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Re: [InetBib] Grundsätzliche Frage



Lieber Herr Knoch,

darauf möchte ich antworten, und zwar stellvertretend für mindestens zwei 
Fälle, von denen ich aus direkter Anschauung weiß, die aber anders gelagert 
sind als ihre Grundsatzfrage, zu der sie dennoch gehört. Um betroffene 
Kollegen/Kolleginnen zu schützen, wähle auch ich ein Pseudonym.  Vorweg möchte 
ich betonen, dass damit nicht behauptet werden soll, es bestünde ein 
flächendeckendes Problem im Bibliothekswesen und auch nicht, dass es auf 
Inetbib bestünde. 

Wenn wir über Binnenklima reden, dann auch INNERHALB einer Bibliothek: Ja, 
obwohl wir von einer Berufsgruppe reden, die mit einem Berufsethos unterwegs 
sein sollte und die für Einrichtungen stehen, die es genau deswegen gibt, 
nämlich um Meinungsfreiheit, Vielfalt, gegenseitigen Respekt gesellschaftlich 
erst ermöglichen zu können, ist dieselbe IN einer Bibliothek nicht automatisch 
sichergestellt: Kolleginnen/Kollegen wurden (und werden) durch Führungskräfte 
systematisch ausgegrenzt, weil und wenn sie sich berufsfachlich korrekt und 
exakt im Sinn der oben genannten Werte gegenüber Führungskräfte äußern (die 
eine gegenteilige Auffassung durchsetzen möchten) und erlitten auf Grund dessen 
tatsächlich im Arbeitsalltag spürbare Nachteile, und das dergestalt, dass ein 
Unterschied zum Bossing nicht mehr feststellbar ist. Bossing (Mobbing durch 
Vorgesetzte) verträgt sich nicht mit unserem Auftrag, verträgt sich nicht mit 
bibliothekarischen Werten, verträgt sich nicht mit unserem Berufskodex 
(Berufsethische Grundsätze). Dass Bossing auch in Bibliotheken wie anderswo 
natürlich verboten und disziplinarrechtlich sanktioniert wird, ändert nichts 
daran, dass gebosst wird, weil – wie in diesen Fällen - die jeweiligen 
Führungskräfte am längeren Hebel sind, um ihr Verhalten zu kaschieren, weil sie 
in der Lage sind, das gegenüber den übergeordneten Leitungsebenen anders 
darstellen zu können, weil sie ein Klima der Angst kultivieren konnten, in der 
die Betroffenen nicht mal vom Kollegium unterstützt werden, weil, wer sich 
keinen dauerhaften Ärger einhandeln möchte, hält sich zurück und komplett raus.

Kurz: Auch IN einer für Respekt, Toleranz und Meinungsvielfalt stehenden 
Bibliothek wurde auch respektlos und diskriminierend mit ihrem Personal, das 
genau für diese Werte handelte, umgegangen – gezielt und mit Leid verbunden. 
Zur Sicherheit sage ich es nochmal: Diese meine Behauptung bezieht sich auf 
eine Bibliothek, nicht auf DIE Bibliotheken.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Muster

 
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> im Auftrag von Stefan Knoch via 
InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
Gesendet: Freitag, 13. Mai 2022 10:50
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: [InetBib] Grundsätzliche Frage 
 
Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen,

nachdem nun eine Woche ins Land gegangen ist und hier noch niemand eine Frage 
gestellt hat, die sich zumindest mir regelrecht aufdrängt, greife ich nun 
selbst zur Tastatur.

Am Donnerstag der vergangenen Woche hat eine Kollegin (oder ein Kollege?), die 
sich Junia des Esseintes nennt, hier zu Protokoll gegeben, daß sie berufliche 
Nachteile befürchtet, wenn sie unter Klarnamen ihre Meinung auf Inetbib 
vertritt. Mir geht es jetzt nicht um das Thema, das die Kollegin in ihrer 
E-Mail behandelt, mir geht es vielmehr um etwas ganz Grundsätzliches - und dies 
umso mehr, als mir diese Kollegin kein Einzelfall zu sein scheint: Als ich mich 
nämlich im vergangenen Jahr zum selben Thema kritisch geäußert habe, erhielt 
ich mehrere zustimmende Rückmeldungen direkt an meine E-Mail-Adresse, deren 
Verfasser sich nicht trauten, diese ihre Zustimmung über den Inetbib-Verteiler 
kund zu tun.

Da stellt sich mir (und hoffentlich auch anderen) eine ganz grundlegende Frage: 
Wie paßt es zusammen, daß eine Berufsgruppe, die einerseits besonders 
nachdrücklich für Toleranz, Vielfalt und gegenseitigen Respekt eintritt, 
andererseits ein Binnenklima kultiviert, in dem offenbar manche Leute Angst 
haben, in großer Runde und zu allen Themen frei ihre Meinung zu äußern?

Viele Grüße

Stefan Knoch


Dr. Stefan Knoch
Stellvertreter der Bibliotheksdirektorin
Staatsbibliothek Bamberg
Neue Residenz, Domplatz 8, 96049 Bamberg
Telefon: 0951 / 95503-114



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