[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: Internet-Realitaet in Bibliotheken



>
> Ich waere aber sehr interessiert zu erfahren, in welcher Weise und
> wofuer das Netz in anderen Bibliotheken benutzt wird (ausser zur
> Recherche in Bibliothekskatalogen und zur Beteiligung an/Lektuere von
> dieser Liste). Solche Nuetzlichkeitsargumente mit Beispielen
> ueberzeugen doch die Kollegen am ehesten.
>
> Viele Gruesse - Angela Oehler, Staatsbibliothek zu Berlin
>

Was meinst Du: das NETZ oder INTERNET? Oder
gehst Du davon aus, dass man das gar nicht so
trennen kann, oder meinst Du gar, dass man
von der grossen Internet-Welt etwas fuer die
kleine eigene Netz-Provinz lernen und nutzen
kann?

Auf diesem Gleis, naemlich auf dem eigenen,
kleinen und damit ueberschaubaren Terrain
(wer hat denn schon ein Thema fuer eine
bundesweite Diskussionsliste, oder wer
haette, selbst wenn er es haette, gleich den
Mut und den Schwung, es landesweit per
Einrichtung einer Diskussionsliste zum Thema
von vielen zu machen?) versuche ich naemlich
derzeit etwas mehr Vertrautheit mit den
Dingen zu gewinnen und diese zur Praxis
werden zu lassen, und mir (womoeglich anderen
auch?) die Arbeit zu erleichtern:


Beispiel 1:

Fachreferat Physik. Im einschichtigen
Bibliothekssystem besteht mein Job darin,
Bindeglied zwischen Bibliotheks- und Infor-
mationssystem und Fachbereich Physik zu
sein. Wieweit das bisher und in Prae-E-mail-
Zeiten gelungen ist, das moegen andere beur-
teilen; dass die Moeglichkeiten zur Ausfuellung
dieser Aufgabe aber eine qualitative AEnde-
rung zum Guten (seien wir bescheidener: zum
Besseren) erfahren haben durch die Moeglich-
keit, sich mit den Mitgliedern des Fachbe-
reichs per E-Post zu verstaendigen, das ist
mir seit 1 bis 2 Jahren klar. Und diese
Kommunikationstechnik ist tendenziell demo-
kratisch: nicht nur Professoren und Biblio-
theksbeauftragte des Fachbereichs Physik
wenden sich an mich, sondern auch die Fach-
schaft Physik, die selbstverstaendlich (?)
auch ueber eine E-mail-Adresse verfuegt, tritt
mit ihren Anspruechen an mich heran.

Aber erst vor wenigen Tagen kam ich auf die
Idee, das technische Vehikel, das unseren
Austausch auf dieser Ebene hier erst moeglich
macht, auch fuers Fachreferat einzusetzen:
Ich habe eine Diskussionsliste eingerichtet
(oeffentlich, unmoderiert), in die ich z.B.
Anzeigen und Bezugsadressen von elektroni-
schen Zeitschriften einschleuse, Mitteilun-
gen ueber Zugriffsmoeglichkeiten auf hausin-
terne Datenbanken einbringe und auch ver-
suche, die bevorstehende Zeitschriftenab-
bestellungsrunde fachbereichsoeffentlich
werden zu lassen.- Zugegeben, von Dis-
kussionsrunde gibt es da bisher nicht viel
zu spueren, ich war bisher der einzige, der
da was eingebracht hat - aber die Liste ist
ja auch erst wenige Tage alt!


Beispiel 2:

An der Carl-von-Ossietzky-Universitaet Olden-
burg tobt(e) ein ziemlich heftiger Kampf
ueber die Einfuehrung von Parkplatzgebuehren.
(Wohlgemerkt nicht etwa als oekologische
Steuerungsmassnahme gegen den Autowahnsinn:
auch Fahrradstellplaetze sollen gebuehren-
pflichtig werden!). Viel Papier wurde be-
druckt, unzaehlige Gespraeche zwischen Kolle-
gen fanden statt, Mitarbeiterkonferenzen und
Personalversammlungen wurden abgehalten.

