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Re: [InetBib] Altersdiskriminierung



Liebe Frau Wiesenmüller,

ich will das wirklich nicht weiter treiben, aber ein paar Sätze müssen doch noch sein.

Ich habe die Mail von Herrn Schmid-Ruhe durchaus genau gelesen. Die Älteren im "vorgerückten Geistesalter" (!) wurden darin aufgefordert, mit Rücksicht auf  ihren Blutdruck (!) und angesichts der Tatsache, dass sie bald nichts mehr zu sagen haben, "zu entspannen" und außerdem die Jüngeren argumentativ nicht plattzuwalzen - als wäre dies sonst ihr übliches Benehmen. Ich finde schon, dass diese Aussage diskrimierend und wenig respektvoll ist. Ich erwarte als ältere Kollegin denselben Respekt, den die Jüngeren mit Recht beanspruchen und  glaube auch nicht, dass das etwas mit "sich wichtig nehmen" zu tun hat. Stellen Sie sich bitte den umgekehrten Fall vor - ein älterer Kollege oder eine ältere Kollegin fordert die Jüngeren auf, doch mal zu entspannen, weil sie schließlich noch keine Erfahrung hätten und vor 10 Jahren vielleicht noch im Sandkasten gespielt haben. Ich denke, der Aufschrei wäre - mit Recht! - groß. Um eine diskriminierungsfreie Sprache und einen respektvollen Umgang miteinander sollte sich JEDER/JEDE bemühen - bei allem Verständnis für Polemik oder satirische Überspitzung.

Mit freundlichen Grüßen
Kornelia Richter



Am 08.07.2021 um 09:08 schrieb Heidrun Wiesenmüller via InetBib:
Liebe Frau Richter,

Sie sollten die Mail von Herrn Schmid-Ruhe schon genau lesen. Nirgends wird hier irgendjemandem der Mund verboten. Aber es wird dazu aufgefordert, das eigene Kommunikationsverhalten selbstkritisch zu prüfen und den jüngeren Kolleg:innen unvoreingenommen zuzuhören.

In dem Satz "5 Jahre danach..." wird - gewiss ein wenig satirisch, aber von der Sache her völlig korrekt - auf einen ganz normalen Vorgang hingewiesen. Selbstverständlich sind viele Kolleg:innen im Ruhestand  z.B. wissenschaftlich tätig und bringen sich teilweise sogar noch aktiv in die Community ein (was ich sehr schätze und begrüße!). Aber man hat in dieser Situation in der Regel nichts mehr zu entscheiden oder zu bestimmen. Es sind dann eben andere am Ruder - und das ist auch gut so.

Ich habe noch einige Jahre bis zu meiner Pensionierung, denke aber, dass es mir (wie allen anderen) gut tut, sich dies frühzeitig vor Augen zu führen. Üben wir uns deshalb alle ein bisschen in Bescheidenheit und sonnen wir uns nicht in unserer (tatsächlichen oder angenommenen) Wichtigkeit!

Möglicherweise fehlte Ihnen zur Interpretation der Mail von Herrn Schmid-Ruhe ein wichtiger Baustein: Der Kollege, der sich von diesem Passus eigentlich am meisten angesprochen gefühlt haben sollte, hat es wohl für unter seiner Würde befunden, hier auf der Liste zu schreiben. Stattdessen hat er sein "Elaborat" (mir würden dafür auch andere Wörter einfallen) in seinem eigenen Blog veröffentlicht, der nicht einmal eine Kommentarfunktion besitzt. Bei Interesse lasse ich Ihnen den Link gerne zukommen; hier möchte ich ihn nicht verbreiten, weil man für so etwas wirklich keine "Werbung" machen möchte.

Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller





Am 07.07.2021 um 23:56 schrieb Kornelia Richter via InetBib:
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte die Genderdebatte nicht weiter befeuern, aber der Beitrag von Prof. Schmidt-Ruhe an die Liste veranlasst mich doch zu einem Kommentar. Ich finde es erschreckend, in welcher Weise er darin von älteren Kollegen spricht.

Die meisten Diskutanten (mask.!) scheinen mir doch ein recht vorgerücktes Geistes- und Arbeitsalter erreicht zu haben. Tun Sie doch mal sich und Ihrem Blutdruck einen Gefallen: Viele von Ihnen gehen in 5 bis 10 Jahren in den Ruhestand. 5 Jahre danach spricht das Bibliothekswesen von Ihnen nur mehr in der Vergangenheit, 10 Jahre danach gibt es kaum mehr eine/n, der/die sich an Sie erinnert. 15 Jahre danach fragt man entweder, wer Sie denn gewesen seien oder verwundert, ob Sie noch lebten. Entspannen Sie sich! Und fragen Sie vielleicht mal die jüngeren Kolleg*innen - ohne diese gleich argumentativ platt zu walzen, verächtlich über ihre Sexualität zu sprechen oder sie lächerlich machen zu wollen, indem Sie sich über persönliche Preisgaben oder Lapsus lustig machen.

Denjenigen, die sich im "vorgerückten Geistes- und Arbeitsalter" befinden, sagt Herr Schmidt-Ruhe damit unverblümt, sie sollten gefälligst den Mund halten, da sie in 5 oder 10 Jahren ohnehin Geschichte seien. Gleichzeitig unterstellt er ihnen pauschal intolerantes und respektloses Verhalten gegenüber Jüngeren.
Ich finde diese Aussagen diskriminierend und inakzeptabel.

Mit freundlichen Grüßen
Kornelia Richter



--
Prof. Dr. Kornelia Richter
Leipzig


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.