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[InetBib] Call for Paper LIBREAS #27: Methoden



Werte Kolleginnen und Kollegen,

gerne weise ich Sie im Namen der Redaktion darauf hin, dass der Call for Paper 
für die Ausgabe #27 der LIBREAS erschienen ist. Schwerpunktthema dieser Ausgabe 
sind Methoden in Bibliotheken und der Bibliotheks- und 
Informationswissenschaft. Der Text des CfP ist hier angehangen, kann aber auch 
im Blog der LIBREAS gefunden werden 
(http://libreas.wordpress.com/2014/09/30/call-for-paper-libreas-27-methoden/).

Bei dieser Gelegenheit verweise ich gerne darauf, dass auch der Call for Paper 
für die Ausgabe #26 "Bibliotheken __ abseits / ausserhalb der Bibliothek" 
(http://libreas.wordpress.com/2014/05/12/cfp26/) bis zum 30.10.2014 geöffnet 
ist und wir gerne weiterhin Beiträge für diese Ausgabe annehmen.

m.f.G.
Karsten Schuldt (HTW Chur), für die Redaktion LIBREAS. Library Ideas



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Call for Paper LIBREAS #27: Methoden

Wissenschaft unterscheidet sich von anderen Formen der Wissensproduktion, 
Erkenntnisfindung und Verstehensbemühung bekanntlich durch ihr klares und 
systematisches Annähern. Das Mittel dafür sind die Methoden. Sie helfen, 
wissenschaftliche und andere Fragestellungen nach einem klar vorstrukturierten 
Handlungsprogramm zu bearbeiten. Sie schaffen Vergleichbarkeit und sorgen 
dafür, dass die Antworten oder neuen Fragen in ihre Genese nachvollzogen werden 
können. Jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin braucht sie und in 
jeder wissenschaftlichen Arbeit müssen sie zum Verständnis, zur Anerkennung und 
zur Prüfbarkeit der Aussage dieser Arbeit expliziert werden.
Andererseits müssen die Methoden zu den jeweiligen Fragestellungen passen und 
wo sie nicht ganz passen, passend gemacht werden. Keinesfalls jedoch sollte die 
Methode die Fragestellung dominieren, was oft genug vorkommt und beispielsweise 
einige der Ängste von Geisteswissenschaftlern gegenüber den aufblühenden 
Digital Humanities erklärt. Die Methode ist die Brille, die den Blick lenkt und 
den Schärfepunkt definiert. Sie kann Kurzsichtigkeit überwinden aber eben auch 
hervorrufen. Da es ohne Methoden keine Wissenschaft gibt, muss die 
Methodendiskussion geführt werden. Und zwar ständig, denn eine Wissenschaft 
ändert sich mit jedem Erkenntnisschritt und jeder neuen Frage. Daher muss 
regelmäßig geprüft werden, ob die Methoden, die dazu führten, in derselben Form 
auch noch für den nächsten Schritt angemessen sind oder angepasst werden 
müssen. Ein grundsätzlicher Methodenwechsel in einer Fachkultur ist dagegen 
selten und vor allem selten erwünscht.
Da dieser Prozess eine ganz eigene Komplexität besitzt, verwundert es nicht, 
dass es in der Spezialisierung der Wissenschaft auch Expertinnen und Experten, 
die eine Tiefenkenntnis und überdurchschnittliche Reflexionskompetenz bezüglich 
bestimmter Methoden haben. Sie heißen zwar nicht Methodologisten, sind aber 
dennoch diejenigen, die idealerweise die Methodendiskussionen mit ihrem Meta- 
beziehungsweise methodologischen Wissen führen.
In einer Wissenschaft sind sie in der Regel dadurch zu identifizieren, dass sie 
Handbücher, Einführungen und Tutorien zu den jeweiligen Methoden dieses Fachs 
verfassen. Greift man zu den jeweils aktuellsten Publikationen dieser Art, 
erfährt man gemeinhin viel über den derzeitigen Elaborierungsstand zum 
methodologischen Fundament eines Faches und damit auch ganz allgemein etwas 
über den Zustand einer Disziplin. Finden sich keine aktuellen 
Methodenhandbücher, ist das Fach meist so gut wie tot.
Der Bibliotheks- und Informationswissenschaft ist entsprechend trotz aller 
Kritik und der allgemeinen Annahme einer methodischen Retardation (vgl. Kaden, 
2014) wenigstens formal einigermaßen lebendig, denn gleich drei Titel zu 
Methoden erschienen in kurzem Abstand voneinander 2013 und 2014. (Umlauf, 
Fühles-Ubach & Seadle 2013; Schuldt, 2014; Siegfried & Nix, 2014) Ähnliches 
gilt für die Methodenkritik. Mitte 2014 postulierte Corinna Haas in der 027.7 
sowie in einem von ihr eingeführten Schwerpunkt in der Bibliothek. Forschung 
und Praxis zu ethnologischen Methoden, dass die Bibliotheken sich bislang vor 
allem auf Umfragen, Interviews und Fokusgruppen konzentrieren würden, wenn sie 
etwas über ihre Nutzerinnen und Nutzer erfahren wollen. (Haas 2013; Haas 2014) 
Dabei, so Haas vollkommen richtig, ist die Bandbreite von Methoden, die in 
anderen Forschungsfeldern entwickelt wurden, viel größer. Ganz abgesehen davon, 
dass auch die Bibliotheks- und Informationswissenschaft mit ihren sehr 
unterschiedlichen Fragestellungen selber Methoden entwickeln könnte. Mit einem 
größeren Methodenwissen lässt sich, so ist kurz zu vermerken, ein größeres 
Spektrum Fragen sinnvoll und strukturiert bearbeiten, was auch heißt, dass das 
Bibliothekswesen mehr Wissen ansammeln, vergleichen, strukturieren und in 
tragfähige Modelle fassen kann. Die Bibliotheks- und Informationswissenschaft 
könnte also durch die Erweiterung und Elaboration des in ihr gängigen 
Methodenspektrums ihr Erkenntnis- und Analysepotential erweitern. Für ein Fach, 
das sich traditionell fragen lassen muss, was es eigentlich ist und ob man es 
wirklich braucht, ist das auch wissenschaftsstrategisch immer ein sinnvolles 
Ziel.
Deshalb ist die Redaktion LIBREAS der Meinung, dass diese Diskussion 
vorangetrieben werden sollte. Mit dem Schwerpunkt der Ausgabe #27 stellen wir 
dafür gerne einen Ort zur Verfügung. Das Thema lässt sich, so unser Vorschlag, 
in Themenblöcke untergliedern.
(1) Zum einen wäre es sinnvoll, die tatsächliche Situation darzustellen und zu 
reflektieren. Stimmt es eigentlich, dass Bibliotheken und die Bibliotheks- und 
Informationswissenschaft ein eher unsicheres und kleines Methodenwissen haben? 
Beschränken sie sich tatsächlich auf (zu) wenige Methoden? Und selbst wenn, ist 
das negativ? Gibt es dafür andere Gründe? Welche Auswirkungen hat das? 
(2) Wenn es stimmt, dass Bibliotheken zu wenige Methoden einsetzen, was wäre 
dann die Lösung? Sollte die Ausbildung verändert werden? Muss die Arbeitsweise 
und Struktur von Bibliotheken verändert werden? Ist der Zuwachs an 
Projektstellen in Bibliotheken, der in den letzten Jahren zu beobachten ist, 
nicht schon eine Entwicklung in Richtung Methodenvielfalt? Muss die 
Finanzierung von Forschungs- und ähnlichen Projekten in Bibliotheken verändert 
werden? Müssen Bibliotheken oder die Bibliotheks- und Informationswissenschaft 
mehr auf andere Forschungsdisziplinen zugehen, um sich deren Methoden 
anzueignen? 
(3) Damit zusammenhängend: Was wären eigentlich sinnvolle Methoden für 
Bibliotheken und zu welchen Fragen? Sind die bislang verwendeten Methoden 
schlecht, sind deren Erkenntnismöglichkeiten wirklich gering? Ist nicht, zum 
Beispiel, die Form des unstrukturierten Interviews, wenn deren Einsatz 
reflektiert geschieht, zumeist auch vollkommen ausreichend? 
(4) Und selbstverständlich ist es möglich, die Erfahrungen mit bestimmten, 
vorzugsweise eher selten verwendeten Methoden zu schildern. Gibt es solche 
Erfahrungen schon, muss man sie vielleicht nur sichtbar machen? Was sind die 
Vorzüge einzelner Methoden? Gibt es ein Akzeptanzproblem für solche Methoden 
innerhalb der Fachgemeinschaft? Dies kann sowohl auf abstrakter Ebene als auch 
auf der Ebene einzelner Forschungsprojekte erläutert werden.
Wir würden uns freuen, wenn zu diesen oder angrenzenden Fragestellungen 
Beiträge eingingen, sowohl kritische und breitangelegte, welche das gesamte 
Bibliothekswesen in den Blick nehmen als auch konkrete, lokal angelegte, die 
auf die Erfahrungen und Wünsche in einzelnen Bibliotheken oder Instituten 
eingehen.
Für die Einreichung gelten die Hinweise für Autorinnen und Autoren auf der 
Homepage der LIBREAS. Gerne diskutieren wir Artikelideen im Vorfeld mit Ihnen. 
Deadline für diese Ausgabe ist der 31. März 2015.

