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Re: [InetBib] JSTOR kündigt Freigabe früher Zeitschrifteninhalte an - und was macht Digizeitschriften?



On Fri, 09 Sep 2011 21:17:28 +0200
 Bernd-Christoph Kaemper
<bernd-christoph.kaemper@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx> wrote:

In Deutschland versucht Klaus Graf das gleiche wie
Jean-Claude Guedon 
seit Jahren bei Digizeitschriften. Immerhin gibt es dort
schon viele 
Titel im Open Access Bereich, diesbezüglich war
Digizeitschriften viel 
früher dran als JSTOR: die Hälfte aller erfassten Titel
sind lizenzfrei. 
Was bei Digizeitschriften an freien Inhalten geboten
wird, ist aber 
leider trotzdem ein Flickenteppich geblieben mit vielen
schmerzlichen 
Lücken, und einen klaren Zeitschnitt gibt es nicht.
Soweit eine Policy 
überhaupt erkennbar ist, scheint sie so auszusehen, dass
nur 
abgeschlossene Titel mit ihreren älteren Jahrgängen open
access gestellt 
werden; Titel, die noch laufen, dagegen nicht. Warum
diese willkürlich 
anmutende und jedenfalls nicht gerade benutzerfreundliche
Lösung gewählt 
wird und man das ganze nicht über einen Zeitschnitt lösen
kann, wie das 
in einigen Fällen doch auch bei Digizeitschriften schon
gemacht wird 
(s.u.), ist nicht erkennbar. Sträuben sich die Verlage,
und wenn ja, 
warum eigentlich? Oder was mag sonst der Grund sein?

Es wäre zu begrüßen, wenn Digizeitschriften die
Entscheidung von JSTOR 
zum Anlaß nähme, ihre eigene Policy zu überprüfen und zu
überdenken und 
erneut Gespräche mit den Verlagen aufzunehmen, um die
Public Domain zu 
stärken.

B.-C. Kämper, UB Stuttgart


Bestandsaufnahme Digizeitschriften (B.-C. Kämper, Stand
9.9.2011)

Die EZB verzeichnet derzeit insgesamt 99 freie Titel aus 
Digizeitschriften, und 100 lizenzpflichtige, 10 Titel
werden in beiden 
Kategorien geführt, mit unterschiedlichem Schnitt im
Erscheinungsverlauf.

Keine freien Inhalte für ältere Jg.:
(Quelle: EZB, Stand von heute, mit Gegenprüfung auf
Digizeitschriften, 
kein Anspruch auf Vollständigkeit, Irrtum vorbehalten.
Ich habe die 
Grenze willkürlich ebenfalls bei ca. 1923 gezogen)

Alber:
Historisches Jahrbuch, 1.1880 ff. rot

Aschendorff:
Jahrbuch für Liturgiewissenschaft, 1.1921 - 15.1935 rot

Bayerisches Nationalmuseum:
Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 1.1906 ff. rot

Böhlau:
Goethe-Jahrbuch, 1.1880 ff. rot
Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft, 35.1914 - 55.1935 rot

(Nachf. im Deutscher Kunstverlag)
Monatshefte für Kunstwissenschaft, 1.1908 - 15.1922 rot

Kamp:
Jahrbuch / Deutsche Shakespeare-Gesellschaft, 1.1865 -
60.1924 rot

Lucius und Lucius:
Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 1.1863 ff.

Mann:
Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, 1.1880 -
64.1943 rot

Mohr Siebeck:
Archiv für die Civilistische Praxis (AcP), 1.1818 ff. rot
Finanzarchiv (FA), 1.1884 ff.
Logos : Zeitschrift für Systematische Philosophie, 1.1910
ff.
Theologische Rundschau (ThR), 1.1897 ff. rot
Zeitschrift für die Gesamte Staatswissenschaft : ZgS,
1.1844 ff. rot
Zeitschrift für Theologie und Kirche (ZThK), 1.1891 ff.
rot

Niemeyer:
Anglia : Zeitschrift für Englische Philologie, 1.1878 ff.
Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und
Literatur (1874-1979), 
1.1874 ff. rot
Zeitschrift für Romanische Philologie (ZrP), 1.1877 ff.
rot

Oldenbourg:
Historische Zeitschrift, 1.1859 ff. rot

Reimer:
Repertorium für Kunstwissenschaft, 1.1876 - 52.1931 rot
1.1868 - 6.1873 u.d.T.: Jahrbücher für Kunstwissenschaft:
grün!

