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Re: Archivierung von WWW-Seiten



>
>Liebe Liste,
>das WWW ist AUCH ein Speichermedium und nicht zuletzt in manchen
>Bereichen ein Ersatz fuer das etablierte Publikationswesen. Zu denken
>ist etwa an E-Publikationen oder Fachdatenbanken, die in gedruckter Form
>die Kriterien der Pressegesetze fuer ablieferungspflichtige
>Publikationen erfuellen wuerden. Der Hinweis auf den E-Mail-Verkehr
>liegt voellig neben der Sache.

Interessant ist, dass Herr Graf hier ganz in der Rhetorik des Ersatzes
denkt. Dazu ist zu sagen, dass Medien nur selten vorhergehende Medien
ersetzt haben. Die Handschrift wurde nicht von der Schreibmaschine
verdraengt, der Film nicht vom Fernsehen, das Fernsehen nicht vom Video usw.
Statt dessen ist es so, dass Medien durch neue Medien ihren Geltungsbereich
aendern: handschriftlich schreibt man heute keine Buecher mehr, sehr wohl
aber Briefe usw. usf. Ich sehe nicht, warum das beim WWW anders sein soll,
kurz: Man muss die Kategorie des *Ersatzes* aufgeben.
Zu fragen ist dann, welche Funktion im Gesamt der Medien das WWW erfuellen
wird. Und hier nocheinmal meine These, dass es sich NICHT um ein
Speichermedium handelt. Der Grund liegt darin, dass es ein instabiles Medium
ist, das 1) durch die technischen Innovationszyklen sich permanent
veraendert und 2) auch auf der Ebene der *Teilnehmer* nicht stabil ist (wer
heute eine Hompage hat, hat morgen eine andere und uebermorgen keine). Man
muss daher folgenden Unterschied machen:
Man muss unterscheiden zwischen Datenbanken usw., die ueber das Netz
zugaenglich sind und als solche stabil sind, weil sie z.B. eine
institutionelle Betreuung erfahren, und dem Netz selber, das als Netz nicht
stabil ist, sondern flottiert UND DAHER kein Speichermedium ist (wiewohl es
gelegentlich Speichermedien enthaelt). Diese Differenz ist wichtig, weil
sonst auf medientechnischer Ebene die Pointe des Internet verfehlt wird.

>
>Erforderlich ist daneben eine Debatte ueber "Kulturelles Gedaechtnis",
>an der sich Bibliothekare und Archivare gemeinsam beteiligen sollten
>(derzeit wohl noch reine Utopie ;-).

Pardon, Herr Graf! Diese Debatte wird gefuehrt, und zwar auch von
Bibliothekaren. Der Punkt liegt eher darin, dass viele Bibliothekare sich
nicht die Muehe machen, die Debatte zu verfolgen und deshalb meinen, es
gaebe keine. 


 Im Bereich von Fernsehen und
>Rundfunk bestehen aus rechtlichen Gruenden groesste Probleme, diesen
>Teil unserer Realitaet fuer die Nachwelt so zu dokumentieren, wie dies
>bei den Printmedien durch die Pflichtexemplarbibliotheken geschieht.
>
>Denkverbote aus Konstanz helfen hier nicht weiter.
>

Ich kann mich nicht entsinnen, jemals ein Denkverbot ausgesprochen zu haben.
Offenbar liegt hier der Fall vor, dass das Vorbringen einer anderen Meinung
reflexartig abgemahnt werden soll.


>Freundliche Gruesse von der Mosel
>Dr. Klaus Graf
>http://www.uni-koblenz.de/~graf/
>

Homepagelose Gruesse vom Bodensee
U. Jochum
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 Dr. Uwe Jochum
 Fachreferent
 Universität Konstanz
 Bibliothek
 78457 Konstanz
 Tel.     07531 / 882842
 Fax      07531 / 883082
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