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Re: Antwort: Virtuelle Bibliothek



On Fri, 30 Jan 2004 19:55:21 +0100 (MET)
 "Michael Truckenbrodt" <Michael.Truckenbrodt@xxxxxx>
wrote:
> Liebe Listenmitglieder,
> 
> aufgrund meiner Ankündigung der Ausstellung der
> Virtuellen Bibliothek im
> Deutschen Historischen Museum wurden einige Fragen laut.
> Hier die Antworten:
> 
> Gibt es eine Version der Bücher im Netz? Nein
> Gibt es die Bücher in öffentlich zugänglicher Version?
> Ja, wenn es der
> Rechteinhaber zulässt

http://www.jurawiki.de/FotoRecht

Hierzu ist meine Position bekannt: An den Inhalten von
Werken, deren Urheber laenger als 70 Jahre tot ist, kann es
kein Immaterialgueterrecht, also auch kein Urheberrecht
geben, da der Fristablauf jeden zur freien Verbreitung
berechtigt. Landesrechtliche Vorschriften duerfen diese
Grundsatzentscheidung des Bundesgesetzgebers nicht umgehen.

Rechte, die aufgrund eines Vertrags zustandekommen, sind
natuerlich zu beachten. Die Frage ist, ob Knebelvertraege
geschlossen wurden, weil einem der allgemeine Zugang des
Publikums schlicht und einfach nicht wichtig war. Das DHM
unterstuetzt meines Wissens den Gedanken des Open Access
(Berlin Declaration) NICHT.

Bei Rechten an Fotografien der gemeinfreien Handschriften
ist meine Position ebenso bekannt; sie stimmt mit der
Rechtsprechung des BGH ueberein: zweidimensionale
Reproduktionen, die moeglichst originalgetreu sein sollen,
sind nicht durch ein Leistungsschutzrecht geschuetzt. Daran
aendert auch ein riesiger handwerklicher Aufwand nichts.

> 

> Aufgrund der Wichtigkeit der Originale wurde beschlossen,
> die Reproduktionen
> in bestmöglicher Qualität zu realisieren. Das heißt, es
> wurde erheblicher
> Aufwand bei der Erstellung der Digitalisate getrieben.

Wer mir erzaehlen will, dass es technisch nicht moeglich
ist, fuer Internetzwecke die Reproduktionen entsprechend
bescheidener wiederzugeben und ohne den
Blaetter-Schnickschnack, muss sich den Vorwurf gefallen
lassen, dass er Maerchen auftischt. 

Auf http://www.manuscripta-mediaevalia.de sind viele
digitalisierte Handschriften, darunter auch so
herausragende wie die vom DHM erwaehnten, in guter
Qualitaet und kostenfrei zu betrachten.

Z.B. die Manessische Hs. wird schon seit laengerem von der
UB Heidelberg angeboten, aber es ist ja bekannt, dass
Museen  wie das DHM und Bibliotheken nicht kooperieren
wollen.

> Wer jedoch nicht darauf verzichten möchte, zumindest
> einige der Bücher auf
> dem heimischen Rechner in voller Qualität zu betrachten,
> kann zwei der
> Handschriften auf CD erwerben.

Wenn ich nicht direkt an den Hss. wissenschaftlich
interessiert bin, sondern einfach ein wenig darin blaettern
moechte, wieso soll ich dann die CDs kaufen? Auch wenn
diese nicht ueberteuert sein sollten? Es werden hunderte
von Handschriften-CDs angeboten und wieso denkt das DHM,
dass ausgerechnet seine CDs wichtiger als alle anderen
sind. Es geht schlicht und einfach davon aus, dass die
bisherigen Distributionswege 1:1 in den digitalen Bereich
uebertragen werden koennen. Aber wer konnte sich teure
Faksimileausgaben privat leisten? Meistens nur Aerzte (und
auch denen solls schlechter gehen) und wenige Bibliotheken.
Ich habe zwar noch nicht versucht, eine CD per Fernleihe zu
bestellen, aber wie ich die Leihpraxis kenne, duerfte das
mehr als schwierig sein.

Das DHM praktiziert somit "altes Denken" satt.

Dr. Klaus Graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.