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Re: Zeitschriftenkrise



W. Umstaetter schrieb:
Liebe Listenteilnehmer/innen,


Ich glaube nicht, dass die Eigentumsrechte in Bibliotheken nicht definiert sind, wie Dr. Brintzinger meint. Im Gegenteil, weil die letzten Jahrzehnte immer stärker dazu führten, dass die Verlage nur noch Nutzungsrechte vergaben, wird die Situation immer brisanter. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Wissenschaftler selbst solche Nutzungsrechte bezahlen. (...)



Dies ist ein Missverständnis: Ich hatte nicht über Nutzungsrechte an Texten, sondern über Rechte an Budgets geschrieben. Für nicht-kontigentierte zentrale Bibliotheksbudgets sind keine Eigentumsrechte definiert. Daher besteht für keine Gruppe (= Fach, Fakultät, Institut) ein Anreiz für Einsparungen und es besteht auch kaum ein Anreiz für OA u.ä. Initiativen. Vielmehr ist es durchaus rational, dass jede Gruppe sich ein möglichst großes Stück vom Gratis-Kuchen der UB abschneidet.
Auch Kontigentierungen lösen dieses Problem nur unvollständig, da auch dann ein Anreiz für Einsparungen fehlt. Nur wenn die Finanzmittel für Forschungs-Zeitschriften den wissenschaftlichen Einheiten zugeordnet würden und damit auch für andere wissenschaftliche Anschaffungen zur Verfügung stünden, wäre es den betroffenen Wissenschaftlern klar, dass es *ihr* Geld ist, das durch die Hochpreispolitik ihrer eigenen Journals verpulvert wird.
Solange dies nicht der Fall ist, werden die Etats der wissenschaftlichen Einrichtungen (häufig noch Drittmittel-verstärkt) geschont werden und die zentralen Etats der Universitäten bzw. UBs geplündert. Dies ist das klassische Allmendeproblem, das noch verstärkt wird, wenn Konsortien durch zentrale Landesmittel gespeist werden, weil dabei auch der letzte Anreiz auf Einsparung verloren geht und hohe Preise helfen tendenziell dem jeweiligen Fach, einen möglichst großen Anteil am Kuchen zu sichern, ohne dass dafür entsprechende Lasten in Kauf genommen werden müssten.


Das ist das zentrale Problem der Nationalökonomie (Volkswirtschaft) des Geistes.

Es ist in jedem Fall ein zentrales Problem der Volkswirtschaftslehre, das die Verleger vom Typus eines "Moneymaker" offensichtlich besser durchschaut haben als wir.


Schönen Abend

Klaus-Rainer Brintzinger

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Dr. Klaus-Rainer Brintzinger
Universitaet Tuebingen, Juristisches Seminar
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