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Re: [InetBib] Müllers Ulmer-Brief



Ja Herr Graf, ich stimme Ihnen zu (nicht erschrecken!).

Auch ich lese die gemeinsame Stellungnahme exakt so wie  Sie:
1. eine Vervielfältigung auf USB-Stick ist damit nicht gedeckt (möglich sowohl in Würzburg als auch in Darmstadt) 2. bei vorherigem offensichtlichem Angebot des Verlages ist es nicht zulässig (das Angebot lag ebenfalls unstrittig vor) 3. solange der Preis angemessen ist (auch hier ist ohne Zweifel unser Preisangebot angemessen gewesen, da es fürs erste Jahr ja auch noch kostenlos war).

Ich bin froh, dass Sie nachvollziehen können, dass man sich ärgert, wenn trotz dieser gemeinsamen Erklärung mit dem DBV so gehandelt wird.

Zwar wurde die Erklärung nicht aufgekündigt, aber offensichtlich hat sie in den Augen des DBV keine Gültigkeit mehr. Warum? Weil man sich von der neuen Lesart eben mehr erwartet. Eine weitere Auslegung, nach der eben einscannen und bereit stellen trotz Verlagsangebot zulässig ist. Und man möchte testen, wie weit man damit vor Gericht kommt.

Deshalb ziehen wir an dieser Stelle ja auch gerne den Vergleich mit Google: die extreme Interpretation des Fair Use soll durchgeboxt werden, in dem man Fakten schafft und die Gegenseite in Verfahren so zermürbt, dass die schließlich zu einer Einigung gezwungen werden. Das ist die brutalste Form der Machtausübung. Rechtsbeugung.

Dass ich dabei sentimental werde? Es macht mich eben traurig zu sehen, wie hier systematisch das wissenschaftliche Verlagswesen zerstört wird. Dass die DFG etc. sich die Zerschlagung der wissenschaftlichen Zeitschriftenverlage zum Ziel gesetzt haben, das ist im Ansatz auch totalitär. Aber dass die Bibliothekare sich nun auch noch die übrigen Verlage, die Lehrbuchverlage vorknöpfen, oder dass Sie zum Boykott von Verlagen wie Klostermann aufrufen, das ist zum Heulen.


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Verlag Eugen Ulmer
Matthias Ulmer
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Eugen Ulmer KG
Sitz Stuttgart
Registergericht Stuttgart, HRA 581
Geschäftsführer: Matthias Ulmer




Am 27.03.2009 um 17:00 schrieb Klaus Graf:

Wieder einmal sehen wir die Parteien in Hader und Zwist
versunken, wobei die Verlagspartei erheblich mehr
Nebelkerzen abbrennt als die Gegenseite.

Man braucht doch nicht so auf die Traenendruese zu druecken
wie Herr Ulmer, der auf das bitterlichste ueber angeblichen
Wortbruch jammert.

Zunaechst einmal ist festzustellen, dass das
Bibliotheksportal einige tote Links in seinen Materialien
unter
http://www.bibliotheksportal.de/hauptmenue/themen/recht/ urheberrechtsreform/gemeinsame-stellungnahme-dbv-boersenverein/
duldet. Wieso man PDFs hier einfach rauswirft, erschließt
sich mir nicht. Hat man etwas zu verbergen?

Aber wenigstens sind noch die Erlaeuterungen zur
Gemeinsamen Erklaerung von Boersenverein und DBV online:

"Der Anwendungsbereich ist neben Bibliotheken, Archiven und
Museen um Hochschulen
erweitert worden. Diese können ihre Bestände digitalisieren
bzw. originär digitale Werke in
den Räumlichkeiten der o.g. Einrichtungen an Bildschirmen
wiedergeben. Die weitergehende
Vervielfältigung durch Nutzer der privilegierten
Einrichtungen ist nur in analoger Form
gestattet. Die Anzahl der gleichzeitigen Wiedergaben ist
dem Grundsatz nach unbegrenzt,
soweit die Werke zur Zeit der Wiedergabe nicht lieferbar
sind. Sind die Werke lieferbar, gilt
dass grundsätzlich nicht mehr gleichzeitige Wiedergaben
gestattet sind, als Exemplare zum
Bestand gehören. Grundsätzlich bedeutet, dass in gewissen
Sonderfällen auch mehr
Wiedergaben zulässig sind. Wenn zum Zeitpunkt der
Digitalisierung das Werk bereits vom
Verlag elektronisch zu angemessenen Bedingungen zur Nutzung
angeboten wird, so ist dieses
auf dem Wege einer Lizenz (Zwangslizenz) zu erwerben. Zur
Angemessenheit zählen der
dauerhafte Zugang und eine Vergütung zwischen dem Tarif
einer Verwertungsgesellschaft
und einem handelsüblichen Preis. Für alle Werke, die vor
Inkrafttreten des Gesetzes oder vor
dem elektronischen Verlagsangebot bereits digitalisiert
worden sind, gilt keine Zwangslizenz,
d.h. diese dürfen weiterhin im Rahmen der gesetzlichen
Ausnahme wiedergegeben werden."

Ich wuesste nicht, dass Boersenverein oder DBV diese
Einigung widerrufen haben, lasse mich aber eines besseren
belehren.

Mir scheint das vergleichsweise klar: Soweit die UB
Wuerzburg vor dem elektronischen Angebot eines Verlags
digitalisiert hat, duerfte sie das gemaess dieser
Vereinbarung. Das Abspeichern von Buechern auf USB-Stick
ist von der Vereinbarung nicht gedeckt, wohl aber koennen -
ueber die Vereinbarung hinausgehend, die insofern eine
nicht hinzunehmende Schlechterstellung von Benutzern
gegenueber dem Gesetz darstellt - gemaess § 53 UrhG sehr
wohl elektronische Kopien aus dem Angebot z.B. zu
wissenschaftlichen Zwecken erfolgen.

Wenn die Vereinbarung aus irgendwelchen Gruenden von beiden
Seiten nicht mehr gelten soll, gilt das Gesetz.

"Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus dem Bestand
öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen oder Archive,
die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder
Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der
jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten
elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private
Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine
vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Es dürfen
grundsätzlich nicht mehr Exemplare eines Werkes an den
eingerichteten elektronischen Leseplätzen gleichzeitig
zugänglich gemacht werden, als der Bestand der Einrichtung
umfasst. Für die Zugänglichmachung ist eine angemessene
Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine
Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden."

Da steht mit keiner Silbe, dass die Digitalisierung
unzulaessig ist, wenn ein paralleles elektronisches
Verlagsangebot besteht, abgesehen davon, dass dieses
preislich auch "angemessen" sein muesste, wenn man hier
schon ungeschriebenes Recht erfinden will. Wir lesen als
Kontrast dazu gemeinsam § 53a Abs. 1 Satz 3 UrhG.

Klaus Graf








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