Seemann:
Zeitschrift für Bildende Kunst, 1.1866 - 65.1932 rot

Springer:
Geologische Rundschau, 1.1910 ff. rot
Die Naturwissenschaften, 1.1913 ff. rot

Gesellschaft für Erdkunde (da wird es ganz wüscht):
Jährliche Übersicht der Thätigkeit der Gesellschaft für
Erdkunde
    zu Berlin, 1.1833 - 6.1839 rot!
Monatsberichte über die Verhandlungen der Gesellschaft
für Erdkunde
    zu  Berlin, 1.1840 - 14.1853 grün!
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde,
    1.1853 - 10.1865 grün!
Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin,
    26.1891 - (1944) rot!

VDI-Verlag:
Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie,
1.1909 - 21.1932 rot


Beispiele, dass es auch anders geht:
(Hier nur Titel, wo ein Schnitt im Erscheinungsverlauf
gemacht wurde, 
bis zu dem die Inhalte frei zugänglich gemacht wurden,
während neuere 
Inhalte in Digizeitschriften vorhanden, aber
lizenzpflichtig sind. Für 
Titel, die durchgängig lizenzfrei sind, vgl. die EZB,
Suche nach Verlag: 
Digizeitschriften, grüne Ampel.)

Hirzel:
Zeitschrift für Deutsches Altertum und Deutsche Literatur
(ZfDA), 
19.1876 - 58.1921 grün! (neuere Jg. rot)
Vorg. Zeitschrift für Deutsches Alterthum, 1.1841 -
18.1875 grün

Institut für Weltwirtschaft:
Weltwirtschaftliches Archiv, 1.1913 - 22.1925 grün
(neuere Jg. rot)

Klostermann:
Zentralblatt für Bibliothekswesen, 1.1884 - 43.1926 grün
(neueres rot)
Romanische Forschungen, 1.1883 - 38.1919 grün (neuere Jg.
rot)

Mohr-Siebeck:
Archiv für Öffentliches Recht (AöR), 1.1886-26.1910 grün
(Nachf. u.d.T.: Archiv des Öffentlichen Rechts (AöR),
27.1911 ff. rot)

Schriftleitung des des Zentralblattes der Bauverwaltung
Die Denkmalpflege, 1.1899 - 24.1922 (neuere Jg. rot)

Steiner:
Hermes: Zeitschrift für klassische Philologie, 1.1866 -
27.1892 grün! 
(neuere Jg. rot). Absurdes Detail: der 13. Jg. des Hermes
von 1878 wird 
ausgespart und ist für die Allgemeinheit gesperrt.* Zwei
Artikel darin 
behandeln die Dokimasie der attischen Beamten und der
Beamten in Athen. 
Reiner Zufall? Hhmm... *) Die EZB verzeichnet diesen
Umstand treulich in 
den Bemerkungen zur Aufnahme ("Nicht verfügbar: Jg. 13
(Stand: 
12.11.2009)"), aber geändert wird nichts...
Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
(VSWG)
(1903 - 1925) grün (neuere Jg. rot)
Vorg. Zeitschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte,
1.1893-7.1900 grün
Zeitschrift für Französische Sprache und Literatur : ZFSL
(1889 - 1925) grün (neuere Jg. rot)

Teubner:
Das Humanistische Gymnasium, 1.1890 bis 11.1900 grün
(neuere Jg. rot)

Vielen Dank fuer diesen wichtigen Beitrag. Ich zitiere
unten eine Mitteilung von DigiZeitschriften vom November
2006; wenig spaeter beschraenkte sich mein Kontakt zu
DigiZeitschriften auf das Einfordern der durch
Unterlassungserklaerung zugesagten Vertragsstrafen bzw. die
damit verbundenen juristischen Streitigkeiten. 

