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Re: [InetBib] unser neues Regelwerk RDA



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zur Ergaenzung der Mail von Frau Payer hier meine Eindruecke zum Entwurf von RDA, Teil 1 (Resource Description): <http://www.collectionscanada.ca/jsc/rdadraftpt1.html> Teil 2 (Relationships) und 3 (Access Point Control) stehen noch aus, und damit auch der Bereich Ansetzungen und Eintragungen.

Ohne Zweifel bringt RDA im Vergleich zu AACR2 deutliche Fortschritte: Die klaren Definitionen sind erfreulich, die neue Struktur ist schluessig. Positiv aufgefallen ist mir auch der Einbezug von Archivalien und die Trennung von Datenhaltung und Datenpraesentation.

Vom geaenderten Namen sollten wir uns aber nicht blenden lassen: Da die Kompatibilitaet zum Bestehenden und die Vermeidung von Katalogbruechen in der AACR-Welt ein hohes Gut darstellt (vgl. <http://www.collectionscanada.ca/jsc/rdafaq.html>, FAQ 6.1), sind die Aenderungen keinesfalls so drastisch, wie man sie nach den Ankuendigungen haette erwarten koennen. Bei der bibliographischen Beschreibung sind sie primaer struktureller Natur (z. B. werden die Sondermaterialien nicht mehr in einzelnen Kapiteln, sondern bei den allgemeinen Regeln mitbehandelt); Wortlaut und Beispiele der einzelnen Regeln sind sehr oft wortwoertlich aus AACR2 uebernommen.

Zwei Aspekte moechte ich kritisch hervorheben:

1. Katalogisierungsaufwand:

Das Ziel einer schlankeren und wirtschaftlicheren Katalogisierung laesst sich mit den RDA wohl kaum verwirklichen. Die Beschreibungsregeln scheinen mir im Vergleich zu den RAK (und auch im Vergleich zu AACR2) eher noch aufwaendiger geworden zu sein. Einige Beispiele: Bei Nebentiteln ist die Quelle anzugeben, z. B. "Title on container: ..." (2.3.4.3). Bei einer falschen ISBN ist anzugeben, ob sie "incorrect", "cancelled" oder "invalid" ist (2.12.1.3), ohne dass dies uebrigens naeher erklaert wird (hier und an vielen anderen Stellen braeuchte man zusaetzliche Ausfuehrungsbestimmungen). Bei Bedarf soll auch der Inhalt naeher charakterisiert werden (4.3.0.3: "Make a note describing the nature and/or the scope of the content of the resource unless that information is given elsewhere in the description"), und als "contact information" (5.3.0.1) ist beispielsweise die volle Adresse des Verlags zu liefern (so etwas waere m.E. nur über eine Normdatei fuer Produzenten zu leisten).

2. Anpassung an die Online-Welt:

Ich vermisse eine konsequente Beruecksichtigung der heutigen Recherchemoeglichkeiten (im OPAC ist praktisch jeder Teil der Beschreibung auch suchbar) und ganz generell ein Denken in Datenstrukturen. Beispiele: Abkuerzungen sind u.a. in der Ausgabebezeichnung obligatorisch vorgeschrieben, z.B. "rev. ed." (1.6.7); zeitgemaess waere für mich eine Doppel-Indexierung auch mit der aufgeloesten Form. Bei unaussagekraeftigem Titel soll man Begriffe wie "[selections]" oder "[proceedings]" ergaenzen (2.3.3.4). Es bleibt offen, ob hier eine normierte Liste zugrunde gelegt werden soll (das waere dann wieder etwas fuer die Ausfuehrungsbestimmungen...) oder ob die Formulierung im Belieben des Katalogisierers steht. Im Abschnitt zur "Multilevel description" (D.1.4.2) steht genau wie frueher, dass man unterschiedliche Ebenen durch Mittel wie das Layout deutlich machen soll - ich haette mir hier zumindest einen Hinweis auf moegliche Datensatz-Verknuepfungen erwartet. Immerhin sollen OPAC-Guidelines ins Regelwerk integriert werden (der Entwurf fehlt leider noch). Indexierungsregeln, die mindestens ebenso wichtig waeren, sind hingegen nicht vorgesehen.

Sicher wird manches im Verlauf der weiteren Diskussion noch nachgebessert werden. Aber dass RDA für das deutsche Bibliothekswesen die beste Loesung ist (oder es einmal sein wird), scheint mir im Moment doch eher zweifelhaft.

Mit freundlichen Gruessen
Heidrun Wiesenmueller
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Heidrun Wiesenmueller M.A.
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