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[InetBib] Wein predigen und Wasser trinken



Monika Bargmann fragt in einem Vortrag, ueber den sie auf
http://library-mistress.blogspot.com/2007/09/bibliothekarinnen-und.html
berichtet, warum sich Bibliothekare, auch wenn sie fuer
Open Access sind, mit dem Selbstarchivieren so schwer tun.

Leider nicht nur die Bibliothekare. IRs sind gescheitert,
meint D. Salo:
http://cavlec.yarinareth.net/archives/category/librariana/open-access/

Repositorien funktionieren nicht ohne Mandate, also quasi
Zwang.

Mandate ohne Zwang bringen keinen nennenswerten Zuwachs.
Das sieht man am Repositorium der Uni Zuerich, die
angeblich ein Mandat hat.

Uni-Mandate sind mit dem Mandarin-Status der
Hochschullehrer unvereinbar: Deutsches Verfassungsrecht
duldet zwar, dass seit 2002 im ArbNErfG das
Hochschullehrerprivileg gestrichen ist, aber es gilt als
ganz ausgeschlossen, dass ein Wissenschaftler verpflichtet
werden kann, einem Repositorium einen Beitrag als
Zweitveroeffentlichung anzubieten.

Selbst wenn der Bundesratsvorschlag Gesetz werden wuerde,
dass nach einem halben Jahr ohne Zustimmung des Verlags
selbstarchiviert werden duerfte, aendert das nicht das
geringste an der Misere. Wenn die Wissenschaftler nicht
selbstarchivieren, nuetzt die Aenderung nur in den Faellen,
in denen Wissenschaftler aufgrund rechtlicher Unsicherheit
nicht selbstarchivieren.

Wie fuellt man trotzdem die Dokumentenserver?

Ideen habe ich unter
http://archiv.twoday.net/stories/3264283/
zusammengestellt.

Woran liegt es aber, dass - trotz empirisch durch
DFG-Umfrage nachgewiesener OA-Aufgeschlossenheit - so
wenige selbstarchivieren?

Ausgeklammert bleiben soll die prinzipielle Abneigung,
wissenschaftliche Inhalte kostenfrei zugaenglich zu machen
(Furcht vor Plagiaten, bringt nichts fuer die Karriere,
Internetveroeffentlichung gilt als Eitelkeit, Keine
Langzeitarchivierung [Freidok-Autorenvertrag: Freidok kann
zum Quartalsende ohne Angabe von Gruenden kuendigen!!]
usw.).

Hier einige unempirische Spekulationen:

* Selbstarchivieren gehoert - anders als das Erstellen des
Manuskripts, die Korrespondenz mit Herausgebern und
Verlagen, das Lesen der Korrekturfahnen, das Eintueten und
Versenden der Sonderdrucke - nicht zu den eingespielten
Routinen des Wissenschaftlers.

Fuer Ungewohntes opfert man keine Zeit.

* Die Unkenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen ist
riesig. Sobald ein leiser Zweifel besteht, dass man das
selbstarchivieren "darf", laesst man es lieber.

Wissenschaftler haben unbewusst Angst vor den Verlagen, sie
wollen keinen Aerger.

* Selbstarchivieren ist nicht so einfach wie es sein
koennte.

Was eigenen Upload angeht, habe ich nur Erfahrungen mit
E-LIS. Da ist der Upload alles andere als einfach. Gern
wuerde ich meine Pruefungsarbeiten-Ausarbeitung auch dort
einstellen, aber ich habe Angst, nur ein stuemperhaftes
englisches Abstract hinzubekommen.

* Scan oder Nicht-Scan, das ist hier die Frage.

In vielen Faellen verfuegt der Autor nicht ueber das
Verlags-PDF oder er darf es nicht verwenden.

Da Repositorien die naheliegende Loesung, E-Text und Scan
parallel zu archivieren, nicht anbieten, hat der Autor die
Qual der Wahl:

- Soll er seine Datei als E-Text/Preprint einreichen?
Aenderungen der Druckfassung nachzutragen (oder den
Zeilenumbruch) ist viel zu aufwendig. Dann hat man einen
durchsuchbaren Volltext mit Google-Sichtbarkeit (im
Idealfall), was ein Riesenvorteil ist.

- Soll er einen Scan anfertigen? Dann ist der voll
zitierfaehig, es fehlt aber der Volltext. Bei
mehrschichtigen PDFs braucht man eine gute OCR, denn
Acrobats eigene OCR ist nicht befriedigend. Es bleiben aber
trotzdem Fehler, die man nicht ohne grosse Fummelei am PDF
entfernen kann.

Aber wer soll den Scan machen und wann?

Der Wissenschaftler arbeitet an einem 50-Seiten-Aufsatz
zwar einige Wochen, aber die Stunde scannen (wenn man wenig
Uebung darin hat und keine Sekretaerin) ist nicht drin.

Aber sicher koennen die hier vertretenen
Bibliothekswissenschaftler, die am Publikationsgeschehen
teilnehmen, ueber ihre eigenen Motive nicht zu
selbstarchivieren authentischer berichten.

Klaus Graf

 





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