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Re: [InetBib] Gendern (War: Re: Antw: Re: Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag)



Liebe Liste

es sind mir doch zu viele Hüte im Spiel, wobei: eigentlich mag ich ja de Bono als Methode ganz gerne, um einen Sachverhalt multiperspektivisch zu betrachten...

Lieber Michael - danke für deine klaren Worte, mir haben bei Herrn Knochs Ton auch schon die Finger gezuckt. Ich bewerte gerade studentische Arbeiten zu 'Medien an den Rändern' - da sind die wirklichen Aluhüte zu finden (nicht bei den Studierenden, sondern bei den besprochenen Texten). Zurück zum Thema: Ich fände es sehr hilfreich, wenn wir alle etwas toleranter miteinander umgehen könnten, etwas 'würdiger' die jeweils andere Seite (und die vielen Graubereiche dazwischen) verstehend.

Für mich ist Sprache etwas sehr lebendiges, und als jmd., der sich viele Jahre in der Lesben- und Schwulenbewegung engagiert hat, weiss ich auch um die Sensibilität und die Verletztheit, die sie braucht bzw. erzeugen kann. Und ich weiss auch um die Gradwanderung der CancelCulture und der Sprachpolizei, ihren (nötigen!) Grenzen aber auch dem ihr innewohnenden positiven, appelativen und sanktionierenden Charaktar... Dies weiss ich aus eigener Erfahrung als Sender (ich lege wahrlich nicht immer meine Worte auf Goldwagen) wie auch als Empfänger (Freunde dürfen mich 'du blöde Tucke' nennen, weil ich es entweder bin oder weil es liebevoll gemeint ist oder weil ich {als ich jünger war, damals} das Spielen mit der Männerrolle noch sehr genossen habe, heute gestatte ich mir das nicht mehr - nennt man wohl erwachsen und verspiesst...)

Und die Diskussion geht m.E. nicht wirklich um den Genderstern, sondern um die Haltung dahinter... Als Bibliotheken sind wir öffentliche und offene Räume, unser Job ist es, in diesen unseren Besucher*innen und Kund*innen gegenüber einen SafeSpace zu garantieren, der sowohl diskriminierungsfrei zu sein hat, in dem aber auch kritische und polarisierende Diskussionen geführt werden sollen, dürfen und müssen. Auch hier wieder: viel Gradwanderung.

Wenn wir das als Raum BIbliothek nach aussen sein wollen, sollen und (gefälligst!) müssen - dann sollten wir das auch als Haltung im Miteinander einüben. Mit all den Fehlern auf dem Weg dahin. Fehler kann man aber in der Diskussion erkennen, und sollte sie dann beheben: Die Bezeichnung unsereres Fachkongresses ist sicher (damals) kein Fehler gewesen, aber wird heute als diskrimierender oder zumindest nicht inkludierender Name verstanden.

'Nur was sich verändert, bleibt' - ist doch ein schönes Motto, sowohl für die Sprache wie auch für das Miteinander hier in der LIS-Community, und - auch wenn ich hier eine sehr, sehr starke Beharrungsmentalität in der letzten Dekade erlebt habe - viellicht auch (irgendwann) beim bib*tag.

Tom (Becker)

Am 29.06.21 um 09:01 schrieb Michael Schaarwächter via InetBib:
Hallo Herr Knoch,

Ihre Formulierungen sind polemisch und entbehren jeglicher Argumente, die Wortwahl teilweise weit unterhalb einer Schmerzgrenze ("ideologische Vereinahmung", "Volkserziehung", "nach jahrzehntelanger Abstinenz").

Ich würde mich freuen, wenn wir zur Sachlichkeit zurückfinden würden.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Schaarwächter


Am 29.06.2021 um 08:38 schrieb Stefan Knoch via InetBib:
Liebe Frau Gastinger,

die Stimme der Vernunft, für die Sie dankenswerterweise eine Lanze brechen, findet leider immer weniger Gehör. Dabei sollte eigentlich gerade unsere Berufsgruppe allergisch auf jegliche ideologische Vereinnahmung der Sprache reagieren, doch im Gegenteil: VDB, dbv und etliche andere bibliothekarische Institutionen und Einzelpersonen propagieren schon seit längerem Genderstern & Co. mit einem solch missionarischen Eifer, daß man meinen könnte, sie seien nach jahrzehntelanger Abstinenz froh, sich endlich wieder einmal der Volkserziehung widmen zu können. Daß dies ungefähr soviel mit Gleichberechtigung zu tun hat wie das Tragen von Aluhüten mit dem gesunden Menschenverstand, macht die Sache dann leider auch nicht besser.

Viele Grüße

Stefan Knoch


Dr. Stefan Knoch
Stellvertreter der Bibliotheksdirektorin
Staatsbibliothek Bamberg
Neue Residenz, Domplatz 8, 96049 Bamberg
Telefon: 0951 / 95503-114



Almuth Gastinger via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx> 28.06.2021 16:06 >>>
Liebe Kolleginnen und Kollegen

Als Deutsche, die seit 24 Jahren im Ausland lebt und deren täglicher Sprachgebrauch (norwegisch und englisch) keine Unterscheidung zwischen männlicher und weiblicher Form macht, ist diese Diskussion nicht einfach so nachzuvollziehen. Ich verstehe natürlich, dass man in Deutschland eben oft nicht an Frauen UND Männer denkt (und was ist mit den anderen Geschlechtern?), wenn man die eine Form benutzt, während für mich immer beide oder alle Geschlechter gemeint sind. Allerdings ist das, was jetzt passiert, für mich übertrieben. Ich muss zugeben, dass ich das Gender-Sternchen oder was auch immer furchtbar finde. Am schlimmsten aber finde ich die mündliche Form mit der kurzen Pause. Für mich ist das dann verhunzte deutsche Sprache. Tut mir wirklich leid, wenn ich jetzt einige vor den Kopf stoße, aber ich wollte diese Perspektive von außen beisteuern. Und ich frage mich eben immer wieder, ob denn die Benutzung dieser Formen wirklich ein Umdenken in der Bevölkerung bewirkt?

Aber was ich vor allem sagen wollte: bitte nicht Bibliothekarinnentag! Warum denn nicht ganz einfach Bibliothekstag? Es geht doch um Bibliotheken (und Informationseinrichtungen), in denen sowohl Bibliothekarinnen, Bibliothekare, und viele andere Berufe arbeiten. Im Englischen sagt man doch auch Library Congress oder Library Conference.

Viele Grüße aus Trondheim,
Almuth Gastinger


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Dr. Tom Becker
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Professor für Medienmanagement und Medienvermittlung in Bibliotheken (FH)
Studiengangsleiter B.A. 'Bibliothek und digitale Kommunikation'
Bundesvorstandsmitglied im Berufsverband Information Bibliothek (BIB e.V. 
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