzen zugänglich zu
machen, die ja auch für ihn gehoben wurden. Es wird daher zum Anfang aus den
Mitteln der Gesellschaft, und aus freiwilligen Beiträgen eine Leihbibliothek
unter folgenden, für jeden Theil nehmer bindenden Bedingungen errichtet

§ 1 Die vorhandenen Bücher werden für 1 Nkr täglich oder 10 Nkr in
2 Wochen an jeden ausgelehnt, bei dem wegen Rückgabe oder Vergütung
nichts zu besorgen ist. Der Verwalter, der hiefür zu haften hat, kann
sich durch Abforderung einer billigen Geldsumme bis zur Zurückgabe
sicher stellen.

§ 2 Der reine Ertrag der Bibliothek fällt dem Verein zu, er kann jedoch
auch zur Anschaffung neuer Werke verwendet werden, wenn die Ver-
waltung die Summe garantiert, auch wenn hierüber ein anderer Beschluß
später durch absolute Mehrheit der Vereinsmitglieder über ihr auf die
Bibliothek gelegtes Vermögen gefaßt werden sollte, und keine Garantie
mehr verlangt wird, so hat die Verwaltung jährlich öffentliche Rechnung
abzulegen.

§ 3 Die Vereinsmitglieder haben außer der Theilnahme am Ertrag ändern
Lesern, die nicht im Verein sind, gegenüber nur den Vortheil, daß ihnen
das Vorrecht auf ein mit einem Nichtmitgliede zugleich verlangtes Werk
zusteht; wenn dieses Werk aber schon ausgegeben sein sollte, so kann
auch kein Mitglied die sofortige Rückgabe verlangen.

§ 4 Die Leihgebühren werden vom Tage des Empfanges an berechnet, bis
der Entlehner es dem Verwalter wieder zurück bringt. Es ist daher der
Nähme des Empfängers, der Tag der Abgabe und der Titel oder die
Nummer des vergebenen Werkes immer sogleich einzutragen.

§ 5 Beschädigte Exemplare sind nach Ermessen des Verwalters um den
Ladenpreis an den Beschädiger d. h. an den Eingetragenen zurückzugeben,
oder der 1/4te Theil zu fordern.

§ 6 Ausgenommen von der Entrichtung des Leihgeldes sind nur der auf-
gestellte Verwalter und die Seinen. Auch ein zur Prüfung eines Werkes
Aufgeforderter hat für dasselbe keine Gebühren zu entrichten.

In: Franz Michael Felder - Kaspar Moosbrugger. Briefwechsel. Kommentar. Von
Walter Methlagl. Bregenz 1975 (=Franz Michael Felder: Sämtliche Werke; 7), S.
405.

Felders Briefe, die in fünf Bänden ediert vorliegen, bieten viele
Informationen über die Errichtung und den Betrieb dieser Leihbibliothek.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Thaler


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Dr. Jürgen Thaler
Franz-Michael-Felder-Archiv
der Vorarlberger Landesbibliothek /
Vorarlberger Literaturarchiv
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F 05574/511/45 0 95
E juergen.thaler _at__ vorarlberg.at
I  http://www.vorarlberg.at/vlb/felder


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