[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] Urheberrechtsreform - Planungen



On 12.08.2011 17:23 Matthias Ulmer wrote:

wenn ein Werk verwaist ist, dann gibt es keinen Verlag als
Rechteinhaber mehr. Das ist richtig. Das Problem entsteht aber nicht
bei den tatsächlich verwaisten Werken, sondern dabei, dass es von
Seiten der  Bibliotheken oder Nutzer großes Interesse gibt, den
Begriff verwaist maximal auszulegen. Und dabei  werden dann Titel als
verwaist erklärt, die nicht verwaist sind. Es geht also um die
Schein-Waisen. Und es ist relativ sicher, dass die Zahl der
Schein-Waisen erheblich größer sein wird, als die Zahl der echten

Dazu hat Herr Graf ja schon etwas geschrieben. Natuerlich geht es bei
dem, worueber wir hier reden immer darum, dass eben nicht bekannt ist,
ob sie wirklich verwaist sind oder nicht und mit dieser Situation umzugehen.

Waisen. Bei den Schein-Waisen gibt es Rechteinhaber, sowohl einen
Autor als  auch meist einen Verlag.

Genau das zu bezweifeln war Hauptanliegen meiner Mail und Sie haben
bisher nichts aufgefuehrt, das die These stuetzen wuerde, dass Verlage
von dem Problem real betroffen sind.
Verlage duerften doch nach meiner durchaus begrenzten Kenntnis nur dann
Rechteinhaber sein, wenn die digitale Nutzung schon eine bekannte
Nutzungsart war und die Rechte daran zusaetzlich wirksam auf einen
Verlag uebertragen wurden. Das koennen naturgemaess nur recht neue Titel
sein, bei denen sich die Anzahl der Waisen in Grenzen halten wird. Und
selbst wenn tatsaechlich einmal ein Verlag Rechteinhaber sein sollte,
hat er ja ueberhaupt kein Problem automatisiert zugaengliche Listen von
Digitalisierungskandidaten mit vertretbarem Aufwand gegen das eigene
Verlagsprogramm abzugleichen. Selbst wenn ein Verlag viele andere
Verlage aufgekauft hat, sollte er schon wissen, welche Namen bzw. ISBNs
betroffen sind. D.h. im seltenen Fall der Schein-Waisen mit einem Verlag
als Rechteinhaber ist die Situation leicht zu klaeren und es sind eben
sehr schnell keine Waisen mehr.

aber sehr wohl Widerstand von Seiten der Verlage und der Autoren,
wenn ihre Rechte enteignet werden, weil man sie als Schein-Waise
deklariert hat. Und wenn man nach dem Vorschlag des Aktionsbündnisses
eine Liste zu digitalisierender Titel ins Netz stellt und alle, bei
denen sich nach zwei Monaten kein Widerstand rührt als verwaist
erklärt, dann wird sozusagen massenverwaist um Massen zu
digitalisieren.

Die von Ihnen kritisierte Enteignung kann doch nur dann zum Problem
werden, wenn diese Klaerungshilfe durch die tatsaechlichen Rechteinhaber
nicht zumutbar ist, also der typischen Tante eines Autorenenkels, die
irgendwo in der Pampa ohne Internetanschluss lebt.

Und ich bezweifle nach wie vor, dass Sie in deren Namen sprechen
koennen. Und wenn Sie sich dennoch als Lobbyist mit kommerziellem
Interesse engagieren, liegt einfach die Befuerchtung nahe, dass Sie das
Ziel verfolgen, sich ueber diese Lobbyarbeit Rechte zu erschleichen, die
Ihnen eigentlich nicht zustehen. Zumindest konnten Sie bisher nicht
darlegen, warum Ihnen etwas, von dem Sie selbst als Verlag gar nicht
betroffen sind (ausser, indem Sie ein kleines Script ab und zu
automatisiert ablaufen lassen muessen), so am Herzen liegt.

Die Situation von Autoren(-Erben) und Verlagen ist einfach so
unterschiedlich, sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch von den
technischen Moeglichkeiten, dass die staendige Nennung in einem Satz,
einfach eine falsche Parallelitaet suggeriert.

Wenn Sie als Verleger Interessen zu vertreten haben, dann tun Sie das
aber dann legen Sie auch dar, inwieweit Sie als Verleger von etwaigen
Massendigitalisierungen unzumutbar in Ihren Rechten beschnitten werden
und verstecken sich nicht hinter den Autoren, deren Probleme Sie ja in
der Form gar nicht haben.

Viele Gruesse
Michael Lackhoff




-- 
http://www.inetbib.de


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.