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Re: [InetBib] Zukunftsweisend? - Konsortialvertrag mit Springer



Sehr geehrter Herr Umstatter,

ich denke als (hin und wieder) publizierender Hochschultaetiger auch ueber Open 
Access nach. Das Problem ist fuer mich der Preis, den Journale den Autoren 
abverlangen, um die Produktion und die Datenhaltung zu finanzieren. In unserer 
Hochschule muesste ich den privat zahlen, um zu publizieren. Und die 
Verbreitung und Zukunftssicherheit (im Sinne zukuenftiger Verfuegbarkeit) der 
OA Journale ist fuer mich nicht transparent genug. In der Mathematik kommt 
dazu, dass die beiden fuehrenden Referatejournale der Welt OA Journale auch mit 
Vorsicht behandeln. Dann schon lieber gleich unter www.arxiv.org publizieren! 
Das Archiv besteht unter wechselnder Traegerschaft schon 25 Jahre, stabil. Und 
die Community hat die Moeglichkeit, News von dort zu abonnieren, in regem 
Gebrauch. Das arxiv haelt inzwischen 1 Mio Publikationen - ein riesiges OA 
Journal.

Subventionieren eigentlich Bibliotheken oder Fachinformationsdienste OA 
Journale? Investieren sie in die langfristige Datenhaltung dieser 
Publikationen? Mutieren sie ein Stueck weit zu Verlagen?

Insofern ist die Diskussion um eine Verringerung der Budgetbelastungen, mit den 
damit einhergehenden Zwaengen, fuer Bibliotheken gleichzeitig eine Diskussion 
darueber, wofuer Bildungs- und Wissenschaftsgelder in der Gesellschaft 
zusaetzlich bereitgestellt werden sollen. Da letztere Budgets auch von 
Kuerzungen betroffen sind, ergeben sich noch ganz andere Zwaenge im 
Bildungswesen, die letztendlich in einer Verringerung der Nachfrage (personell 
gesehen) bei den Bibliotheken und Fachinformationsdiensten wieder ankommen 
werden. 

Man wird also nicht umhinkommen, ueber die Geschaeftsmodelle der Verlage zu 
diskutieren, denn dort kommt das Geld auf jeden Fall an! Es ist nur eine Frage 
der Quellen. Und die Traeger von OA Journalen bereichern die Verlagslandschaft 
zusaetzlich. Vielleicht installieren die eines Tages zu bezahlende 
Premium-Dienste a la Facebook und Konsorten?

Soweit eine von mir beobachtete Facette der Problematik.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Frank.
HTWK Leipzig
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Walther 
Umstaetter
Gesendet: Donnerstag, 30. Oktober 2014 09:52
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Zukunftsweisend? - Konsortialvertrag mit Springer


Nachdem www.dasbibliothekswissen.de/ zu einer quasi neuen 
Bibliothekszeitschrift geworden ist, (der selbe Verlag bringt nun auch „Kompass 
für Sozial­management“ heraus - trotz des anhaltenden Zeitschriftensterbens ;-) 
und auch dort, wie schon in INETBIB mehrfach angesprochen, wird angemahnt, 
„Hochschulen könnten mehr für Open Access tun“. Mir scheint es darum wichtig 
darauf hinzuweisen, dass das eigentliche Problem noch immer die Dominanz der 
viel zitierten closed access Zeitschriften ist. Nachdem es insbesondere dem 
Sciene Citation Index gelungen ist eine Reihe wichtiger Zeitschriften noch 
wichtiger werden zu lassen, wurde es den Hochschulbibliotheken immer schwerer 
gemacht solche Zeitschriften abzubestellen, was manche Verlage schamlos 
ausnützen.

Übrigens ist der Impact Factor dabei relativ unwichtig, weil der die Zitationen 
durch die Zahl der enthaltenen Aufsätze teilt. Entscheidend ist die Zahl, wie 
oft eine Zeitschrift zitiert wird, weil das mit der Nachfrage korreliert, und 
auch korrelieren muss, weil man zitierte Aufsätze auch gelesen haben sollte. 
Die Krux liegt auch darin, dass es den Closed Access Zeitschriften gelungen 
ist, glaubhaft zu machen, dass sie eine höhere Qualität anbieten (s. Impact 
Factor), was schon oft genug als Unsinn entlarvt wurde.

Es sind also drei Änderungen anzuregen.
1. Es sollte mehr in Open Access Zeitschriften publiziert, bzw. neue 
Erkenntnisse direkt ins Netz gestellt werden.
2. Die völlig überzogenen Preise von Closed Access Zeitschriften müssen 
boykottiert werden. Insbesondere von den Konsortien.
3. Die Inhalte aus diesen Zeitschriften müssen reviewed werden, wie das schon 
früher geschah, als im Bibliotheksbereich insgesamt noch nicht so viel Geld 
ausgegeben werden konnte, wie heute. Darum entstanden ja damals die 
Bibliographien, die Dokumentation und die Fernleihe. Es ist schlichter Unsinn, 
dass die Bibliotheken in den letzten Jahrzehnten immer weniger Geld an die 
großen Verlage zahlten.

MfG
Walther Umstätter

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