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Re: Diplomarbeit "Sicherheit durch Medienmanagement"



Sehr geehrte Damen und Herren,

mit sehr großem Interesse verfolge ich Ihre Diskussionen im INETBIB. Ich bin
kein Insider, d.h. nach Zitat Guido Hölker "mitlesender Nicht-Bibliothekar".
Allerdings platzt mir bei der jetzigen Diskussion zum oben genannten Thema
regelrecht der Kragen.
Die Art und Weise, wie diese Diskussion teilweise geführt wird, ist meines
Erachtens schon pervers und grenzt an Hexenjagd im finstersten Mittelalter.
Letztendlich geht es hier um einen Menschen - das sollte niemand aus den Augen
verlieren. Stellen Sie sich mal vor, Ihre Kollegin, Frau Wegner, bekommt nun
den ganzen Tag die neuesten Beiträge aus dem INETBIB und liest die sogar
teilweise unter die Gürtellinie gehenden Beiträge und Verwünschungen in ihre
Richtung. Meinen Sie, dass das einen jungen Menschen ermutigt? Nein, mir und
sicher auch Ihnen würden die Tränen in den Augen stehen, die Gedanken würden
sich nur noch um diese Thematik drehen und von ruhigem Schlaf könnte auch
keine Rede sein. Sie sind mit dieser Diskussion und der Richtung, in die diese
abgedriftet ist, gerade dabei, ein Urteil über einen Menschen zu fällen, den
sie zum einen nicht kennen und den zum anderen die Auswirkungen dieses Urteils
womöglich sogar ein ganzes Leben begleiten werden - ich möchte nicht
namentlich einige Teilnehmer nennen, die direkt oder indirekt dazu auffordern,
Frau Wegner ihren Berufsweg zu verbauen. Ist das wirklich Zielstellung und
Philosophie des INETBIB? Wenn ja, wäre mein Vorschlag MOBBINGBIB.
Über dieses Angebot, welches Frau Wegner - sicher auch in jugendlicher
Euphorie über die sehr gute Benotung - im INETBIB veröffentlicht hat, mag
vielleicht zu diskutieren sein. Ist diese Offerte ein Fehler oder nicht?
Allerdings, gebe ich zu bedenken, dass man gerade auch jungen Leuten
zugestehen sollte, Fehler zu machen. Über diese kann man auch diskutieren -
aber bitte in fairer Art. Vergessen Sie, liebe Teilnehmer, dabei auch nicht,
dass Sie auch ein Mensch sind, auch mal jung waren und sicher auch schon viele
Fehler gemacht haben!
Aber vielleicht hat Frau Wegner auch etwas ganz anderes mit ihrem Angebot
bezweckt. Es kann ja sein, dass sie mit dem Gedanken spielt, sich
selbstständig zu machen und daher einen sogenannten "Versuchsballon" steigen
ließ, um anzutesten, was ihre Leistung wert ist und ob sich für diese
überhaupt ein Markt darstellt. Was spricht denn dagegen, die Ergebnisse der
Diplomarbeit zu verwerten und den maximalen Nutzen daraus zu ziehen? Die
Gewinnmaximierung stellt letztendlich das grundlegende Ziel jeglicher
Unternehmungen in der freien Marktwirtschaft dar. Über die Steuern dieser
Firmen, Unternehmungen sowie ihrer Angestellten wird letztendlich auch ein
Großteil der Bibliotheken und ihrer Angestellten in Deutschland finanziert.
Was ist denn daran bitte so "moralisch verwerflich", dass für eine
offensichtlich sehr gute angebotene Leistung - was ich angesichts der Benotung
von 1,6 stark annehme - auch eine geldwerte Gegenleistung erwartet wird? Es
sollte meines Erachtens niemand ein schlechtes Gewissen haben dürfen, für eine
Leistung auch eine Rechnung zu stellen. Aber ich spinne den Gedanken mit der
Selbstständigkeit mal weiter. Frau Wegner hat ja laut eigener Aussage auch
eine sehr große Resonanz und Anfragen bezüglich ihrer Diplomarbeit gehabt. Aus
diesen Reaktionen ermutigt und mit dem sich in der Erarbeitung der
Diplomarbeit angeeigneten hohen Know-how macht Frau Wegner sich nun
selbstständig als "Sicherheitsberaterin mit Schwerpunkt Medienmanagement in
Bibliotheken". Angesichts der stetigen Zunahme wirtschaftlicher Strukturen,
d.h. Controlling und Kostenmanagement spielen in allen Bereichen - auch
Bibliotheken - eine immer gewichtigere Rolle, wird auch die effektive
Sicherung von Medienbeständen ein wichtiges Kriterium in den Augen von
Kostenrechnern und Entscheidungsträgern sein. Es stellt sich also ein
attraktiver Markt mit Zukunftspotential für Frau Wegner dar. Sicher wird sie
hier auch nicht umsonst ihre Leistung anbieten. Im Gegenteil - soweit ich es
zu beurteilen vermag, wird sie womöglich sogar Preise bestimmen und diktieren
können. Auf diese Art hat sie auch wieder ihre Diplomarbeit verwertet und
direkt zu Geld gemacht. Allerdings wird dann sicher mit anderen Summen als 20
Euro hantiert. Soll sie vielleicht auch dafür noch an den Pranger gestellt
werden?
Was ich damit sagen will, ist dass diejenigen, die hier als große Moralapostel
auftreten, in sich gehen und mit sich erstmal ins Reine kommen sollten. Diese
sich aufspielenden Moralapostel sind in meinen Augen unglaubwürdig und
vielleicht sogar etwas neidisch auf Frau Wegner. Hier wurde und wird mit einer
Scheinheiligkeit und Arroganz auf einen Menschen eingeprügelt und geurteilt,
der am Anfang seines beruflichen Lebensweges steht. Ist es da gerechtfertigt,
diesen im Namen der "Moral" und des "Guten Anstands" die Füße wegzuziehen?
Ich empfehle Frau Wegner, sich ernsthaft Gedanken zu machen, ob nicht die
Selbstständigkeit sogar eine lukrative Alternative zur Anstellung ist. Die
Thematik ihrer Diplomarbeit hat genug Potential. Wirtschaftliches Handeln und
Denken liegen ihr sehr nahe. Das sind zwei Eigenschaften, die sich auch jeder
Vorgesetzte von seinen Mitarbeitern wünscht. Ich wäre als Kompetenz- oder
Entscheidungsträger in einer Bibliothek sehr stolz, Frau Wegner als
Mitarbeiterin haben zu dürfen. Aus diesem Grunde werde ich sie auch bei der
Stellensuche unterstützen, falls sie sich nicht doch selbstständig macht. Es
wäre auch von Ihnen eine menschliche Geste, der jungen Diplomandin unter die
Arme zu greifen, statt auf sie einzuprügeln, und ihr einen guten Start ins
Berufsleben zu ermöglichen.

Besten Dank

Sven Beyer
Nicht-Bibliothekar und Diplomkaufmann


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.