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Re: [InetBib] Anhoerung im Rechtsausschuss 20.11.06



Lieber Herr Sprang,

christian.sprang@xxxxxx schrieb:
Verlage und Börsenverein sind allerdings der Meinung, dass der Markt das jeweils angemessene Publikationssystem bestimmen soll.
Verlage und Börsenverein sind deshalb der Meinung diese Entscheidung dem Markt zu überlassen, da es sich nicht (mehr) um einen freien Markt handelt. Die Marktmacht hat sich in den letzten Jahrzehnten eindeutig zu Gunsten der Verlage verschoben. Ein freier Wettbewerb zwischen den etablierten Titeln auf der einen Seite und jungen OA Titeln auf der anderen Seite ist praktisch unmöglich.

Sie sagen, dass der Markt, also Urheber und Verlage unter sich ausmachen sollen, welches Publikationssystem "gewinnen" soll. Der Wettbewerb zwischen den Publikationssystemen kann aber nur funktionieren, wenn die Teilnehmer des Marktes in der gleichen Position sind. Oder anders formuliert: Auf einem idealen Markt haben Anbieter und Käufer denselben Kenntnisstand. Beide kennen alle Vor- und Nachteile der auf dem Markt befindlichen Produkte und entscheiden sich auf dieser Basis für das beste Produkt. Auf den Markt der wissenschaftlichen Publikationen übertragen bedeutet dies, dass die Urheber dasselbe Wissen haben wie die Verleger und genau diesen Punkt bestreite ich.

Dazu kommt, dass die Urheber noch von weiteren, sozusagen Marktexternen, Faktoren beeinflusst werden. Allen voran die wirtschaftliche Situation der Urheber. Sie sind schließlich auch noch Teilnehmer des Arbeitsmarktes wie der Artikel "Lehre zum Spottpreis" aus der SZ[1] anschaulich beschreibt. Eine Publikation in einem renommierten Titel verbessert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und füllt den eigenen Geldbeutel. Und der eigene Geldbeutel ist den meisten Wissenschaftlern bedeutend näher als der Geldbeutel der Bibliothek.

Wie soll sich also bei diesen ungleichen Bedingungen ein fairer Wettbewerb zwischen jungen OA Titeln ohne Renommee und etablierten Titeln mit hohem Impact Factor ergeben?

Weil der Verlag bei traditionellen Publikationen regelmäßig darauf verzichtet, dem Autor die Kosten der Veröffentlichung seines Werks aufzuerlegen,
Entschuldigen Sie mir die naive Frage Herr Sprang, aber welche Zahlungen weise ich dann regelmäßig an, wenn das Paper eines unserer Wissenschaftler angenommen wurde und vom Verlag eine Rechnung mit der Bezeichnung "page charges" kommt? Die für farbige Abbildungen üblicherweise erhöhte Gebühren ausweisen, also ein direkter Zusammenhang zwischen Druck und Kosten hergestellt wird.

Sind diese Kosten nach Meinung des Börsenvereins kein "Kosten der Veröffentlichung seines Werkes"?

Ich würde mir wünschen, wenn auch Sie dazu beitragen, dass an dieser Stelle die 
Schwarz-Weiß-Malerei durch lebensechtere Darstellungen ersetzt wird.

Ich hoffe diese Darstellungen sind Ihnen nicht zu direkt aus dem echten Leben gegriffen.

Mit freundlichen Grüßen
Florian Aumeier

[1] http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufstudium/artikel/846/92754/
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Florian Aumeier
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