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Re: [InetBib] Studie "Wissen wir tatsächlich mehr? - Aussagewert - Artikel BuB



Lieber Herr Umstätter,

eine Wissensgesellschaft aus mehrheitlich Wissenschaftlern würde mich ziemlich 
erschrecken. Das kommt mir auch ein wenig wie ein Wunschbild von 
Wissenschaftlern vor. Da greife ich gerne das Bonmot von Herrn Rogge auf: "Ob 
etwas brauchbar ist, merkt man, wenn man es gebraucht." Viele Wissenschaftler 
scheinen einen solchen Satz ganz abzulehnen. Und in der Praxis stellt man fest, 
wie groß der Qualitätsunterschied zwischen Abgängern einer Universität und 
denen einer "University for Applied Science" (formerly Fachhochschule) ist, die 
zumindest in unseren Gebieten beeindruckend brauchbar sind.
Es ist ohne Zweifel richtig, dass die Gesellschaft (und ihre Instrumente) 
zunehmend komplexer wird und das Agieren in der Gesellschaft zunehmende 
Informationsmengen und -kompetenzen erfordert. Das bedeutet aber gerade nicht, 
dass deshalb auch wissenschaftliches Denken zunimmt. Es war in der 
Vergangenheit verbreiteter sich ein Wissen aus wissenschaftlichen Werken 
anzueignen bzw. die dafür verfügbaren Werke waren einfach wesentlich stärker in 
ihrer Struktur von der wissenschaftlichen Tradition geprägt. Damit scheitern 
wir heute an den meisten Schülern oder Lesenden. Wir müssen Inhalte 
aufschließen (nicht zwingend vulgarisieren), damit sie leichter rezipiert 
werden können. Aus dieser Beobachtung, dass einerseits die 
Informationskomplexität zunimmt, gleichzeitig aber die Komplexität der 
Informationsvermittlung stetig reduziert werden muss, folgt für mich, dass eben 
nicht das wissenschaftliche Denken zunimmt.

Noch eine Bemerkung zu der Studie: Ich finde die Ergebnisse anregend und jede 
Bibliothek wird doch aus dem Bach heraus wissen, ob die Ergebnisse für ihre 
Situation relevant sind oder nicht. Auch wenn die Studie wissenschaftlich 100% 
perfekt wäre, wäre sie noch immer ein MIttelwert und die Abweichung vom 
MIttelwert müsste für die Umsetzung der Studie jede Bibliothek für sich selbst 
ermitteln. Ein Verband steht ja dauernd zwischen der Kritik, dass er nicht 
genug solche Studien durchführt, dass die Studien dann nicht gut genug sind und 
dass er insgesamt aber bitte seine Beiträge nicht erhöhen soll.
Dass jetzt plötzlich diese Diskussion geführt wird ist - wenn ich es richtig 
verstanden habe - dem Umstand geschuldet, dass sich Studenten in einem Seminar 
damit auseinandergesetzt haben und die Studie außerordentlich sorgfältig 
geprüft haben. Das hat ihre Dozenten entzückt und gemeinsam hat man die 
Ergebnisse veröffentlicht. Daraus kann man für die nächste Studie lernen und 
man kann das als gutes Beispiel für "Applied Science" nehmen.

Herzliche Grüße
Matthias Ulmer

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