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Digitalisierung alter Drucke



Nicht nur fuer den osteuropaeischen Raum wichtig sind die
Konferenzakten (2004) ueber insbesondere
provenienzgeschichtliche Erschliessung Alter Drucke, die
online in deutsch oder englisch nachgelesen werden koennen
unter:
http://www.konyvtar.elte.hu/hirek/rendezvenyek/index.html

Frau Peschke von der HU Berlin macht sich Gedanken ueber
die geplante Digitalisierung der Grimmbibliothek. Sie wirft
abschliessend eine Reihe von Fragen auf, zu denen ich
Stellung nehmen moechte.

http://www.konyvtar.elte.hu/hirek/rendezvenyek/2004/digit_konf/ebp_ea.htm

# Was sind die wirklichen Bedürfnisse der Benutzer und wie
können diese umgesetzt werden?

Ich erinnere an meinen im Volltext unter
http://digbig.com/3tyb
nachlesbaren Diskussionsbeitrag, in dem ich ausfuehrte:

"Digitalisierungsprojekte Alter Drucke sind zum derzeitigen
Zeitpunkt für die Wissenschaft weitgehend wertlos, da die
Digitalisierung an den Bedürfnissen der Forschung vorbei
erfolgt, da sie chaotisch-unkoordiniert, ohne hinreichende
Sacherschließung, in benutzerunfreundlicher Weise und
hinter dem Rücken der Wissenschaft, also ohne die gebotene
Information über die Resultate, betrieben wird"

Warum um Himmels willen fragt man die Wissenschaftler nicht
einfach und zwar nicht nur eine handverlesene Gruppe von
ein zwei zufaellig der Bibliothek bekannten Forschern? Die
Grimmbibliothek ist nicht nur fuer Germanisten wichtig,
auch Historiker und Erzaehlforscher finden hier reiches
Material (vor allem bei den fruehneuzeitlichen Drucken).
Nichts spricht dagegen, die bestehende wissenschaftliche
Infrastruktur der vielfaeltigen Grimm-Forschung mit ihren
diversen Organen fuer eine solche Anfrage zu nutzen. Nichts
spricht dagegen, die elektronischen Foren wie INETBIB oder
H-SOZ-U-KULT oder MEDIAEVISTIK (Mittelalter-Rezeption!)
usw. ergaenzend zu nutzen. Nichts spricht dagegen, eine
Online-Umfrage zu starten.

# Wie erfolgt die Präsentation der "digitalen
Grimm-Bibliothek", damit ist die Frage nach einfachen
Suchstrategien und einer bestmöglichen Information der
Wissenschaftler gestellt?

Keep it simple and stupid!

Auf jeden Fall waere die Moeglichkeit des Downloads des
jeweiligen Buchs als PDF wuenschenswert.

Die handschriftlichen Notizen der Brueder sollten
moeglichst gut erkennbar sein (hohe Aufloesung wie bei den
Thaller-Projekten).

Eine Nutzung der Bilder unter einer CC-Lizenz waere schoen.

# Welche Referenzen sind zu beachten (bei den deutschen
Drucken auf alle Fälle die Nummern des VD 16 und VD 17)?
Wie ist mit Büchern in anderen Sprachen umzugehen?

Na, dass hier von Seiten der Digitalisierer ueberhaupt mal
daran gedacht wird, Referenzen wie VD 16 anzugeben, ist
schon ein Fortschritt. Es ist fuer das Bibliothekswesen
erbaermlich, dass die wenigsten Bibliotheken, deren Drucke
unter
http://archiv.twoday.net/stories/113113/
nachgewiesen sind, auf die Idee kommen, VD16-Nummern
beizugeben.

In einer wissenschaftlichen Bibliographie oder einem
Antiquariatskatalog werden die Buecher auch mit
umfangreichen Nachweisen bibliographisch nachgewiesen.

Andere Sprachen: der Hintergrund der Frage ist unklar, aber
auch hier sollte nach wissenschaftlichen Standards
verfahren werden.

# Sollten Digitalisate eine kurze Internetadresse haben,
die man auch in gedruckten Publikationen zitieren kann? In
der Portugiesischen Nationalbibliothek ist dies zu finden,
was sagt hierzu die Wissenschaft?

Wenn ich fuer die Wissenschaft sprechen darf, dann ist die
Antwort ein klares und eindeutiges JA.

# Wäre eine einheitliche und gemeinsame Datenbank für alle
digitalisierten Druckwerke - ähnlich dem KVK - nicht
nutzerfreundlicher als die vielen einzelnen verstreuten
Datenbanken?

Meine Rede.

# Soll bei Angaben zum Autor auch gleich auf andere seriöse
Internetinhalte - etwa die Digitalisierung der ADB -
verlinkt werden?

Gern.

# Wenn Illustrationen in den Drucken enthalten sind, sind
diese dann nicht extra verfügbar zu machen?
Druckillustrationen sind wichtige Quellen der
Kunstgeschichte, muss man sie nicht gleich spezifisch
erschließen?

Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Solche Illustrationen
muessten auch in freie Bilddatenbanken oder Projekte wie
Prometheus eingebracht werden.

# Können die Inhaltsverzeichnisse der alten Drucke komplett
als E-Text digitalisiert vorliegen und können die einzelnen
Kapitel mit den entsprechenden Links versehen werden?

Das ist auf jeden Fall wuenschenswert! Man sieht ja an der
Digitalen Bibliothek des MPI fuer Rechtsgeschichte, dass
das geht und nuetzlich ist.

# Sind "schmutzige" OCR-Texte bei der Erfassung eines jeden
Registers von einem Buch bei den vielen Sprachen möglich
oder überhaupt sinnvoll?

Warum nur der Register? Bei der ZBLG wird ja auch der
"schmutzige" Volltext angeboten. Wenn man schon einen
OCR-Durchlauf macht, dann kann man den auch fuer das ganze
Buch machen - man muss sie ja nicht korrigieren.

# Wie werden die Unterstreichungen im Text und die
Marginalien (die Spezifika der Grimmbibliothek) schnell und
vollständig aufgefunden?

Hier sollte eine spezifische Erschliessung ins Auge gefasst
werden. Das italienische Projekt zu Inkunabeln darf dabei
durchaus Anregungen liefern:
http://www.marginalia.it/

# Ist eine barrierefreie Nutzung grundsätzlich sinnvoll,
vor dem Hintergrund des nicht geringen Personal- und
Mitteleinsatzes zur Herstellung einer sinnvollen
Präsentation der Digitalisate.

Ja!

Klaus Graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.