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Re: "Normdatei" wg. Rechtschreibreform



Kollegin Muennich schrieb:

> Lieber Herr Klauss, liebe Inetbibler, genau auf diese 
> maschinenlesbaren "Woerterbuecher" reflektieren die Regelwerksgruppen, 
> da wir gerade an der Reform der Titelansetzung arbeiten. Zumindest 
> fuer die neue Rechtschreibung und die anglo-amerikanischen 
> Unterschiede muesste es eigentlich Vorlagen geben. Dies 
> recherchieren wir zur Zeit.
> >
> > Kollege Klauss: 
> > 
> > Mein Vorschlag.
> > 1. Es wird ein Verzeichnis aller betreffenden Begriffe (evtl. 
> > incl. Komposita) erstellt bzw. von der Dudenredaktion abgefragt. Die
> > Recherche sollte m.E. ueber die mit der jetzigen Reform veranlassten
> > AEnderungen hinausgehen, ...

Das ist alles sehr verdienstvoll und laengerfristig sicher kaum zu umgehen,
hat aber doch eher einen Behelfs-Charakter. 
Denn:

Sicher kann man in einige Datenbanken, in einige Softwaresysteme, solche
Mechanismen einbauen. Es gibt aber schon jetzt eine unuebersehbare Viel-
falt von computerisierten Suchsystemen. Da ist es voellig illusorisch,
dass diese das alle loesen koennen - wie beim Jahr-2000-Problem! Und noch
mehr ist illusorisch, dass sie alle wirklich in gleicher Weise arbeiten
wuerden. Die Verwirrung wuerde eher noch verschlimmert, weil man hier
und da Erfolg mit der und der Abfragemethodik haette, bei anderen
Systemen wieder nicht. Man wuesste ueberhaupt nicht mehr, auf was man
sich eigentlich verlassen kann, und wie gesagt, schon jetzt kann man
sich auf weniger verlassen, als viele denken oder hoffen.
Es ist ja auch so, dass es mit den STAMMschreibungen allein nicht 
getan ist: die Software muss erkennen koennen, ob ein Wortstamm innerhalb 
einer Zusammensetzung vorkommt (also nicht am Wortanfang)! Fuer einen 
Menschen eine leichte Aufgabe, fuer einen Computer nur unvollkommen 
loesbar und sehr schwierig.
Und: Es werden immer neue Zusammensetzungen gebildet, das ist ja gerade fuer
unsere Sprache charakteristisch, d.h. keinesfalls kann man alle in einer
Wortliste erfassen. 
Umgekehrt: die Reform trennt auch viele Woerter, die vorher zusammenge-
schrieben wurden. Auch fuer diese kann man kaum eine vollstaendige Liste
aufstellen.
Im uebrigen wuerde durch derartige technische Massnahmen das Verhalten
von Suchsystemen weniger durchschaubar als es jetzt ist. Es bleibt zwar
deterministisch, wirkt aber willkuerlich! Das muss bei einem Computer-
system den Nutzer zumindest irritieren. 

Damit will ich die lobenswerten Bemuehungen nicht madig machen, aber
doch unrealistischen Optimismus relativieren.
Naechste Woche werde ich meine Liste der vermutlich OPAC-relevanten 
geaenderten Schreibweisen von 1995 nochmals revidiert vorlegen, damit sich 
jeder ein Bild machen kann.

Schoenes Wochenende, B.E.


Bernhard Eversberg
Universitaetsbibliothek, Postf. 3329, 
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