Ihre / Eure Redaktion LIBREAS
(Berlin, Bielefeld, Chur, Potsdam)

Literatur
Haas, Corinna: „Spielen die jetzt Soziologen?“. Nutzerstudien mit 
ethnografischen Methoden. In: 027.7 Zeitschrift  für Bibliothekskultur 1 (2013) 
3, http://www.0277.ch/ojs/index.php/cdrs_0277/article/view/38/101
Haas, Corinna: Wozu Ethnografie in Bibliotheken?. In: Bibliothek. Forschung und 
Praxis 38 (2014) 2, 185-189
Kaden, Ben: Ein Handbuch und sein Fach. Zu einer aktuellen Besprechung in der 
Zeitschrift BuB. In: LIBREAS.Weblog, 19.06.2014, 
http://libreas.wordpress.com/2014/06/19/bibliothekswissenschaft_bub/
Schuldt, Karsten: Bibliotheken erforschen ihren Alltag. Ein Plädoyer. Berlin: 
Simon Verlag für Bibliothekswissen, 2014
Siegfried, Doreen ; Nix, Sebastian: Nutzerbezogene Marktforschung für 
Bibliotheken. Eine Praxiseinführung (Praxiswissen). Berlin: Walter de Gruyter, 
2014
Umlauf, Konrad ; Fühles-Ubach, Simone ; Seadle, Michael: Handbuch Methoden der 
Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Bibliotheks-, Benutzerforschung, 
Informationsanalyse. Berlin: Walter de Gruyter, 2013
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