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OT Gender Mainstreaming



Liebe Liste,

die übliche Frauenfloskel bei Ausschreibungen ist im Bibliothekswesen durchaus
problematisch, vor allem im mittleren und gehobenen Dienst. Nicht ganz abwegig
ist daher der Gedanke, die Klausel in diesen Bereichen einmal auf ihre
verfassungsrechtlichen Implikationen zu überprüfen. Ein Männerfloskel käme
dem, was Art 3 Abs. 2 GG meint, schon näher.

Ich denke aber, daß sich die Zeit der Frauenfloskel dem Ende zuneigen könnte.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, Frauen zu fördern, weil sie Frauen sind.
Vielmehr liegt der Sachverhalt doch so: Frauen tragen, das ist statistisch
erwiesen, die Hauptlast der Familienarbeit , vor allem der Kinderbetreuung.
Dieser Umstand hat im wesentlichen dazu geführt, daß Frauen auf dem
Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind, vor allem bei höherwertigen Stellen. Die
berufliche Frauenförderung hat hier ihren guten Sinn, wenn sie die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglicht, indem sie den Berufszugang
für Frauen erleichtert.

Wenn man das aber so versteht, ist die alleinige Fokussierung auf Frauen für
eine - abgesehen von der natürlich im Vordergrund stehenden fachlichen
Leistung ? gerechte Stellebesetzung nicht akzeptabel. Es sind nämlich durchaus
Konstellationen denkbar, wo Familienväter, die unter der Woche auswärts
arbeiten, bei der Bewerbung um eine heimatnahe Stelle mit weitaus größerem
Recht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf anmahnen können als eine ledige
und ungebundene Frau. Die geltenden Frauenförderung sieht diesen Fall nicht
vor und führt, bei strikter Durchführung zu ungerechten Stellenbesetzungen.

Eine vernünftige Diskussion um gender mainstreaming sollte hier ansetzen und
sich dem eigentlichen Sachproblem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
stellen. Das ist für beide Geschlechter ein Problem. Wenn man die politische
Diskussion in der letzten Zeit mitverfolgt, scheint sich eine stärkere
Besinnung auf die Probleme von Familien anzudeuten. Es wäre sehr schön, wenn
am Ende dieser Diskussion unter Stellenausschreibungen zu lesen wäre:
?Bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber wird die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf besonders berücksichtigt.? Dies entspräche auch der
Verfassung, die nicht die Frauen, nicht den Single, sondern die Familie unter
den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, Art. 6 Abs. 1 GG. Es
wäre am öffentlichen Dienst, hier mit gutem Beispiel voranzugehen.
Dies vielleicht zum Nachdenken.

Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.