Ich kann daher nicht sagen, aus welchen Gruenden die damals
vorgesehenen Massnahmen bislang unterblieben sind.
Vermutlich haben die Verlage den Aufstand geprobt, denn die
Bibliotheken sind ja eher fuer Open Access. Zur
Vorgeschichte der unten zitierten Mail: es gab eine
Petition in der Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia_Diskussion:Bibliotheksrecherche/DigiZeitschriften

Wie sieht es 5 (fuenf) Jahre spaeter aus: Remote Access zu
DigiZeitschriften ist nun auch fuer registrierte Benutzer
einiger Landesbibliotheken moeglich, eine Volltextsuche
wird angeboten, ist aber voellig unzulaenglich. Bei den
entscheidenden Punkten, dem freien Zugang zu vor 1925
publizierten Artikeln und der Freischaltung auf Zuruf hat
sich WENIG bzw. NICHTS getan. Es wurden zwar im Februar
2007        
einige Zeitschriften vor 1925 freigeschaltet, danach gab es
aber keinerlei Bewegung mehr bei den Vor-1925-Inhalten, das
seit 1818 erschienene Archiv fuer civilistische Praxis ist
nach wie vor rot.

An der genannten Petition vom August 2006 haben sich 180
Wikipedianer beteiligt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Bibliotheksrecherche/DigiZeitschriften

Die unten zitierte Mail war eine klare Zusicherung auch an
diese Unterzeichner. Das dort gegebene Wort wurde
gebrochen, anders kann man die unerfreuliche Entwicklung
seither nicht bezeichnen.

Die Bibliotheken, die das Konsortium von DigiZeitschriften
bilden, sollten sich wirklich schaemen.

Klaus Graf


"From:  Ralf Stockmann 
Subject:        DigiZeitschriften und Open Access
Date:   Thu, 09 Nov 2006 13:47:30 +0100
To:     Klaus Graf <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>

Sehr geehrter Herr Graf,

wie abgesprochen hier der Bericht zur gestrigen Sitzung des
DigiZeitschriften-Vereins. Es sind folgende Beschlüsse
gefasst worden:

1) Die einschränkende Passage in den Nutzungsbedingungen
bzgl. Remote Access (Zugriff nur auf dem Campus) wird
ersatzlos gestrichen.

2) Der Verein stellt Mittel zur Verfügung um entsprechend
dem bereits online verfügbaren "Proof of concept" die
Volltextsuche für alle 3 Mio Seiten bis Sommer 2007 zu
ermöglichen. Die Arbeit erfolgt inkrementell, auf dieser
Seite
http://www.digizeitschriften.de/home/suche/lucene/volumes
kann tagesaktuell abgerufen werden für welche Bände die
Volltexte bereits vorliegen.

3) Artikel, die "auf Zuruf" der Geschäftsstelle gemeldet
werden von
a) Autoren die nachweisen können dass sie selbst die Rechte
innehaben
b) deren Sterbedatum eindeutig belegt und in den
urheberrechtsfreien Zeitraum fällt
werden auf Wunsch zeitnah in den Open Access Bereich
verschoben.

4) Es ist bereits vor zwei Wochen ein Schreiben an die
Verleger ergangen,  in dem diese ihr Einverständnis
erteilen soll dass sämtliche Bände vor 1925 in den Open
Access Bereich verschoben werden. Sie werden nun einwenden,
das für dieses Vorgehen rechtlich gesehen keine
Notwendigkeit besteht. Das ist richtig. Jedoch haben wir
mit den Verlegern Verträge geschlossen in denen der
Sachverhalt explizit anders geregelt ist. Auch wenn diese
Passagen nun streng genommen unwirksam sind, halten wir es
für keine aussichtsreiche Strategie, den Verlegern unsere
Entscheidung einfach nur mitzuteilen. DigiZeitschriften ist
immer mit dem dezidierten Anspruch angetreten, einen
Vermittelten Ausgleich zwischen Bibliotheken, Autoren und
Verlagen zu schaffen. Daher würden wir - zumindest zunächst
- diesen Weg des Dialogs wählen.
Als Frist für eine Antwort haben wir Anfang Dezember
gesetzt. Inklusive Rücksprachen ist also von einem
realistischen Termin Mitte Dezember auszugehen.

Um nicht unnötig Aufregung unter den Verlagen zu schüren,
werden wir bis zur Durchführung dieser "1925 Regel" auch
die unter 3) genannten Maßnahmen noch nicht offensiv
kommunizieren, sondern dann Ende Dezember "im Paket".

Soweit der Stand,

Viele Grüße
Ralf Stockmann"

-- 
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