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Re: Sponsoring



> Schließlich fängt Korruption schon bei kleinen Dingen an

Unsere Bibliothek erhält seit Jahrzehnten von juristischen Bibliographien
wie juristischen Verlagen direkt wie indirekt (von "Zielpersonen" an uns
weitergeleitet) Literaturgeschenke, die wir zur Komplettierung unserer
Magazinbestände und besonders der Verstärkung der Mehrfachexemplare in den
Handbibliotheken verwenden. Wir weisen diese Erwerbungen selbstverständlich
als Geschenke mit allen Angaben in unseren Büchern aus, wir verzichten
allerdings darauf, die nicht engenommenen Geschenke (für den
Juristen:"aufgedrängte Bereicherung") auch noch zu registrieren.
Der Umfang der angenommenen Werke ist nicht mehr unerheblich. Die im
Internet einsehbaren Zahlen http://www.bundesgerichtshof.de/bibzahl01.doc
weisen für 2001 zu den staatlich finanzierten Ausgaben in Höhe von
1.328.760,86 DM zusätzlich eingestellte Geschenke im Wert von 397.377,02 DM
aus. Die im Bereich des Bundes geltende "Richtlinie der Bundesregierung zur
Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung" schließt die Annahme von
Geschenken nicht aus, sieht allerdings einen Genehmigungsvorbehalt vor.
Würde ich mich nicht um die Schenker und ihre Geschenke kümmern, sähe es mit
der Versorgung unserer Nutzer mit Arbeitsmaterial am Arbeitsplatz wesentlich
finsterer aus und ich müßte mich fragen lassen, ob ich die optimale
Nutzerversorgung als Arbeitsaufgabe vergessen hätte. Natürlich setze ich
mich da auch dem Verdacht aus, mich mal "mit einem oder zwei zusätzlichen
Zeitschriftenabonnements erkenntlich" zu zeigen. Aber meinen Sie, mit so
etwas riskiere ich meinen Job und den Ruf unserer Bibliothek, von dem ich
zehre?
Ich habe auch schon saur´e Brötchen verzehrt und andere Essen abgelehnt.
Mein Erwerbungsverhalten hält gleichwohl allen amtlichen Prüfungen statt,
nur einige Nutzer sähen mich gern noch ergebener gegenüber
Literaturgeschenken. Dass Sponsoren nicht aus Mildtätigkeit finanzieren
übersehe ich nicht, Verleger sind aber nicht grundsätzlich Feinde des
Bibliothekars. Ich sehe auch noch fern, obwohl die Sportveranstaltungen und
der Abendkrimi gesponsort werden. Ich lese auch noch Fachzeitschriften,
obwohl die Kosten des Fachinformationsblatts auch über Werbeanzeigen
hereingeholt werden müssen. Und meine Vorliebe für Weinschorle hat nichts
mit der Bierwerbung zu tun, das behaupte ich wenigstens (aber wie kann ich
Ihnen das beweisen? durch Biertrinken?).

Dietrich Pannier

Bundesgerichtshof - Bibliothek-, Herrenstrasse 45a, D-76133 Karlsruhe
Tel. +49(0)721 159306, Fax +49(0)721 159824; Mail:
pannier.dietrich _at__ bgh.bund.de
Homepage: http://www.bundesgerichtshof.de/welcome.htm



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