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Re: [InetBib] Urheberrechtsreform - Planungen



On Sat, 13 Aug 2011 07:19:34 +0200
 Michael Lackhoff <michael@xxxxxxxxxxx> wrote:

Verlage duerften doch nach meiner durchaus begrenzten
Kenntnis nur dann
Rechteinhaber sein, wenn die digitale Nutzung schon eine
bekannte
Nutzungsart war und die Rechte daran zusaetzlich wirksam
auf einen
Verlag uebertragen wurden. Das koennen naturgemaess nur
recht neue Titel
sein, bei denen sich die Anzahl der Waisen in Grenzen
halten wird. 

§ 137 l UrhG, der uns in dieser Liste im Jahr 2007 viel
beschaeftigt hat

http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg37920.html

regelt die Sachlage bei ab dem 1. Januar 1966
abgeschlossenen Verlagsvertraegen im Sinne der Verlage.
Fuer die Zeit davor ist die Huerde aber wohl eher selten zu
ueberspringen, wie der BGH klarstellte:

http://archiv.twoday.net/stories/18132405/

Meines Wissens sahen die ueblichen Verlagsvertraege vor
1966 keine ausdrueckliche Regelung zu unbekannten
Nutzungsarten vor - wissen Sie etwas anderes, Herr Ulmer?

Auf intakte und gut gefuehrte
Verlagsarchive/-registraturen, in denen der jeweilige
Verlagsvertrag oder wenigstens das vom Zeitpunkt T1 bis T2
verwendete Formular dokumentiert ist, ist kaum zu hoffen.

Das Gros der verwaisten Werke im Verlagsbereich duerfte vor
1966 liegen, schliesslich sind seit ca. 1860 nicht
eindeutig-gemeinfreie Werke erschienen. Googles
uebervorsichtige Grenzlinie, die Nicht-US-IPs von
europaeischen Buechern in Google Books ausschliesst, liegt
derzeit bei 1870. Aber selbst wenn man die pragmatische
Grenze 1900 akzeptiert, stehen 65 Jahre 46 Jahre
gegenueber.

Fuer die Zeit vor 1966 liegt das Urheberrecht also
ueberwiegend laut Gesetz bei den Erben, und die Verlage
haben keinerlei Recht, fuer diese zu sprechen und in
Hinterzimmern dubiose Absprachen zu treffen.

Aber man muss kein Prophet sein, um die massive und
rechtswidrige Machtergreifung der Verlage vorauszusehen:
Auch bei Buechern vor 1966 wird contra legem einfach
vorausgesetzt, dass die Rechte beim Verlag liegen.
Existiert der noch oder gibt es einen Rechtsnachfolger,
wird nicht lange nach einem Vertrag geforscht: das Werk ist
dann nicht verwaist.

Was § 137 l verwehrte, bekommen die Verlage dann dank
willfaehriger VG Wort und korrupter Politkaste in Berlin
und Bruessel ueber die verwaisten Werke: Das exklusive ius
digitalizandi ihrer aelteren Verlagsproduktion. Die
Allgemeinheit wird von gewissenlosen Lobbyisten ein
weiteres Mal betrogen!

Klaus Graf  

-- 
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