Ist das nicht ein Thema, das nach Einfuehrung
einer Diskussionsliste nur so lechzt? Ja,
eine Diskussionsliste wurde zwar eingerich-
tet, waehrend einiger Tage herrschte verhal-
tenes Leben darin, einige Mitarbeiter gaben
ihre mehr oder minder engagierten Statements
ab, und dann starb die Sache: Weder der
Kanzler der Universitaet noch ihre Presse-
stelle, weder der Personalrat noch die Ge-
werkschaftsvertretung noch die sonstigen
Mitarbeitervertretungen haben sich des
Mediums der extra eingerichteten Dis-
kussionsliste bedient.


Beispiel 3:

Zentrale Dienstbesprechungen finden im
Bibliotheks- und Informationssystem der Uni-
versitaet Oldenburg woechentlich zweimal in
wechselnder Zusammensetzung statt. Die Ver-
bindlichkeit dieser Besprechungen leidet
unter der prinzipiell nur ungleichzeitigen
Verfuegbarkeit der Mitarbeiter (z.B. Arztbe-
suche und Urlaub) und unter deren Verpflich-
tung zum oekonomischen Umgang mit der
Arbeitszeit, die dazu fuehrt, dass eher nur
ein Minimum von Mitarbeitern an diesen
Dienstbesprechungen teilnimmt, ohne dass man
davon ausgehen koennte, dass der Rest von
deren Entscheidungen nicht betroffen sei
oder kein Interesse an den auf den Dienstbe-
sprechungen stattfindenden Diskussionen
haette.

Beinahe als Selbstgaenger bietet sich die
Loesung an: Einrichtung einer MODERIERTEN
nicht-oeffentlichen Diskussionsliste (Modera-
tor: Bibliotheksleitung), geeignet, Dienst-
besprechungen zwar nicht ueberfluessig zu
machen, aber ihren zeitlichen Umfang zu re-
duzieren und ihren Wirkungsgrad enorm zu er-
hoehen.- Demokratische Alternative: NICHTMO-
DERIERTE Liste, da kann jeder unzensiert
seinen Senf reingeben, und die Bibliotheks-
leitung hat nur noch die Chance, auf der
Grundlage ihrer Sachkompetenz und ihres
Informationsvorsprunges die Sachen gege-
benenfalls wieder zurechtzuruecken.

Diese Liste (Variante "unmoderiert") wurde
inzwischen von der Technik her eingerichtet,
sie wurde der Bibliotheksleitung angeboten
zur Nutzung als Instrument der Fuehrung ihrer
Geschaefte (das haette bedeutet, dass sie auch
die Subskriptionsaufforderung an die Mitar-
beiter herausgeschickt und damit zu erkennen
gegeben haette, dass die Benutzung der Dis-
kussionsliste leitungsgewollt ist). Die Lei-
tung hat aber (noch nicht einmal dankend)
abgelehnt; nun werden es einige Kollegen
uebernehmen, die Liste zu propagieren. Mal
sehen, ob sie unter diesen miesen Vorzeichen
ihrem Ziel naeher kommt. Ich sehe schwarz und
fuerchte, dass die Liste des Boykotts der Ent-
scheidungstraeger (der Bibliotheksleitung)
wegen ein aehnliches Schicksal erleidet wie
die unter Beispiel 2 beschriebene Liste.

Gruesse an alle von
                         Heinrich


*                               Heinrich Allers *
* Bibliothek der Carl-von-Ossietzky-Universitaet *
*              Postfach 2541, D-26015 Oldenburg *
*                   Telefax +49 (0)441 798 4040 *
*           E-Post: allers _at__ bis.uni-oldenburg.de *
*************************************************


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.