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Re: [InetBib] Soll "Mein Kampf" jetzt in die Stadtbücherei?



Zur Frage, sollte ein Buch nur dann in den Bestand aufgenommen werden, wenn es tatsächlich nachgefragt wird? Antwort, nicht nur dann, aber vorwiegend dann, wenn man Anhaltspunkte dafür hat, dass es in der eigenen ÖB auch nachgefragt werden wird, sobald es im Bestand ist.

1. Frage meinerseits: Soll das “erbärmlich” bedeuten, dass jede Öffentliche Bibliothek (ÖB) in Deutschland nun “Mein Kampf” erwerben muss, obwohl es auch im Internet verfügbar ist? 2. Es gab eine Zeit, in der ÖBs vorwiegend “das gute Buch” zur Bildung der Bevölkerung anbieten sollten. Das war im sog. “Dritten Reich” mit „Mein Kampf“ allerdings etwas völlig anderes, als davor, in der DDR wieder etwas anderes und heute, nach diesen Erfahrungen, weiß kaum noch jemand, wie man ein “gutes Buch” definieren soll. Stattdessen waren die ÖBs in den letzten Jahrzehnten gezwungen möglichst hohe Nutzerzahlen zu generieren um nicht geschlossen zu werden. Insofern wurde die Nachfrage als Kriterium immer wichtiger. 3. Ich bin zwar auch der Meinung, dass man “Mein Kampf” mal genauer auf den Unfug darin studiert haben sollten, denn Hitler fühlte sich schon als Autor als genialer Führer, weil er drei Erkenntnisse hatte: A: Wenn man lügt, muss man so infam lügen, dass sich die kleingläubigen Anhänger nicht vorstellen können, dass jemand dazu den Mut hat (man könnt auch sagen, dazu dumm genug ist). B: Da die meisten Anhänger leicht verunsichert werde können, dürfen sie nie den Eindruck gewinnen, dass sie mehr als einen Gegner haben, folglich muss man als Führer alle Gegner und auch Fehler die dem Führer unterlaufen, auf einen einzigen Gegner reduzieren.
C: Hier bot sich Hitler das ohnehin vielen verhasste Judentum an.
So absurd und auch idiotisch diese Erkenntnis Hitlers war, denn die Folgen sind bekannt, er hielt sie für Genial und publikationswürdig. Eigentlich hätte dass allen Lesern auffallen müssen, aber die meisten haben das Buch ohnehin nicht wirklich gelesen, andere haben die Gefahr zwar gesehen, waren aber dagegen machtlos, und vermutlich die meisten erkannten nur, dass man sich an der Entmachtung der Juden bereichern kann.

Eigentlich müsste dieser inzwischen völlig veraltete Quatsch über die Schulbildung längst abgehandelt worden sein, aber die meisten Menschen glauben noch immer, Hitler hätte aus Judenhass gehandelt. Es war noch viel schlimmer, diese Menschen waren ihm noch gleichgültiger, als seine Anhänger.

MfG
Walther Umstätter


Am 2016-01-12 16:01, schrieb Robert Günther:
Am 12.01.2016 um 15:17 schrieb Klaus Graf:
On Tue, 12 Jan 2016 14:23:49 +0100
 Josef Wandeler <wandeler@xxxxxxxxxx> wrote:
Lieber Herr Pietsch

Ich bin durchaus Ihrer Meinung, dass Links statt einem
längeren Text sinnvoll sind. Und natürlich habe ich den
Blogeintrag gelesen und ebenso die beiden Texte, auf die
dort verwiesen wird.
Was mir gefehlt dabei: eine sinnvolle Begründung, warum
es "erbärmlich" sein soll, wenn eine Stadtbücherei ein
sehr schwierig zu lesendes Buch nur dann in den Bestand
aufnimmt, wenn es tatsächlich nachgefragt wird.
Darüber kann und soll man durchaus diskutieren, nicht
einfach mit dem verbalen Vorschlaghammer durch die Gegend
ziehen.
Tut mir leid, wenn ich Sie ueberfordere. Denkende Menschen
sind durchaus in der Lage, auch ohne lange Vorgaben
meinerseits ueber das Problem zu reflektieren, was es
bedeutet, wenn sich eine Stadtbuecherei weigert, eine sich
bewusst auch an Laien wendende wissenschaftliche Ausgabe
eines Buchs anzuschaffen, das ab 1933 wohl in jeder
oeffentlichen Buecherei womoeglich in mehreren Exemplaren
vertreten war. Es war eines der unheilvollsten Buecher des
20. Jahrhunderts. Die Ausgabe ist derzeit fester
Bestandteil der Feuilleton-"Blase". Aber die ist womoeglich
auch fuer oeffentliche Bibliotheken zu hoch.

Vermutlich ist Ihnen der Begriff "Verflachungsspirale" kein
Begriff, aber anderen sagt er sicher etwas. Zwischen der
Bibliothek als moralischer Anstalt und einer niveaulosen
Bestseller-Sammlung gibt es eine Menge von Zwischentoenen,
aber es ist mein gutes Recht als Historiker, die Haltung
dieser westfaelischen Bibliothekarin erbaermlich
geschichtsvergessen zu finden.

Und mir leuchtet es als Nicht-Bibliothekar ueberhaupt nicht
ein, wieso das Bibliothekswesen mehr und mehr
auseinanderdriftet: in den Bereich der wissenschaftlichen
und Spezial-Bibliotheken und einem zunehmend niveau- und
orientierungslosen

http://esteinhauer.tumblr.com/post/137013877060/nennt-es-nicht-bibliothek

Bereich der oeffentlichen Bibliotheken, der uebrigens hier
in INETBIB kaum mehr vorkommt.

Klaus Graf
Liebe Liste.

ich muss gestehen, dass mir das kein Begriff ist.
Was ist die "Verflachungsspirale"?


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.