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AW: DDC



Lieber Herr Kalok, liebe Kolleginnen und Kollegen,

> > Das die *amerikanisch-orientierte* DDC fuer Europa
> > gaenzlich ungeeignet ist, ist bei Experten schon lange bekannt.
> 
> mit "gaenzlich" ignorieren Sie natuerlich die 
> Naturwissenschaften und Technik. Im Detail ist sicher das 
> eine oder andere zu ergaenzen (Regionalschluessel, .....

Ich persoenlich glaube, dass der Teufel hier genau im
Detail steckt - und bezweifle, dass die Einfuehrung der DDC 
(wie auch die UDK) heutzutage dem Nutzer der Bibliothek viel bringt.
Die Zwangsbeglueckung des ohnehin schon indirekt durch genuegend
praxisferne Regelwerke gequaelten OPAC-Benutzers haette
nur zur Folge, dass viel Geld verschleudert und der
Zugang zur Information kaum verbessert wuerde. Ich glaub
einfach nicht, dass einem vernuenftigen Informationssucher
in einem OPAC tausende zusaetzliche Klassen mit kryptischen Schluesseln
Anhaengseln und sonstigem Geschnoerksel zuzumuten sind. Das
gilt uebrigens auch fuer den durchschnittlichen Bibliothekar
am Auskunftspult.

Ueberspitzt formuliert vermute ich, dass der Hauptzweck der
Universalklassifikationen zumindest bei uns der ist, Studenten
und Studentinnen in bibliothekarischen Fachhochschulen und
sonstigen Ausbildungsstaetten zu indoktrinieren und sozusagen
ueber die Hintertuer einen Schuss Wissenschaftlichkeit bzw.
Hohepriestertum reinzubringen. Natuerlich gibts fast nix Komplexes,
das nicht irgendeinen Vorteil haette, aber mir kommt der
vermeintliche Vorteil von Universalklassifikationen ein wenig
vor wie im Maerchen mit des Kaisers neuen Kleidern:
viel Gerede, hohe Kosten, Insider-Beweihraeucherung usw.
Der Benutzer (das ist - zur Erinnerung - der, der Buecher und
Zeitschriften
lesen will) sieht sie nicht, hat nichts davon usw.

Jeder, der taeglich mit Bibliotheksbesuchern
zu tun hat sieht, dass die angebotenen komplexen Moeglichkeiten,
in den OPACs zu suchen, kaum genutzt werden. Den
Bibliotheksbesuchern sollte vielmehr persoenlich geholfen
werden, bereits bestehende Moeglichkeiten besser
zu nutzen, sie sollten freundlich behandelt werden, man
sollte mit ihnen in einer Sprache reden, die jeder versteht.
Man sollte sich bemuehen, Bibliotheken so zu gestalten,
dass die wichtigsten Informationen auch ohne aufwaendige
Benutzerschulung erreichbar sind,
man sollte vor allem schaun, dass die Buecher und
Zeitschriften schnell in die Regale kommen, Wartezeiten verkuerzen,
die wichtigsten Datenbanken anbieten usw. - schlicht ein
Dienstleistungsbetrieb sein. Damit kann
man zwar keine wissenschaftliche Karriere machen oder
Expertisen mit tausend Zitaten fuellen, aber man
waere ein guter Bibliothekar oder eine gute Bibliothekarin.


Liebe Gruesse aus der TU Wien,

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Dr. Hans Hrusa
Leiter Benützung
Univ.Bibliothek der TU Wien
Tel: 01-58801-44065
Fax: 01-58801-44099
Mail: hans.hrusa _at__ tuwien.ac.at




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