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Re: Urheberrechtsnovelle - Referentenentwurf des 2. Korbs



Es ist erfreulich, dass das Verlagswesen, das Rechtswesen und auch die Politik mit einem solchen
Referentenentwurf das Bibliothekswesen stärkt.


Wir werden voraussichtlich zahlreiche Arbeitsräume in Behörden, Betrieben, Hochschulen etc.
als Bibliotheksräume deklarieren müssen, um schon allein das gedruckte Material logistisch besser unterzubringen.
Möglicherweise brauchen wir neues Bibliothekspersonal - neue Arbeitsplätze!
Daneben wird die Digitale Bibliothek mehr Bibliotheksbauten benötigen als das vorhersehbar war,
was zu einer erfreulichen weiteren Bautätigkeit führen sollte - auch im Bauwesen neue Arbeitsplätze!.
Viele der (in einer Zeit der Virtuellen Bibliothek) eigentlich nicht mehr notwendigen repräsentativen Bibliotheksneubauten,
für die in den letzten Jahrzehnten Milliardenbeträge investiert wurden (auf Kosten der Informationsversorgung),
gewinnen so doch noch eine wichtige Bedeutung.


Es ist interessant zu sehen, wie das Verlagswesen auf diesem Wege auf Einnahmen im Informationsvertrieb
zu Gunsten der Bauindustrie verzichtet, obwohl das Geld für Bau und Bauerhaltung nur einmal ausgeben werden kann.
Für die großen Verlage sind die Einnahmen aber ohnehin optimal (nicht zu verwechseln mit maximal).
Auch für die Politik ist das gut, denn auf Baustellen kann man sehr viele Menschen beschäftigen,
bei denen man längst versäumt hat, für eine höhere Bildung zu sorgen.


Die seit hundert Jahren anhaltende Dezentralisierung der Leseplätze, bei Zentralisierung der Bibliotheksverwaltung,
schreitet trotzdem weiter fort.
Den Laptop können wieder viele zuhause lassen, denn dafür gibt es die extra
"dafür eingerichteten elektronischen Leseplätze".
Dort wo sie sichtbar nur Statussymbol waren, haben sie inzwischen ausgedient,
und werden leistungsfähigen Personal Digital Assistants (PDAs)
mit integriertem GPS, Handy und MPG-Player, als neuem Statussymbol, weichen.
Wenn man vor zwanzig Jahren versuchte, zu Dokumentationszwecken, mit einem Laptop in eine Bibliothek zu gehen,
konnte es passieren, dass man keinen Einlass erhielt. So ändern sich die Zeiten.
Dieser Referentenentwurf wird auch nur eine Zwischenstation sein.


Wir müssen nur das Beste daraus machen.

Wissenschaftlich betrachtet ist die Entwicklung ohnehin klar und auch nicht zu stoppen - lediglich zu bremsen.
Da zeichnen sich aber die Fehler der Bildungspolitik und insbesondere die Vernachlässigungen im Bibliothekswesen
längst deutlich genug ab. Um aber zu wissen, was zu tun ist, muss man erst genug vom Bibliothekswesen verstehen.


Solange die großen Verlage ignorieren, dass Wissenschaftler hundert ihrer Produkte (Publikationen) durchsehen müssen,
bevor sie eins wirklich genau studieren, so lange können sie die Wissenschaft in Deutschland mit pay-per-view finanziell ruinieren,
ohne selbst Schaden zu nehmen, weil ihren Verhandlungspartnern dieses Wissen fehlt. Verdenken kann man es ihnen nicht.
Zumal diese Verlage nicht immer in Deutschland oder Europa beheimatet sind.
Der Fehler liegt einfach im Mangel an der Verbreitung bibliothekswissenschaftlichen Wissens.


MfG

W. Umstaetter


Johannes Diestelmann wrote:


Liebe Liste!

In Art.1 Punkt 9 des Referentenentwurfs zur 2. Novelle des Urheberrechts

(z.B. http://www.bmj.bund.de/enid/j6.html, Referentenentwurf_UrheberR.pdf 304 kb)

lautet Satz 1 des geplanten § 52b UrhG:

"Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus Bibliotheksbeständen ausschließlich in den Räumen öffentlich zugänglicher Bibliotheken an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen."

Bedeutet das, daß (sollte der Entwurf Gesetz werden), Büchern beigefügte sowie bibliografisch selbständige (Text-) CDROMs den Bibliotheksbenutzerinnen und -benutzern öffentlich zugänglicher Bibliotheken nicht ausgeliehen werden dürfen, sondern ausschließlich dort an den besagten Leseplätzen zur Verfügung gestellt werden dürfen?

Johannes Diestelmann




Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.