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Re: [InetBib] Stellenausschreibung der UB Wuppertal



Manchmal ist ein Blick in die Realität hilfreich: Auch im Buchhandel oder 
Verlagswesen ist die Mehrzahl der Beschäftigten weiblich, das 
Betriebsverfassungsgesetz schreibt also einen Minderheitenschutz für Männer 
vor. 

Bei Stellenausschreibungen ist jeder Hinweis auf diese oder jene Bevorzugung 
überflüssig, die Auswahl an geeigneten Bewerbern ist so gering, dass eine 
Geschlechterfrage keine Rolle spielt. Bei Auszubildenden sind wir froh, wenn im 
einen oder anderen Jahrgang mal ein Mann dabei ist. Bei der Bezahlung, ob bei 
Azubis, normalen Stellen oder Führungspositionen gibt es keine Differenzierung, 
ob Mann oder Frau. Meine Erfahrung ist, dass Frauen geschickter verhandeln und 
regelmäßiger nach Gehaltserhöhungen fragen, Männer warten eher auf das Geschenk 
von oben. 

Bei der Besetzung von Führungspositionen besteht keine Wahlentscheidung, der 
beste Kandidat wird genommen, bei den letzten Entscheidungen waren das Frauen. 
Dennoch sind Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert. Das liegt an der 
erfreulich häufigen Entscheidung für Nachwuchs, die nicht nur die Karriere und 
die betrieblichen Ansprüche beeinflusst, sondern insbesondere die individuellen 
Präferenzen der Betroffenen. Früher waren Teilzeitstellen ein Problem und wir 
haben versucht, sie zu verhindern. Grund war der Arbeitsalltag, bei dem wegen 
Platzmangel die Besetzung einer Stelle mit zwei Arbeitskräften nicht auf einem 
Arbeitsplatz möglich war. Das ist heute anders. Flexible Arbeitszeitmodelle und 
die Möglichkeit des ergänzenden Homeoffice machen Teilzeitstellen sogar 
besonders attraktiv: es wird konzentrierter, flexibler und mit mehr Know How 
gearbeitet, wenn eine Stelle mit zwei Personen besetzt ist. Bei Führungskräften 
ist Teilzeit dagegen eher Neuland, erste Fälle sind auch wieder positiv zu 
bewerten, sie sind aber die Ausnahme. Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die 
betriebliche Organisation darauf weiter einrichtet. Die Arbeitsmarktsituation 
führt dazu, dass Betriebe auch auf Mütter in Teilzeit schlicht nicht mehr 
verzichten können. Statistisch gesehen wird der Durchschnittsgehalt von Frauen 
noch eine Weile unter dem von Männern liegen, auch wenn Frauen für gleiche 
Arbeit gleichen Lohn bekommen.

Gesellschaftlich gesehen tragen Frauen auch Mitschuld an den ungünstigen 
Zuständen. Veränderungen im Bildungssystem, in der Kinderbetreuung spielen 
leider bei Wahlentscheidungen keine große Rolle. Solange Wahlen bei anderen 
Themen entschieden werden, sind Änderungen nur langsam umsetzbar. Da Frauen die 
Hälfte der Wählerschaft stellen, muss man sachlich konstatieren, dass auch sie 
ihre Präferenzen anders setzen. Das wird bei den kommenden Wahlen kaum anders 
sein. Eltern, und das sind Frauen und Männer, beklagen das, sind aber nicht in 
der Mehrheit. Den meisten Wählern sind Themen wie Steuersenkungen, Rente, 
Energiewende, Tierhaltung oder Bankenregulierung wichtiger. Das muss man 
akzeptieren, auch wenn man persönlich das anders sehen mag.

Ob im öffentlichen Bereich mit streng reglementierten Besoldungsregeln Frauen 
stärker benachteiligt sind kann ich nicht beurteilen. Ich habe nur die aktuelle 
Situation in einem von 2000 Betrieben im Verlagswesen beschrieben.

Angst vor Kritik treibt mich nicht um, vermutlich auch nicht die meisten 
anderen Männer hier in der Liste. Nur Müdigkeit, ein vorurteilsbehaftetes und 
von rituellen Gefechten geprägtes Thema öffentlich zu diskutieren. Man kann ja 
auch im Stillen das Richtige tun. Da aber Müdigkeit auch kein starkes Motiv 
ist, hab ich mich zu diesem Beitrag durchgerungen. 

Schönen Abend
Matthias Ulmer



Am 05.02.2013 um 21:28 schrieb Hendrik Bunke <h.bunke@xxxxxx>:

--On 2013-02-05 18:51, Georg Strien wrote:
Es ist sehr schade, dass sich kein Mann traut, sich hier
einzuschalten. Es ist aber auch sehr gut zu verstehen. Zu groß
ist die Gefahr, auch nur bei leisem Widerspruch sofort in die
Chauvi-Ecke geschoben zu werden.

Wieso gehen Sie davon aus, dass alle hier schweigenden Männer
derselben Meinung sein müssten?

Ja, Frauen sind nach wie vor in vielerlei Hinsicht
benachteiligt. Nicht alles lässt sich jedoch darauf schieben.
Eine Sache, die sich in Deutschland zu Lasten der Frauen
auswirkt, ist die Frage der Kinderbetreuung. Damit meine ich
NICHt das Betreuungsgeld, sondern die (fehlenden Plätze in)
Kitas und ev. (fehlende) Nachmittagsbetreuung in Schulen. Es
gibt weitere Beispiele in dieser Richtung.

Sie haben vollkommen Recht mit Ihrem Hinweis auf politisch zu
verantwortende Missstände in der Kinderbetreuung. Das Problem ist
bloß, dass es zu einem ganz großen Teil die Mütter und Frauen
sind, die die Folgen dieser Missstände tragen müssen und eben
nicht oder weniger arbeiten gehen. Warum ist das ihrer Meinung
nach so? Und ist das keine Benachteiligung?

Es gibt jedoch - ich weiss, dass dies manche Leute nicht hören
und nicht wahrhaben wollen - auch geschlechtsspezifische
Unterschiede, die auch Einfluß auf den beruflichen Werdegang
haben, und dies nicht nur ob des bösen Willens der Männer.

Was genau sind diese geschlechtsspezifischen Unterschiede? Und
auf welche beruflichen Werdegänge genau haben die einen Einfluss?

viele grüße
hendrik bunke

-- 
Dr. Hendrik Bunke
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