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Re: [InetBib] Verleih elektronischer Bücher



Lieber Herr Weichselgartner, werte Kollegen/innen,

nach der Rechtslage hierzulande (in der EU) erwerben Bibliotheken und sonstige Lesende lediglich Nutzungsrechte, wenn ein elektronisches Buch "gekauft" wird. Das ist rechtlich nicht annähernd so viel wert, als wenn Eigentum an einer Sache (z.B. gedrucktes Buch) erworben wird - dann kann der/die Eigentümer/in "nach Belieben" (§ 903 BGB) mit der Sache verfahren. Dieser Effekt wurde schon vor Jahren an dieser Stelle als "schleichende Enteignung" diskutiert (vgl. https://inetbib.de/listenarchiv/msg48529.html). Diese Ausgangslage verpflichtet m.E. Bibliotheken zur besonderen Sorgsamkeit beim "Erwerb" (rein) elektronischer Bücher, im Zweifel: besser Tranformation in OA-Budget!
Vor knapp zehn Jahren gab es mit der Leitentscheidung UsedSoft des EuGH 
einen Lichtblick: Seitdem dürfen Softwarelizenzen (z.B. 
Arbeitsplatzlizenzen) weiterverkauft werden. Leider wurde dies nur für 
den speziellen Rechtsrahmen bei Computerprogrammen so entschieden. Zudem 
hat der Börsenverein es in den folgenden Jahren mit einmal mehr kluger 
Führung von Musterprozessen (e-books und Hörbücher) geschafft die oben 
beschriebene Rechtslage zu zementieren. Ansonsten.... würden wir in 
einer anderen (Urheberrechts-)Welt mit freiem Handel "gebrauchter" 
Lizenzen leben - ich hatte diese quasi Utopie einmal durchdacht und 
fachjuristisch zu begründen versucht (siehe 
http://hdl.handle.net/11858/00-001M-0000-0010-0C44-9).
Seit einigen Jahren setzen sich die Bibliotheksverbände für ein Recht 
zum E-Lending ein, auch der dbv macht sich dafür stark. Leider hat die 
Bundesregierung einen entsprechenden Prüfauftrag aus dem 
Koailitonsvertrag bei der derzeitigen Urheberrechtsreform erneut nicht 
weiter aufgegriffen. Ihr Unverständnis, lieber Herr Weichselgartner, 
scheint also noch nicht ausreichend bei Regierung und Bundestag 
angekommen zu sein...
Viele Grüße, Thomas Hartmann (FIZ Karlsruhe)

Am 21.12.2020 um 12:00 schrieb Erich Weichselgartner via InetBib:
Ich habe ein anderweitig nicht lieferbares Buch elektronisch für eine
Arbeitsgruppe gekauft (konkret: Amazon Kindle-Version). Ein physisches
Exemplar könnte ich jederzeit an die Kollegen weiterreichen. In den
USA könnte ich ein Kindle-Buch analog zum gedruckten Buch verleihen
("share eligible Kindle books for up to 14 days ..."). In Deutschland
geht das aber nicht ("Leider ist die Funktion aufgrund der Rechtslage
nicht in Deutschland verfügbar."). Hm, als Laie muss ich da passen.
Wie ist die Rechtslage? Gäbe es diese Ausleihfunktion evtl. bei
anderen E-Book-Anbietern, oder ist das generell unterbunden?

Danke für Hinweise und schöne Adventstage,
Erich Weichselgartner






Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.