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Re: Informatiker entwickeln Bibliothek der Zukunft



Es klingt natuerlich gut, wenn Informatiker unter der Bezeichnung "MeDoc" fuer
10 Mio. DM
die ?Bibliothek der Zukunft? in Deutschland entwickeln. Fuer ueber hundert
Frau/Mannjahre
kann man sicher eine noch groessere Zahl von Wissenschaftlerinnen/n
?zukunftstraechtig? ausbilden.

Trotzdem hat Frau Gutzeit mit Ihrer Frage recht, ob hier eine Verwechslung von
Bibliothek und
Buchhandlung vorliegt, und der Hinweis von Dr. Kaestner, auf den ?Kern der
Existenz von Bibliotheken?
ist ebenso richtig. Eine Bibliothek spart fuer die Einrichtung fuer die sie
taetig ist Geld und verkauft
weder Buecher noch Lizenzen.

Die Antwort von Herrn Schwantner: ?Nein! Bücher werden hier nicht verkauft.? ist
natuerlich,
wie Dr. Obst richtig andeutet, nicht mehr ganz zeitgemaess, wenn man weiss, dass

Information Broker seit ueber einem viertel Jahrhundert ihre Ware tailor made
verkaufen.
Am Anfang wurden die ?Bibliografien? aus online-Recherchen von den Bibliotheken
noch gebunden
erworben, und es gab auch in Deutschland Buchhaendler die diese Dienstleistung
anboten.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Verlage, Fachinformationszentren und
Informatiker Projektgelder bekommen um etwas zukunftstraechtiges zu entwickeln.
Es ist noch erfreulicher, wenn dieses Geld dazu fuehrt, dass das deutsche
Bibliothekswesen weiterentwickelt wird. Dann sollte man aber die archivarische,
oekonomische und synoptische Funktion der Digitalen Bibliothek nicht verkennen,
und den internationalen Stand der Bibliothekswissenschaft.

Bemerkenswert ist der Satz: ?Die Idealvorstellung, dass eine Bibliothek
Campus-Lizenzen fuer alle relevanten Titel erwirbt ist vermutlich nicht
realisierbar??
Das Gegenteil ist richtig. Eine wissenschaftliche Bibliothek muss versuchen
Zugang zum gesamten Wissen der Welt zu schaffen, nur so ist Wissenschaft im
internationalen Wettbewerb ueberhaupt moeglich. Das heisst nicht, dass auch
alles gebraucht wird,
bzw. das nicht gebrauchte auch noch bezahlt werden muss. Entscheidend ist aber,
dass die Verlage erkennen muessen, dass nur ein Hundertstel dessen was sie
anbieten fuer die/den einzelne/n Wissenschaftler/in wirklich lesenswert ist.

Wenn ein/e Wissenschaftler/in auf ihrem/seinem Fachgebiet 10.000 Publikationen
pro Jahr
auf Relevanz ueberprueft und davon nur 100 wirklich liest,
dann wird klar, warum wir so dringend leistungsfaehige Bibliotheken brauchen.

Die Feststellung:  "Information hat heutzutage eine extrem kurze Halbwertszeit.?

suggeriert, dass die Halbwertszeit immer kuerzer wird, dafuer gibt es keinen
Hinweis.
Im Gegenteil, die Benutzung der Bibliotheken zeigt, dass diese Halbwertszeit
konstant ist.
Das Geruecht, dass sie sogar waechst, ist vermutlich ebenso falsch,
weil der SCI eine solche Annahme zwar nahe legt, diese aber ein Artefakt
darstellt.

Die Frage: ?Was waeren Sie als Erwerber Ihrer Bibliothek bereit, ... zu
bezahlen??
ist ebenso falsch gestellt, wie die vor 25 Jahren, was darf eine
online-Recherche kosten.
Nur weil einige Verlage ihr Monopol ausnutzen wollen, sind sie zu dieser Frage
noch lange nicht berechtigt. Aufgabe serioeser Verlage ist es das Wissen ihrer
Autoren moeglichst preiswert anzubieten. Wissenschaft ist keine
Unterhaltungsindustrie,
und wissenschaftliche Publikationen sind grundsaetzlich keine Ware wie jede
andere.
Sie haben die Aufgabe die Fehler die bisher publiziert worden sind durch
Falsifikation zu beseitigen.

Wir muessen uns damit abfinden, dass wir mit wachsendem Wissen unsere ebenso
wachsende
Unwissenheit erkennen. D.h. die Ware die man uns fuer moeglichst viel Geld
anbietet ist ausschliesslich
zur Falsifikation da. Auch darum ist die Digitale Bibliothek so unverzichtbar.

MfG

Umstaetter




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