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Re: Referentenentwurf zweiter Korb UrhG



Ach, ach, immer wieder finde ich es höchst bedauerlich, daß Klaus Graf nicht
fähig ist, bei seiner Wortwahl eine gewisse Selbstzensur walten zu lassen. So
verhallen seine oft sachlich durchaus berechtigten Argumente völlig
wirkungslos, weil alsbald ein Streit über Verbalinjurien entflammt. Außerdem
scheint er die lateinische Sprache nicht zu beherrschen. So kann ich ihm
leider nicht den schönen Spruch entgegen halten "audiatur et altera pars", was
so viel heißt wie, "was läßt sich sonst noch sagen". Der Referentenentwurf
enthält nämlich einige erstaunliche Neuerungen, die man schon etwas positiv
sehen kann.

Bevor ich auf zwei Punkte hinweise, sei nicht unerwähnt gelassen, daß ich
selbstverständlich die beabsichtigte Regelung zum Kopienversand für eine
Katastrophe halte; Bildung und Wissenschaft in Deutschland werden darunter
leiden. PISA und OECD-Studien lassen grüßen! Die DBV-Rechtkommission wird
demnächst eine ausführliche Stellungnahme zu diesem und anderen Punkten
veröffentlichen.

Erfreulich finde ich im Referentenentwurf aber diese Neuerungen:
- Kein "Goethegroschen". Es gibt tatsächlich Leute, die eine urheberrechtliche
Vergütung für die Nutzung von Werken einführen wollen, deren Urheberschutz
abgelaufen ist. Dieser Antrag ist mit guten Gründen abgelehnt worden.
- Erweitertes Zitatrecht. Wenn ich es richtig verstehe, wird damit auch ein
Problem gelöst, auf das Eric Steinhauer kürzlich hingewiesen hat.
Urheberrechtlich höchst problematisch ist es, wenn in einer E-Mail - wie
dieser - Teile einer bereits verschickten Mail enthalten sind. Der neue § 51
könnte dieses Problem lösen.
- Am wichtigsten ist der neue § 31a - gerade auch für Leute wie Herrn Graf.
Erwird künftig die Digitalisierung und Nutzung von Archiv- und
Bibliotheksbeständen auf eine solide rechtliche Basis stellen.

Die Auseinandersetzungen um den "Kopienversand" sind noch lange nicht beendet.
Die berechtige Sorge darum darf aber nicht den Blick auf andere, erfreuliche
Neuerungen verstellen.

--
Dr. Harald Müller

Max Planck Institute for Comparative Public Law
and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx



---------- Original Message ----------------------------------
From: "Klaus Graf" <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Reply-To: Internet in Bibliotheken <INETBIB@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Date:  Thu, 30 Sep 2004 01:28:19 +0200

>"Das Bundesjustizministerium hat heute früh den
>Referentenentwurf für ein "Zweites Gesetz zur Regelung des
>Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" vorgelegt.
>Er steht überwiegend im Zeichen der Verwerterinteressen und
>liest sich über weite Strecken wie ein Sieg der Musik- und
>Filmindustrien und des Börsenvereins" kommentiert A.
>Metzger unter http://www.ifross.de. Der Entwurf als PDF:
>http://www.bmj.bund.de/media/archive/760.pdf
>
>Ich moechte nicht auf die mehr als fragwuerdige
>Begruendungen zur Ablehnung einer Durchsetzbarkeit der
>Privatkopie gegen DRM eingehen (es duerfe nicht die
>Vorstellung einreissen, im WWW gebe es geistiges Eigentum
>ueberwiegend gratis), sondern mich auf die beiden fuer
>Bibliotheken wichtigsten Vorschriften konzentrieren, wobei
>ich jeweils die Begruendung vollstaendig zitiere.
>
>


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.